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Der Yogi, der sich über den Kursrutsch freut

Mark Spitznagel, Manager des Hedge Fund Universa Investments.

Untergangspropheten warten oft lange auf ihre Bestätigung. Für Mark Spitznagel gab es vorletzte Woche zumindest ein Trostpflaster für die Warterei auf den Kollaps. Dank Wetten auf sinkende Kurse gewann Spitznagels Hedge Fund Universa Investments an einem einzigen Tag über 20%, etwa 1 Mrd. $. Die Börse erholte sich zwar schnell, aber Spitznagel wird nicht müde, vor dem kommenden Crash zu warnen. Grund sei die lockere Geldpolitik der Notenbanken, die den Markt verzerrten. «Zentralbanken sind die Wurzel allen Übels am Markt», erklärt er in einem Zeitungsinterview.

Der 44-Jährige hatte bereits früher Erfolg. Er hatte den Wert seines Fonds während der Finanzkrise 2008 verdoppelt. Anleger müssen Spitznagels Untergangsszenarien nicht unbedingt teilen. Er selbst empfiehlt seinen Fonds auch eher als Absicherung für bestehende Portfolios, die sich damit vor Extremrisiken schützen lassen. Anleger, die ihre Verluste begrenzen wollen, können dank Spitznagels Versicherung riskanter investieren und erzielen dann gesamthaft eine bessere Rendite.

Die Bedeutung von Extremrisiken hat Spitznagel in seiner Zusammenarbeit mit dem Risikoguru Nassim Taleb erkannt. Taleb hat den Begriff «schwarzer Schwan» für völlig unerwartete Ereignisse am Finanzmarkt geprägt. Nach Talebs Lehre kommen Extremereignisse an den Märkten viel öfter vor, als die Standardtheorie es erwartet. Taleb und Spitznagel gründeten den Hedge Fund Empirica – auch er bot eine Art Versicherung für Anleger an, bis er 2004 aufgelöst wurde. Taleb ist noch Berater von Spitznagels 2007 eröffnetem Fonds.

Seine Karriere begann der aus Michigan stammende Spitznagel im Handel von US-Staatsanleihen auf dem Börsenparkett in Chicago. Danach handelte er nach mathematischen Modellen im Eigenhandel von Morgan Stanley.

Wie Taleb, der sich nur noch als Autor und Wissenschaftler sieht, will Spitznagel nicht einfach nur Investor sein. 2013 ist sein Buch «The Dao of Capital» erschienen, in dem er die chinesische Weisheitslehre des Taoismus mit der Österreichischen Schule der Nationalökonomie verbindet. Die Vertreter dieser libertären, also extrem individualistischen Schule wie Friedrich Hayek oder Ludwig von Mises sahen Interventionen des Staates zur wirtschaftspolitischen Stabilisierung kritisch. Der Jahrtausende alte Taoismus lehrt Ähnliches: Herrscher sollen ihre Macht nicht überreizen und der natürlichen Ordnung nicht entgegenstehen. «Taoisten waren die ersten Libertäre», meint Spitznagel.

Wie die Taoisten empfiehlt Spitznagel, nicht den schnellen und direkten Erfolg zu suchen. «Der Erfolg kommt nicht von einer entscheidenden Schlacht», schreibt er in seinem Buch.  Er nennt seinen Ansatz «Roundabout Investing», Anlegen auf Umwegen. «Der indirekte Weg dauert länger, führt aber zu einem strategischen Vorteil», schreibt er. So müssten kurzfristige Verluste geduldig akzeptiert werden, die langfristig aber zu grösserem Erfolg führten. Schon während seiner Zeit an der Chicagoer Börse reagierte er gelassen auf Einbussen: «Selbst wenn ich Verluste einfuhr, ging ich glücklich nach Hause, da ich so gehandelt habe, wie ich wollte», erklärte er.

Um diese langfristige Perspektive zu erreichen, hat der Gandhi-Anhänger Spitznagel einen eigentümlichen Rat für Anleger: «Übt Yoga.» Er selbst hält sich möglichst weit entfernt vom Zentrum des Finanzkapitalismus, von der Wallstreet, auf. Sein Fonds ist in Miami registriert. In seiner Freizeit bewirtschaftet der Investor im Bundesstaat Michigan eine eigene Farm, die schon für ihren Ziegenkäse ausgezeichnet wurde.

Nun will Spitznagel seine Ansichten auch in die Politik einbringen. Er unterstützt als Wirtschaftsberater den libertären Senator Rand Paul, der für die Republikaner der nächste US-Präsident werden will.  Von Spitznagels Untergangsgesängen mag man halten, was man will; solange er als Investor Erfolge wie vergangene Woche einfährt, wird seine Reputation auf der politischen Bühne Auftrieb haben.