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Kaffee mit…

Noch ein Blockchain-Start-up? Deon Digital will mithilfe dieser Technologie Verträge digitalisieren. Damit reiht sie sich in die Gruppe von Unternehmen ein, die sogenannte Smart Contracts anbieten. Doch die Unterschiede sind offensichtlich: Zum einen kann Deon gut ein Jahr nach der Gründung bereits ein funktionierendes Produkt vorweisen. Anders als bei vielen Konkurrenten ist der Prototyp bereits im Einsatz. Derzeit läuft unter anderem ein Projekt mit dem deutschen Autobauer Daimler.

Der zweite grosse Unterschied ist der charismatische Chef und Gründer Dirk Sebald, den ich im Café Altstetten im gleichnamigen Zürcher Quartier treffe. «Hier kommt die Sonne schon früh ums Eck», erklärt er die Wahl des Lokals. Seine gute Laune ist ansteckend. Im Garten-Café erinnert ebenfalls wenig an hippe Jungunternehmer: Die Stühle sind aus Plastik, auf den Sonnenschirmen prangt Glacewerbung, und die zwei Cappuccini kommen ohne Schaumherz, dafür mit einem Guetzli daher.

Zum Kaffeetrinken kommt der 56-Jährige in den darauffolgenden knapp zwei Stunden aber kaum. Zu gerne redet er über die Möglichkeiten, die die neuen Technologien, gesellschaftliche Veränderungen und die Verfügbarkeit von Daten eröffnen. Es habe nicht viel gebraucht, um ihn für die Blockchain zu begeistern. Noch bei der Börsenbetreiberin SIX Group angestellt, war für Sebald schnell klar: «Diese Technologie könnte vieles revolutionieren.» Nach einigen Jahren Angestelltendasein wagte er daraufhin die Rückkehr in die berufliche Selbständigkeit.

Zusammen mit ETH-Dozent Florian Herzog gründete er im Mai 2017 Deon. Basierend auf den Forschungserkenntnissen von Professor Fritz Henglein, der seit einigen Jahren an diesem Thema forscht, haben sie eine Sprache zur Digitalisierung von Verträgen entwickelt, die von der Maschine und ebenso gut vom Menschen gelesen werden kann. Dafür muss man kein Informatiker sein. Heute werden Verträge auf Papier noch von Hand bearbeitet. Entsprechend hoch ist die Fehleranfälligkeit. Würden stattdessen digitale Verträge eingesetzt, könnten ganze Prozesse digitalisiert werden, ist Sebald überzeugt. «Das Geniale dabei ist, dass die darunterliegende Sprache den entscheidenden Unterschied ausmacht.» Deons Sprache läuft auf allen Blockchains.

Mittlerweile hat Deon dreissig Angestellte und mehrere Kunden. Gerade in der Schweiz stosse das Jungunternehmen in den Geschäftsleitungen aber oft auf Zurückhaltung. Projekte, bei denen viel investiert werde, seien schwierig zu finden. Grössere Gesellschaften täten sich schwer, den Wandel voranzutreiben. Bei der SIX Group hatte der Unternehmer auch die Gegenseite kennengelernt, zuletzt amtierte er zwei Jahre als Innovationschef. Die Banken hätten sich zwar weiterentwickelt, glaubt Sebald. «Wir haben einige Projekte dafür angeschoben, aber es wird immer stärker rundherum disruptiert. Daher braucht es schneller Veränderung.»

So wie zum Beispiel in Asien. «Dort ist der technologische Wandel Chefsache», sagt Sebald. Bei Treffen mit asiatischen Unternehmen seien nicht nur ein paar Entwickler, sondern oft auch Geschäftsleitungsmitglieder anwesend. Entsprechend komfortabler sei auch die finanzielle Ausgangslage. Ohnehin zeigt er sich fasziniert von der asiatischen Arbeitskultur. «Die Wissbegierde ist auffällig.» Und auch das gesellschaftliche Umfeld unterscheide sich. So gebe es auch im Tech-Sektor viele Frauen. «Hier in der Schweiz gestaltet sich die Suche nach Entwicklerinnen leider sehr schwierig», sagt Sebald.

Zweifel scheint der erfahrene Unternehmer keine zu kennen. Vor dem Abstecher zur SIX war er lange selbständig und in führenden Positionen tätig. Vom Erfolg seiner neusten Geschäftsidee ist er überzeugt: «Wir erzählen keine Märchen: Zuerst kam das funktionierende Produkt, jetzt können wir mit dem Marketing beginnen.» Dabei seien zufriedene und überzeugte Mitarbeiter die besten Verkäufer. Vertrauen und Transparenz gehören für Sebald zu den wichtigsten Führungsmitteln. Wo die Angestellten arbeiten, ist dem unkonventionellen Chef egal. «An einem schönen Tag wie heute sollen sie rausgehen, auf die Terrasse an die Sonne.»

In den Tassen ist der Schaum mittlerweile angetrocknet. «Natürlich kenne ich auch trendigere Lokale», sagt Sebald lachend zum Abschied. Aber er möge es auch mal klassisch. Der Mann scheint keinen Grund zu haben, etwas vorzuspielen, das er nicht ist.