Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Mexiko könnte der Durchbruch gelingen

Im zweiten Amtsjahr von Präsident Enrique Peña Nieto setzt Mexiko ein ehrgeiziges Strukturreformpaket mit dem Ziel um, das Potenzial des seit Jahrzehnten geringen Wirtschaftswachstums des Landes zu entfalten und neue Möglichkeiten für seine Bürger zu schaffen. Die Reformen, die durch Verfassungsänderungen und eine kühne Gesetzgebungsagenda unterstützt werden, umfassen die Umstrukturierung von Wirtschaftssektoren, die vormals als politisch unantastbar galten.

Tatsächlich werden weite Teile dieser Agenda dank des «Pakts für Mexiko» nicht nur von der Regierung Peña Nieto, sondern auch von den beiden grossen Oppositionsparteien unterstützt. Sobald die Reformen zu greifen beginnen, wird diese einzigartige Übereinkunft auf die Probe gestellt, und das Ergebnis könnte bedeutende und nachhaltige Konsequenzen für Anstrengungen zur Umsetzung von Strukturreformen überall auf der Welt haben.

Es ist nie einfach, solche Reformen auf den Weg zu bringen, und normalerweise schwierig, sie zu vollenden. Sind Politiker in der Opposition, machen sie sich für Reformen stark; sind sie an der Regierung, schwindet ihre Bereitschaft, Reformen zu ergreifen und zu unterstützen. Der Grund ist simpel: Da am Anfang Belastungen stehen und sich erst in der Folgezeit Vorteile ergeben, sind Strukturreformen politisch riskant.

Nur wenige Erfolgsmodelle

Regierungen, die dennoch Reformen einleiten, finden es häufig frustrierend zu warten, bis die oft schwer fassbare «kritische Masse» neu belebter Sektoren erreicht wird, und Ökonomen finden es ausgesprochen schwierig, den Zeitpunkt und die Grössenordnung des zu erwartenden Wachstumsschubs zu prognostizieren. Erschwerend kommt hinzu, dass die Unvermeidbarkeit unvorhersehbarer Entwicklungen, ob im eigenen Land oder durch äussere Umstände, oftmals Kurskorrekturen erforderlich macht.

Infolgedessen gibt es in der Geschichte nur wenige gute Beispiele – darunter China, Polen und Südkorea – für erfolgreiche Strukturreformen. Ausserdem werden Länder, die Erfolge vorzuweisen haben, oftmals als «speziell» oder «einzigartig» abgetan – und gelten somit von geringem Nutzen als ein Modell, dem andere Länder nacheifern könnten.

Vor diesem Hintergrund ist es faszinierend zu beobachten, was in Mexiko vor sich geht. Das Warum, Wie und Was der ehrgeizigen Bemühungen des Landes um Strukturreformen könnte – und sollte – rund um den Globus wichtige Signalwirkung haben.

Weg vom Mittelmass

Offizielle Stellen in Mexiko sind die Ersten, die auf die relativ schwache Wirtschaftsleistung ihres Landes in den vergangenen 33 Jahren verweisen. Das durchschnittliche jährliche Wachstum in Höhe von nur 2,4% bleibt weiter hinter dem zurück, was in einem Land erforderlich und möglich ist, das bevölkerungsreich und mit reichen natürlichen Ressourcen ausgestattet ist, mit einer erstklassigen Lage vor der Haustür der USA und erheblichem Aufholpotenzial. Ausserdem ist Mexikos Wachstum dem einiger anderer Länder weit unterlegen, die mit viel weniger angefangen und Mexiko (und andere lateinamerikanische Volkswirtschaften) trotzdem überholt haben.

