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«Schweizer Firmen immer noch sehr gut aufgestellt»

Patrick Hasenböhler setzt auf Bluechips-Werte wie Nestlé, Novartis und Roche.

Herr Hasenböhler, wie haben Sie am Donnerstag reagiert, als die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Aufhebung der Wechselkursuntergrenze zum Euro bekannt gab? - Wie wahrscheinlich fast alle – zuerst mit ungläubigem Staunen. Die negativen Aktienkursbewegungen aufgrund des veränderten Franken-Euro-Wechselkurses waren dann ziemlich einfach vorauszusehen und dies hat uns nicht mehr überrascht. Jedoch bleibt es weiterhin unklar, wo sich der Wechselkurs einpendeln wird.

Was haben Sie Kunden gesagt, die nach dem SNB-Entscheid anriefen, und um Rat fragten? - In einer ersten Reaktion haben wir realisiert, dass die Kursreaktion der Aktien am ersten Tag in vielen Fällen zu wenig deutlich ausgefallen war, sollte sich der Euro-Franken-Wechselkurs tatsächlich rund um die Parität einpendeln. Deutlich am meisten verloren die Schweizer Anleger am ersten Tag nicht mit Schweizer Aktien, sondern wegen des Wechselkurseffekts mit im Ausland gehandelten Aktien. Diese waren bei unveränderten Aktienkursen auf einen Schlag über 15% weniger wert. Bei den Schweizer Aktien wurde anfangs zu wenig differenziert gehandelt, vor allem was die Small- und Mid-Cap-Werte betraf. Aber eben, es war und ist auch heute nicht vorauszusehen, ob sich die Wechselkurse doch nicht kurz- oder mittelfristig zumindest teilweise wieder erholen.

Welche Auswirkungen hat der SNB-Entscheid auf die Schweizer Unternehmen? - Die Gewinne der meisten Gesellschaften dürften wegen des stärkeren Frankens 2015 tiefer als bisher angenommen ausfallen. Der im Ausland erzielte Gewinn in Fremdwährung fällt umgerechnet in Franken tiefer aus – das ist der sogenannte Translationseffekt. Stärker betroffen sind  Unternehmen, die einen im Vergleich zum Umsatz überproportionalen Kostenblock in der Schweiz haben. Für sie fällt zusätzlich ein negativer Transaktionseffekt an. - Nicht ausser Acht gelassen werden darf auch die Bilanz. Die Währungsstruktur der Finanzanlagen bzw. -schulden haben ebenfalls einen Einfluss auf das Ergebnis. Verfügt ein Unternehmen vor allem über Finanzschulden in Fremdwährungen, profitierte es in dieser Hinsicht von der Aufwertung des Frankens, da sich die Schulden verringern. Bei den Finanzanlagen ist der Effekt umgekehrt.

Welche Unternehmen sind am stärksten betroffen?

Ebenfalls überdurchschnittlich tangiert sind Gesellschaften, deren Schweizer Umsatz durch verstärkten Importdruck beeinträchtigt wird. Ein Beispiel dafür ist Emmi. Für einen internationalen Milchkonzern wie Danone ist der Import in den Schweizer Markt durch die Frankenaufwertung nochmals attraktiver geworden. - Aryzta ist eines der Unternehmen, das eine im Vergleich zum in der Schweiz erzielten Umsatz deutlich überproportionale Verschuldung in Franken aufweist.

