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Harte Interessenpolitik

Auch das ist ein Megatrend, gegen den kein Kraut gewachsen scheint: Partikularinteressen werden in der Politik immer unnachgiebiger vertreten. Das erschwert die Konsensfindung, tragfähige Kompromisse werden immer seltener. Dadurch werden zukunftsweisende Reformen im System Schweiz massiv erschwert – zum Schaden der Allgemeinheit.

Der Beispiele sind zu viele: In jüngster Vergangenheit etwa die Auseinandersetzungen um die Altersvorsorge 2020 oder die Revision der Unternehmensbesteuerung. Nahtlos und zum wiederholten Mal reiht sich hier auch die Landwirtschaftspolitik ein. Am Mittwoch hat der Bundesrat unter der Federführung von Volkwirtschaftsminister Johann N. Schneider-Ammann die «Gesamtschau zur Weiterentwicklung der Agrarpolitik» verabschiedet. Darin wird, einigermassen behutsam, darauf hingewiesen, dass die «inländischen und ausländischen Agrarmärkte im Rahmen von Handelsabkommen besser vernetzt werden» sollten – eigentlich eine Banalität.

Doch damit wurde in Kreisen der Landwirtschaft ein wahrer Sturm der Entrüstung ausgelöst. Der Bauernverband mutmasste, der Bundesrat wolle die «Landwirtschaft opfern»; überhaupt, der aktuelle Grenzschutz schade niemandem, und der Bundesrat hänge einer alten Ideologie an.

Man wähnt sich im falschen Film: Hat der Bauernverband noch nie etwas davon gehört, dass der Grenzschutz ein wesentlicher Preistreiber für landwirtschaftliche Produkte ist, zum Schaden der Konsumenten? Und hat er noch nie etwas davon gehört, dass Freihandel und nicht Protektionismus den Wohlstand fördert?

Die Schweiz ist das Industrieland, das seine Landwirtschaft mit Abstand am stärksten schützt – und zugleich das Land mit den höchsten Nahrungsmittelpreisen. Der Zusammenhang ist offensichtlich und nicht zufällig. Die Bauernlobby vergisst allzu gerne, wer sie finanziert: Die jährlichen Subventionen in Milliardenhöhe werden von der Wirtschaft und den Konsumenten bezahlt, und die überhöhten Preise für landwirtschaftliche Güter tragen die Konsumenten.

Hinzu kommt, dass der Agrarprotektionismus den Abschluss von Freihandelsabkommen massiv erschwert. Darunter leidet die exportierende Wirtschaft, die einen schönen Teil der Kosten für die Landwirtschaft trägt. Wie lange die Geduld der Wirtschaft – und auch die der Konsumenten – noch anhält, ist offen. Die Landwirtschaft tut gut daran, sie nicht zu sehr zu strapazieren.

Der Strukturwandel ist im Gang, und er wird sich auch durch den Widerstand der Agrarlobby nicht aufhalten lassen. Je länger sie auf ihren Positionen der Abschottung verharrt, desto teurer wird der Wandel, nicht zuletzt für die Branche selbst. Sie müsste eigentlich lernfähig sein: Die Beispiele des Käse- und des Weinmarktes zeigen, dass eine Liberalisierung Vorteile bringt. Es würde den  Funktionären der Bauernlobby wohl anstehen, dies endlich zur Kenntnis zu nehmen und Hand zu bieten für fortschrittliche Lösungen.