Für politische Entscheidungsträger wäre es ein Leichtes, sich der Verantwortung für Mexikos mittelmässige Leistung zu entziehen, indem sie sich hinter verschiedenen Krisen in Schwellenländern, dem «verlorenen Jahrzehnt» in Lateinamerika und den Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise 2008 sowie der anschliessenden grossen Rezession verstecken. Doch die offiziellen Stellen in Mexiko suchen keine Ausreden. Stattdessen verweisen sie auf binnenwirtschaftliche Indikatoren, die von einer schwachen Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zeugen, sowohl im Verlauf der Zeit als auch im Vergleich zu anderen Ländern. Weiterhin stellen sie fest, dass Mexikos beeindruckende Leistungen in Bezug auf makroökonomische Stabilisierung zwar notwendig waren, sich aber nicht als ausreichend erwiesen haben, um das Wachstumspotenzial des Landes freizusetzen.

Ja, Mexiko hat solide in- und ausländische finanzielle Puffer aufgebaut, seinen öffentlichen Haushalt in Ordnung gebracht, seine Wirtschaft für die Aussenwelt geöffnet und viele Freihandelsabkommen geschlossen, allen voran das Nordamerikanische Freihandelsabkommen. Doch nun ist es an der Zeit, auf diesen Fortschritten aufzubauen, indem gleichzeitig fünf grosse und einflussreiche Sektoren reformiert werden: Bildung, Energie, Finanzen, Telekommunikation und der Arbeitsmarkt. Und die Regierung Peña Nieto hat in den vergangenen Monaten hart – und mit Erfolg – daran gearbeitet, die notwendigen Verfassungsänderungen zu verabschieden und erste Rechtsvorschriften zu erlassen.

Ausländische Investoren anlocken

Mindestens drei dieser Bereiche – Bildung, Energie und der Arbeitsmarkt – galten lange als unantastbar oder nahezu unantastbar. Tatsächlich erinnere ich mich an meine eigene Erfahrung in Mexiko Ende der Achtziger- und Anfang der Neunzigerjahre, als ich als Mitglied einer Arbeitsgruppe des Internationalen Währungsfonds mit offiziellen Vertretern vor Ort zusammenarbeitete, um zur Erholung des Landes von der lateinamerikanischen Schuldenkrise beizutragen. Jede Erwähnung von Energiereformen stiess umgehend auf Widerstand und war mit Verweisen auf die nationale Souveränität und verfassungsrechtlich garantierten Schutz verbunden.

Heute bemüht sich Mexiko um langfristig orientierte ausländische Investoren zur Unterstützung ehrgeiziger und umfassender Reformbemühungen. Dabei sind ausländische Beteiligungen vor allem für Infrastrukturinvestitionen in Telekommunikationsnetze, mautpflichtige Strassen, Gaspipelines und, in Zukunft, den Erdölsektor von Bedeutung.

All dies ist durch ein klares politisches Mandat sowie Peña Nietos erklärtes persönliches Ziel verankert, drei Jahrzehnte unzureichendes Wachstum und Produktivitätsdefizite zu überwinden. In Anbetracht der Möglichkeit einer innenpolitischen Gegenreaktion, der mit der Umsetzung eines vielschichtigen Reformpakets verbundenen Komplexität und des konjunkturellen Gegenwinds, den das nach wie vor verhaltene Wachstum in den USA (auf die rund 80% der Exporte entfallen) mit sich bringt, wird Mexiko vielleicht beide Anker brauchen, um seine Reformdynamik aufrechterhalten zu können. Glücklicherweise verfügt die Regierung über Spielraum für eine antizyklische Finanzpolitik und hat bereits mit einer expansiveren Fiskal- und Geldpolitik reagiert.

Mexiko hat gute Chancen, seine beeindruckende Strukturreformagenda zu realisieren. Auf diese Weise würde es dem Rest der Welt als wichtiges Beispiel dienen, wie solche Programme langfristig gestaltet und umgesetzt werden können und wie dadurch eine kritische Masse starker Wirtschaftszweige – und somit schnelleres Wachstum und grösserer Wohlstand – erreicht werden und die legitimen Erwartungen der Bürger erfüllt werden können.

Copyright: Project Syndicate.

Newsletter

FuW – Das Wochenende

Erhalten Sie zum Wochenende handverlesene Leseempfehlungen der Redaktion.