Gibt es unter den Schweizer Unternehmen auch Profiteure des SNB-Entscheids? - Es ist schwierig, Nutzniesser zu eruieren. Immobiliengesellschaften wie PSP oder SPS, die ausschliesslich in der Schweiz aktiv sind, müssten durch den SNB-Entscheid vom wohl nochmals länger andauernden Tiefzinsumfeld profitieren. Allerdings könnte durch eine konjunkturelle Delle ausgelöst durch den starken Franken auch die Nachfrage nach Geschäftsliegenschaften abnehmen, was wiederum auf die Bewertung der Immobilien drücken würde. - Das nur in der Schweiz tätige Konsumkreditinstitut Cembra Money Bank vergibt seine Kredite in Franken. Die dank dem Tiefzinsumfeld tieferen Finanzierungskosten dürften nur beschränkt an die Kunden weitergereicht werden. - Andere fast ausschliesslich im Inland tätige Gesellschaften wie etwa die Medienunternehmen Tamedia oder APG sind nur auf den ersten Blick nicht betroffen. Angesichts der entstandenen Planungsunsicherheit für die Schweizer Wirtschaft dürften die beiden Medienunternehmen mit zurückhaltenden Werbeausgaben konfrontiert sein. - Nutzniesser müssten Unternehmen sein, die ihre Rohmaterialien oder Waren im Ausland einkaufen und das Endprodukt in der Schweiz absetzen. Ein Beispiel dafür ist der Modeeinzelhändler Charles Vögele. Weil aber die gesamte in der Schweiz tätige Konkurrenz auch davon profitiert, wird der positive Effekt sehr limitiert sein.

Wie stark kommen die Gewinne der Unternehmen unter Druck?

Etwas Linderung verschafft der Umstand, dass der Dollar-Franken-Wechselkurs vor dem SNB-Entscheid über die vergangenen zwölf Monate rund 13% an Wert zugelegt hat. - Diese Aufwertung war noch nicht in allen Gewinnschätzungen berücksichtigt. - Eine Rechnungslegungswährung in Euro oder Dollar für an der Schweizer Börse kotierte Unternehmen hilft zwar dem optischen Gewinnausweis. Letztlich müssen die Gewinne doch in Schweizer Franken umgerechnet werden, um sie ins Verhältnis mit den in Franken gehandelten Aktienkursen zu setzen. Kurzfristig wird die Frankenaufwertung für die Unternehmen schmerzhaft sein, vor allem da sie diesmal abrupt erfolgte. - Es sei aber in Erinnerung gerufen, dass die Schweizer Konzerne trotz oder auch dank des langfristig anhaltend starken Frankens global sehr kompetitiv aufgestellt sind. Ein starker Franken hilft etwa in der Akquisition von ausländischen Unternehmen.

Ist mit Dividendenkürzungen zu rechnen? - Diverse Unternehmen dürften angesichts der getrübten Gewinnaussichten vorsichtiger sein in der Festlegung der Dividendenhöhe für das Geschäftsjahr 2014 als ursprünglich geplant. Dies umso mehr als die Dividendenrenditen mit den tieferen Kursen zugenommen haben. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass Unternehmen allein aufgrund der neuen Wechselkursgegebenheiten die Dividende 2014 tiefer als die vorangehende Dividende ansetzen werden. Eine Dividendenkürzung sendet auch immer ein negatives Signal an die Anleger aus, das die Unternehmen wenn möglich vermeiden wollen.

Die meisten Aktien von Schweizer Unternehmen haben auf dem SNB-Entscheid mit kräftigen Kurseinbussen reagiert. Geht es noch weiter nach unten, oder ist bald wieder mit einer Erholung zu rechnen? - Die Aktienkurse reflektieren die Aufwertung des Frankens inzwischen mehr oder weniger kongruent. Das kurzfristige Abschneiden der Schweizer Aktien wird eng mit der Entwicklung des Franken-Euro-Wechselkurses korrelieren.

Ist der Kurssturz ein Kaufsignal für Schweizer Aktien? - Wir denken nicht, dass der Kurssturz eine breite Kaufgelegenheit bietet. Im Unterschied zu anders gelagerten Kursstürzen beruhte dieser Rückgang nicht auf unbegründeten Ängsten sondern auf geldpolitischen Entscheidungen mit finanziellen Auswirkungen für die Unternehmen. Auch wenn die mittelfristige Entwicklung des Wechselkurses noch unklar ist, so kann davon ausgegangen werden, dass Schweizer Unternehmen wahrscheinlich einen vorsichtigen Ausblick für das Jahr 2015 bekanntgeben.

