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Das bringt der Brexit

Sind die britischen Behörden bereit? Ein Grenzkontrolleur überwacht den Verkehr am Eurotunnel zwischen Frankreich und England.

Am 29. März um Mitternacht verlässt das Vereinigte Königreich die EU. Ob sich das Land und die EU bis dahin auf einen Deal geeinigt haben, ist ungewiss. Für Schweizer Unternehmen hat das Datum dennoch an Schrecken verloren. Der Grund ist, dass die Schweiz vor zwei Wochen ein Handelsabkommen mit dem Königreich abgeschlossen hat. Da das Abkommen die heutigen Regeln fortschreibt, dürfte der direkte Handel zwischen der Schweiz und Grossbritannien kaum beeinträchtigt werden, wie Mathias Bopp, Steuerspezialist von KPMG Schweiz, sagt.

Dennoch würde ein harter Brexit, also einer ohne Abkommen, viele Schweizer Unternehmen treffen: etwa jene, die in Grossbritannien produzieren und Güter in die EU exportieren – oder solche, die Vorprodukte für britische Werke aus Europa beziehen. «Einigen sich Grossbritannien und die EU nicht auf einen Deal, würden auf diesen Handelsströmen wieder Zölle anfallen», sagt Bopp. Offen sei zudem, wie schnell die britischen Behörden diese Zollabwicklung – eine für sie neue Aufgabe – vornehmen könnten. Etliche Unternehmen befürchten lange Verzögerungen und folglich Lieferengpässe.

Vorräte aufbauen

Viele Schweizer Unternehmen, die im Königreich produzieren, bauen deshalb ihre Lager auf der Insel aus. Zu ihnen zählt Nestlé. CEO Mark Schneider sagte an der Bilanzmedienkonferenz, der Aufbau von Vorräten sei ein Weg, mit der Unsicherheit umzugehen. Auch der Heizkörperhersteller Zehnder baut lokale Lager auf. Dennoch rechnet das Unternehmen mit Lieferproblemen in Grossbritannien, sollte es zu einem harten Brexit kommen. «Wir können nur für Standardprodukte Lager aufbauen», so Finanzchef René Grieder.

Die Lagerbestände erhöht hat auch Autoneum. Beim Autozulieferer dürften sich die Auswirkungen eines harten Brexit aber in Grenzen halten: Laut einer Sprecherin produziert das Unternehmen in England überwiegend für die britische und japanische Automobilindustrie. Zudem würden nur in «geringem Umfang» Materialien und Komponenten aus EU-Ländern nach Grossbritannien importiert.

Ein harter Brexit würde auch Givaudan und Emmi treffen: Givaudan produziert in Grossbritannien Riechstoffe und führt hierzu Rohmaterialien aus der EU ein, was erschwert würde. Emmi hat keine Produktion im Königreich, vertreibt dort aber neben Produkten aus der Schweiz wie Caffè Latte auch die in Deutschland hergestellten Onken-Joghurts.

Vorbereitungen trifft auch der Industriekonzern Bucher, der in Grossbritannien Grosskehrfahrzeuge herstellt – Strassenreinigungsfahrzeuge in Lastwagengrösse. Um Engpässe zu vermeiden, hat Bucher das Lager vergrössert. Zudem, so teilt eine Sprecherin mit, sei der Kapazitätsausbau in Lettland hilfreich. Dadurch wäre es möglich, die Produktion der Maschinen kurzfristig nach Kontinentaleuropa zu verlagern. Bucher sieht allerdings sogar bei einem harten Brexit positive Aspekte: Der britische Standort exportiere mehr, als er importiere. Er würde also von einem schwächeren Pfund profitieren, heisst es.

Bucher ist nicht das einzige Unternehmen, das auch Positives sieht. Schon heute profitieren Logistikunternehmen von der Aufstockung der Vorräte beidseits des Ärmelkanals. Das erhöhe die Nachfrage nach Lagerhaltung, heisst es bei Kühne + Nagel.

Dufry sieht den Brexit neutral bis positiv. Für den Betreiber von Zollfreiläden steigt dadurch die Marge. Ein Kunde, der in London eine Flasche Schnaps kauft, und dann nach Paris fliegt, gilt heute als Inlandpassagier. Dufry muss für ihn die Mehrwertsteuer übernehmen. Künftig wird er ein Auslandspassagier sein, für den das Unternehmen diese Abgabe nicht leisten muss. SGS könnte ebenso profitieren: Dies deshalb, weil die Nachfrage nach Warentest-, Inspektions- und Zertifizierungsdienstleistungen steigen könnte, wenn die britischen Regulierungen von jenen in der EU abweichen.

Stabile Pharmaexporte

Gemäss den UBS-Ökonomen Alessandro Bee und Stefan Meyer hätte ein harter Brexit aber nicht nur direkte Effekte auf die Schweizer Wirtschaft. Auch eine geringere Nachfrage aus Grossbritannien, sollte die britische Wirtschaft in eine Rezession fallen, würde Schweizer Unternehmen treffen. Von Vorteil ist diesbezüglich, dass ein grosser Teil der von der Schweiz ins Königreich exportierten Güter Pharmaprodukte sind. Die Nachfrage nach ihnen reagiert kaum auf konjunkturelle Einbrüche oder Wechselkursschwankungen.

Entsprechend teilt Novartis mit, dass «keine wesentlichen Auswirkungen auf die kurzfristige Geschäftsentwicklung» erwartet würden. Dennoch treffen sowohl Novartis als auch Roche Vorbereitungen und stocken ihre Lager auf. Beide Konzerne halten fest, es gehe darum, Verzögerungen an der Grenze vorzubeugen, damit die Patienten auch bei einem harten Brexit ihre Medikamente erhielten.

Wegen der stabilen Nachfrage nach Pharmaprodukten, und weil die Schweiz schon ein Handelsabkommen mit dem Königreich abgeschlossen hat, rechnen die UBS-Ökonomen mit «moderaten» Effekten eines harten Brexit auf die Schweizer Wirtschaft. Für gefährlich halten sie ihn aber deswegen, weil er das Wirtschaftsvertrauen in der Schweiz und in der Eurozone schmälere. Die Stimmung sei bereits angeschlagen. Ein harter Brexit könnte zu einer starken Abkühlung führen, die auch die Schweiz treffen würde.

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