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«Grösse ist nicht alles, aber sie hilft»

«Unsere Beziehung mit Credit Suisse ist nach wie vor ausgezeichnet. Wir sind ihr grösster Asset Manager», sagt Martin Gilbert.

Gegen 200 Mrd. £ oder knapp 300 Mrd. Fr. verwaltete die schottische Fondsgruppe Aberdeen Asset Management Ende des vergangenen Jahres. Durch die Übernahme des Lokalrivalen Scottish Widows Investment Partnership (SWIP), die das Unternehmen vergangene Woche vollzogen hat, kommen weitere knapp 140 Mrd. £ dazu. Aberdeen rückt damit auf Rang eins unter den europäischen Fondsmanagern vor Schroders und auch in die – von US-Anbietern dominierte – Klasse der weltweit führenden Asset-Manager vor. Chief Executive Officer Martin Gilbert äussert sich im Gespräch mit «Finanz und Wirtschaft» zur Branchenkonsolidierung. Er sagt zudem, weshalb Aberdeen Aktien aus Schwellenländern wieder für kaufenswert hält.

Herr Gilbert, anders als in den USA werden in Europa die meisten grösseren Asset-Manager noch von Universalbanken kontrolliert. Ist das ein Auslaufmodell? - Ich rechne mit graduellen Anpassungen. Je mehr Banken einsehen, dass ihre Stärke vor allem in der Distribution und nicht im Asset Management liegt, desto mehr Vermögensverwalter werden auf den Markt kommen. Pioneer (Tochter der italienischen Bankengruppe UniCredit, Anm. d. Red.) steht etwa bereits zum Verkauf.

Aberdeen hat ihrerseits soeben die Übernahme von Scottish Widows vollzogen. Beabsichtigen Sie damit, in die Phalanx der grossen US-Häuser einzudringen? - Mit über 500 Mrd. $ an verwalteten Vermögen sind wir einer von ganz wenigen europäischen Vertretern unter den grössten Asset-Managern der Welt. Fast alle über uns liegenden Anbieter stammen aus den USA. Ein ähnliches Gewicht auf die Waage bringt in Europa ausser uns nur Schroders. Auch Schroders gehört bezeichnenderweise nicht zu einer Bank oder einem Versicherer, sondern ist reinrassig.

Unter welchen Voraussetzungen ist Aberdeen an weiteren Zukäufen interessiert? - Vorläufig stehen wir an der Seitenlinie. Wir müssen erst Scottish Widows integrieren. Das dauert bis zu zwei Jahre. Die Idee, einen Asset-Manager von einer Bank zu kaufen und dadurch den Vertrieb zu stärken, ist allerdings gut. Mit Scottish Widows werden wir zum bevorzugten Partner der Kunden von Lloyds Banking. In unserer Branche sind die Distributoren König. Wir sind bloss ein Hersteller.

Ende 2008 vollzog Aberdeen bereits den Kauf eines grösseren Teils des Fonds­geschäfts von Credit Suisse. Hielt diese Transaktion, was sie versprach? - Das war ein fantastischer Deal für uns. Bereits drei Jahre zuvor hatten wir uns durch den Kauf des Asset Management der Deutschen Bank von einer Boutique in eine globale Fondsgruppe gewandelt. Dank der Produkte von Credit Suisse erhielten wir die nötigen Volumen für unsere stark vergrösserte Infrastruktur. Die Akquisition kam exakt zur richtigen Zeit.

Es scheint, als ob Credit Suisse das damals veräusserte Fondsgeschäft grösstenteils aus eigener Kraft wieder aufgebaut hat. Verfolgen Sie das mit Argwohn? - Nein. Unsere Beziehung ist ausgezeichnet. Wir sind nach wie vor der grösste ­externe Asset-Manager für Credit Suisse. Grundsätzlich müssen Banken aber selbst entscheiden, ob sie ausser in der Distribution und in der individuellen Vermögensverwaltung für Privatkunden auch im ­institutionellen Asset Management eine Rolle spielen wollen. Kundengelder in eigene Fondsprodukte zu investieren, hat immer den Nachteil, dass Portfoliomanager falschliegen können. In diesem Fall müssen Banken die Verantwortung selbst übernehmen und können sie nicht an einen Partner wie Aberdeen abschieben.

