Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Was nicht sein darf

Schon zum zweiten Mal im laufenden Jahr warnt die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) vor absehbaren Engpässen in der Versorgung mit Strom im Winterhalbjahr. Die ElCom weiss, wovon sie spricht: Sie ist die unabhängige staatliche Regulierungsbehörde im Elektrizitätsbereich. Sie überwacht unter anderem die Stromversorgungssicherheit.

Am ElCom-Forum vom Donnerstag hielt Energieministerin Doris Leuthard dagegen in naiver Sorglosigkeit fest: Nein, nein, die Versorgungssicherheit sei nicht gefährdet, Studien zeigten, dass sie bis mindestens 2025 gesichert sei. Nur: Die Studien, auf die sie sich bezieht, sind von ihrem Bundesamt für Energie gleichsam «pro domo» erarbeitet worden. Sie blenden besonders aus, dass die Verfügbarkeit von Stromimporten schon bald gefährdet sein könnte.

Da ist es mehr als verständlich, wenn sich Carlo Schmid-Sutter, Präsident der ElCom, leicht frustriert darüber beklagt, dass die Warnungen nicht zu Kenntnis genommen würden. Diese Warnungen haben einen sehr realen Hintergrund: Zunächst ist erneut daran zu erinnern, dass die Schweiz 2016/17 über das ganze Jahr gesehen netto Strom importieren musste.

Die Mengen sind vor allem im Winterhalbjahr gross, Tendenz wachsend: Der Stromverbrauch steigt, und in einem Jahr wird das Kernkraftwerk Mühleberg vom Netz gehen. Die Stromimporte der Schweiz stammen im Wesentlichen aus französischen Kern- und aus deutschen Kohlekraftwerken. Die ElCom warnt, dass die Exportbereitschaft der Nachbarstaaten rasch sinken könnte.

In der Tat: Deutschland nimmt 2022 die letzten Kernkraftwerke vom Netz. Gleichzeitig werden Kohlekraftwerke stillgelegt. Das sind keine Hirngespinste: Der deutsche Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hat in der Studie «Verfügbarkeit ausländischer Kraftwerkskapazitäten für die Versorgung in Deutschland» ausgelotet, von wo Strom importiert werden könnte. Frankreich will 2020 das Kernkraftwerk Fessenheim stilllegen (das auch die Schweiz beliefert), und es will ebenfalls Kohlekraftwerke vom Netz nehmen.

Sehr bald also dürfte die Lieferbereitschaft von Frankreich und Deutschland rasant abnehmen. Darauf weist seit längerer Zeit auch das Carnot-Cournot-Netzwerk hin, ein liberaler Think Tank von Ökonomen, Ingenieuren und Naturwissenschaftlern. Auch sie warnen eindringlich vor Versorgungsengpässen.

Energieministerin Leuthard weigert sich, diese offensichtlichen Fakten zur Kenntnis zu nehmen. Kein Wunder: Sie stellen die Energiestrategie 2050 in Frage – was nicht sein darf, ist nicht. Daran dürfte sich im letzten Monat von Leuthards Amtszeit nichts mehr ändern. Ihre Nachfolgerin oder ihr Nachfolger wird das Problem sofort an die Hand nehmen müssen.

Die ElCom präzisiert ihre Forderung nach genügend eigenen Winterkapazitäten nicht. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben der Energiestrategie 2050 können sie jedoch nur über Gaskraftwerke im Inland bereitgestellt werden. Damit würde gleichzeitig die Totalrevision des CO2-Gesetzes obsolet, seine ehrgeizigen Ziele könnten mit einem oder zwei Gaskraftwerken definitiv nicht erreicht werden. Der Nationalrat befasst sich in der kommenden Woche damit. Auch dieses Gesetz stammt aus dem Hause Leuthard. Sieht so seriöse Politik aus?