Welche Schweizer Aktien sind nach dem Kurssturz so attraktiv bewertet, dass Sie sie zum Kauf empfehlen würden? - In unseren institutionellen Kundenportfolios halten wir weiterhin die Technologiekonzerne AMS und Logitech. Sie sind fast ausschliesslich mit Translationseffekten konfrontiert, und die Gewinnaussichten bleiben gut. - Die Versicherungen Baloise, Swiss Life und Swiss Re sind weiterhin attraktiv bewertet und unterdurchschnittlich von der Aufwertung des Frankens betroffen. In unseren Anlagefonds halten wir auch nach wie vor Novartis und Roche. Diese, aber auch Nestlé könnten auch davon profitieren, dass Investoren, die ihr Geld in Franken anlegen wollen, die Blue-Chips-Werte mit attraktiver Dividendenrendite einer im besten Falle zinslosen Bargeldanlage vorziehen.

Von welchem Franken-Euro-Wechselkurs gehen Sie bei Ihren Empfehlungen aus? - Wir gehen in unseren Berechnungen zumindest bis zum Entscheid der Europäischen Zentralbank vom Donnerstag über den möglichen Aufkauf von Eurostaatsanleihen von den aktuellen Wechselkursen, d. h. der Euro-Franken-Parität aus.

Im Dezember nannten Sie in der FuW Bell, Georg Fischer, Novartis, Swatch Group N und Swiss Life als Ihre Aktienfavoriten für 2015. Ändern Sie nun etwas an dieser Liste im Lichte des SNB-Entscheids? - Die Aktien der Swatch kamen seit Donnerstag unter Druck. Anfang Jahr rechneten wir für die Gewinnentwicklung in 2015 mit einer Unterstützung durch einen höheren Dollar-Franken-Wechselkurs. - Die Wechselkurseffekte haben sich am Donnerstag auf einen Schlag in eine Hypothek gewandelt. Immerhin sind im Verkauf von Uhren die Mitbewerber im höheren Preissegment mit der gleichen Ausgangslage konfrontiert, da fast alle ihre Produktionsbasis in der Schweiz haben. Preiserhöhungen sind im wichtigen Markt China/Hongkong angesichts des generell anspruchsvolleren Umfelds schwieriger als auch schon geworden. Aufgrund der getrübten Gewinnaussichten sind wir kurzfristig für Swatch Group vorsichtiger geworden trotz der per se attraktiven Bewertung und der unverändert starken Marktpositionierung.

Auch Georg Fischer ist mit einer überproportionalen Kostenbasis in der Schweiz konfrontiert. - Richtig. Deshalb war unsere Überzeugung vor dem Entscheid der SNB stärker. Die Bewertung bleibt aber attraktiv und wir halten an der Position fest. Bell ist unseres Erachtens im Gesamtmarktvergleich unterdurchschnittlich von der Frankenaufwertung betroffen. - Eine negative Auswirkung wird vor allem die nochmalige Steigerung des Einkaufstourismus im benachbarten Ausland haben. Betreffend der Auslandaktivitäten von Bell ist für einmal von Vorteil, dass sich diese insgesamt noch in den roten Zahlen befinden, sodass der Translationseffekt kurzfristig keine negative Auswirkung auf die Gewinne hat. Der Aktienkurs von Bell hat genauso wie diejenigen von Novartis und Swiss Life weiterhin Aufwärtspotenzial.

Welche Schweizer Aktien würden Sie bis auf weiteres meiden? - Das sind in erster Linie Aktien, die schon vorher unserer Ansicht nach hoch bewertet waren. Dazu zählen wir etwa Aryzta, Barry Callebaut, Ems Chemie oder Kudelski. Die beiden Letztgenannten dürften angesichts der hohen Kostenbasis in der Schweiz mit einem kurzfristig verstärkten Gewinndruck konfrontiert sein. Tendenziell vorsichtig sind wir weiterhin gegenüber Bankwerten. Hier könnte sich angesichts der plötzlichen neuen Wechselkursgegebenheiten die eine oder andere unliebsame Gewinnenttäuschung ergeben.