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Hoffnungsträger Sánchez vor der Bewährung

Die politische Aktualität in Spanien bleibt brisant und hochspannend. Die Ereignisse überschlagen sich fast täglich. Das hohe Tempo gibt seit zwei Wochen der überraschend zum neuen Premier avancierte Sozialistenchef Pedro Sánchez vor. Mit einem Husarenritt hat er seinen konservativen Vorgänger, Mariano Rajoy, in Windeseile abgelöst, in einer übrigens perfekt durchgeführten Amtsübergabe.

Damit hat Sánchez den konservativen Partido Popular, der sich nach dem politischen Eklat in einer Selbstfindungskrise befindet und das Erbe Rajoys regeln muss, wohl für einige Zeit in die Opposition verwiesen. Es ist ihm zugleich gelungen, den Vormarsch der Liberalen von Ciudadanos zu bremsen und sich medienwirksam als neuer Hoffnungsträger in Szene zu setzen. Im Nu hat Pedro Sánchez die politischen Machtverhältnisse in Spanien von einer Mitte-rechts-Dominanz zu einer Mitte-links-Option verschoben, und dies, obwohl er ja mit nur 84 Parlamentsstimmen (von insgesamt 350) regiert.

Natürlich bleibt es abzuwarten, ob sich diese Konstellation als Fata Morgana entpuppt und Pedro Sánchez aufgrund der politischen Arithmetik dazu verdammt ist, eine Übergangsfigur zu sein. Denn diejenigen, die ihn im Misstrauensvotum gegen Mariano Rajoy unterstützten und so zur Machtergreifung verhalfen – die linksradikale Podemos, die baskischen und katalanischen Nationalisten und weitere Splittergruppierungen aus dem linken Lager –, werden bald ihren Tribut einfordern.

Der neue Premierminister ist also in der Zwickmühle und hat nur wenig Zeit, um sich zu profilieren, bevor er zwischen Hammer und Amboss gerät. Mit einem guten Marketing hat Pedro Sánchez jedoch von der ersten Stunde an klar signalisiert, dass er nicht gedenkt, bloss bis zu den nächsten Generalwahlen in zwei Jahren interimistisch zu regieren – er will bleiben und gestalten.

Effektvoll präsentierte Sánchez der staunenden Öffentlichkeit ein hochkarätiges Kabinett, in welchem elf von siebzehn Ministern Frauen sind. Auch wenn bereits der Kulturminister wegen früherer Steuerprobleme seinen Hut nehmen musste, steht die neue Exekutive für einen Neuanfang in der spanischen Politik. So scheint in der verkeilten katalanischen Frage Bewegung aufzukommen; es sind erste, versöhnliche Töne aus Madrid erfolgt, was bereits zu einer merklichen Entspannung des allgemeinen politischen Lebens geführt hat. Sánchez betonte auch, man wolle sich so bald wie möglich treffen, um nach Wegen der Verständigung zu suchen.

Auch der neue Aussenminister, Josep Borrell, ein Politprofi, der bereits unter dem Sozialisten Felipe González in den 1990er Jahren Minister und später auch Präsident des europäischen Parlament war, selbst ein Katalane, der stets die Separatisten scharf kritisiert hat, ruft zum Dialog mit Barcelona auf. Gleichwohl will er im Ausland für ein differenzierteres Bild von Spanien einstehen, für ein besseres Image, das in vielen westlichen Medien durch den Katalonien-Konflikt unverständlicherweise verzerrt worden ist, zugunsten einer sehr einseitigen, proseparatistischen Sicht.

Der Dialog müsse folglich in beide Richtungen gehen und ehrlich sein. Auch wenn zwischen Madrid und Barcelona noch vieles zu kitten ist, bevor so etwas wie Normalität in den institutionellen Beziehungen einkehrt, und – noch wichtiger – in der heute tief gespaltenen katalanischen Gesellschaft, so hat Premier Pedro Sánchez in wenigen Tagen zu einer Entkrampfung der Situation beigetragen, was in Spanien auf allgemeine Anerkennung stösst.

Der erst 46 Jahre junge Regierungschef will eine modernere, fortschrittlichere und solidarische Gesellschaft. Das kommt gut an bei den Spaniern, die sich zunächst auf die Fussball-Weltmeisterschaft und auf den Sommerurlaub freuen. Spätestens danach, im Herbst, müsste Sánchez ans wirkliche Regieren denken. Macht er seine Sache gut, könnte ihm bei den nächsten Generalwahlen ein grosses Comeback seiner sozialdemokratischen Partei PSOE gelingen.

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