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Bis auf den letzten Drücker

Es war eine Niederlage mit Ansage gewesen. Zwar weniger deutlich als beim ersten Anlauf, den Brexit-Deal vom Parlament absegnen zu lassen, aber noch immer fehlt selbst in der eigenen Partei die Rückendeckung, um den Austrittsprozess erfolgreich zu beenden.

Statt endlich den Erfolg zu feiern, auf den sie seit über zwei Jahren hingearbeitet hat, steht Theresa May am Dienstagabend stark gezeichnet an ihrem Platz im House of Commons. Die vergangenen Tage waren äusserst anstrengend, in einem letzten Kraftakt hatte sie am Montag versucht, ihren Gegnern im Parlament mit zusätzlichen Zusicherungen der EU zugunsten ihres Deals entgegenzukommen. Bis auf den letzten Drücker. Am Schluss versagte gar beinahe ihre Stimme.

Sechzehn Tage fehlen am heutigen Mittwoch noch, bis das Vereinigte Königreich offiziell aus der EU austritt. Das ist ein ziemlich später Zeitpunkt, um in der Brexit-Diskussion wieder auf Feld eins zurückzufallen. Und noch schlimmer: May hat mit der jüngsten Schlappe auch ihre Kontrolle über den weiteren Brexit-Verlauf verloren. Übernommen wird diese nun vom Parlament, das heute und morgen wichtige Weichen stellen wird.

Während es für die Abstimmung am Mittwoch im Unterhaus ausgemachte Sache ist, dass sich die Mehrheit gegen einen chaotischen, harten Brexit ausspricht, sind die Prognosen für Donnerstag bereits etwas vager. Zwar wird angenommen, dass das Parlament eine Verlängerung der Brexit-Frist anstrebt. Doch in solch unsicheren Zeiten ist selbst eine solche Voraussage ungewiss.

Zu Recht ist eine solche Verzögerungstaktik kein Selbstläufer. Was nützt es, die Frist weiter in die Länge zu ziehen, wenn kein Plan vorherrscht, wie ein Deal mit der EU aussehen soll? Prophylaktisch hat die EU bereits vorausgeschickt, dass eine Verlängerung nur in Frage komme, wenn die Briten klare Vorstellungen hätten, was sie in dieser Zeit erreichen wollten.

Erschwerend kommt hinzu, dass im Mai die nächsten Wahlen für das Europäische Parlament stattfinden. Es herrschen grosse Zweifel, dass Grossbritannien die Zustimmung aller 27 verbleibenden EU-Mitgliedstaaten für eine Verlängerung über diesen Zeitpunkt hinaus erhält.

Klar ist heute nur, dass diese Woche durchaus noch Potenzial für Überraschungen bietet. Was, wenn das Parlament sowohl heute wie morgen sowohl einen harten Brexit als auch eine Verlängerung ablehnt? Damit wäre das Land am 29. März aus der EU ausgeschieden.

Noch geistern Gedankenspiele herum, wie man selbst in einem solchen Szenario ein Brexit-Chaos verhindern könnte. So ist in Regierungskreisen vorstellbar, noch ein drittes Mal über den May-Deal abstimmen zu lassen. Oder aber man lässt das Parlament über verschiedene Brexit-Varianten befinden, um herauszufinden, auf welche Weise sich eine Mehrheit finden liesse.

Pragmatischer zeigt sich in dieser Misere die EU selbst. In einer ersten Reaktion auf die jüngsten Ergebnisse hat sie angekündigt, sich noch gezielter auf einen No-Deal-Brexit vorzubereiten. Es würde nicht mehr überraschen, wenn sich dies zumindest in Ansätzen auszahlen würde.