Credit Suisse hat ihre 2008 erworbene 24,9%-Beteiligung an Aberdeen abgestossen. Wäre es Ihnen lieber gewesen, wenn sie sich länger engagiert hätte? - Brady Dougan (CEO von Credit Suisse, Anm. d. Red.) machte vom ersten Tag an klar, dass das Investment befristet sein würde. Durch die spätere Veräusserung der Anteile konnte Credit Suisse einen substanziellen Buchgewinn realisieren und die Eigenkapitalbasis stärken. Wir haben dabei gerne mitgeholfen.

Sind für den Erfolg im Asset Management nach wie vor Skaleneffekte entscheidend? - Grösse ist nicht alles, aber sie hilft. Beispielsweise wenn es darum geht, teure Compliance-Strukturen zu unterhalten oder mit Staatsfonds ins Geschäft zu ­kommen. Kleinere Anbieter haben den Vorteil, sich auf eng begrenzte Aktivitäten wie Schwellenmarktmarktanlagen und Kreditpapiere konzentrieren zu können. Wo ich im Asset Management nicht vertreten sein möchte, ist zwischen den Grossen und den Kleinen.

Erwarten Sie, in der Kategorie der ganz grossen Fondsmanager Konkurrenz durch neue Wettbewerber, beispielsweise aus Schwellenländern, zu erhalten? - Ich sehe nicht, wer das schaffen sollte. Am ehesten rechne ich mit verschärfter Konkurrenz durch Anbieter, die gegenwärtig noch von einer der grossen amerikanischen Banken kontrolliert werden. Unsere direkten grossen US-Wettbewerber dürften zudem – auch durch Akquisitionen – versuchen, ihr Geschäft stärker zu internationalisieren. Viele von ihnen sind nach wie vor primär in den USA aktiv.

Ist Aberdeen auf dem Radar grosser ­amerikanischer Fondshäuser? - Wenn ich ein Investmentbanker wäre, würde ich im Gespräch mit US-Fonds­häusern wohl mit Nachdruck auf Aberdeen verweisen. Aberdeen selbst ist ja noch kaum in den USA vertreten, was ein weiteres Argument für einen transatlantischen Zusammenschluss wäre. Doch lassen wir diese Gedankenspiele: Wir wurden bisher von niemandem angegangen. Eine Fusion wäre ohnehin nur schwer zu bewerkstelligen – auch wegen der Gefahr, dass Schlüsselkräfte abspringen.

Was unternehmen Sie, um die Lücken im Amerikageschäft zu schliessen? - Wir haben im US-Vertrieb zweifellos Defizite. Nach Abschluss der Integration von Scottish Widows müssen wir hier eine ­Lösung finden. Die USA sind nach wie vor ein unglaublich grosser Markt. Die Hälfte aller Anlagevermögen stammt von dort.

Die grossen amerikanischen Anbieter wie Fidelity, BlackRock, Pimco oder Vanguard ausgerechnet in ihrem Heimmarkt anzugreifen, ist riskant. Wo können Sie im Vergleich zur Konkurrenz punkten? - Wir werden mit ihr nicht in einheimischen Vermögensklassen wie Treasuries konkurrieren. Unser Fokus richtet sich auf globale Produkte aus den Bereichen Bonds, Aktien oder Immobilien. Wir zapfen unser Know-how ausserhalb der Vereinigten Staaten an und stellen es amerikanischen Anlegern zur Verfügung.

Planen Sie einen grösseren Vorstoss in die passive Vermögensverwaltung? - Wir verwalten grössere Mandate in diesem Segment, vor allem für Lebensversicherer und seit längerer Zeit beispielsweise auch für Swiss Re. Das heisst aber nicht, dass wir den Einstieg in das Geschäft mit Exchange Traded Funds suchen. Der ETF-Markt wird sich künftig auf sehr wenige Anbieter beschränken.

Was unterscheidet Aberdeen von anderen grossen Fondshäusern? - Der Grundsatz «Keep it simple». In unserer Branche haben teils übertrieben komplizierte Strukturen Einzug gehalten. Unser Ansatz ist, Unternehmen mit überlegenem Management ausfindig zu machen und in sie zu investieren. Dann halten wir am Investment oft über Jahre fest. Der Lohn dafür ist eine überdurchschnittliche Anlageleistung, wie wir über verschiedene Perioden nachweisen können.

Wohin fliesst gegenwärtig das meiste Geld der Investoren? - Schwellenländeraktienfonds waren noch im Januar und im Februar mit einem hohen Abfluss konfrontiert. Nun kommen mehr und mehr Anlageexperten zum Schluss, dass die Talsohle erreicht ist. Das Attraktive an Aktien aus Emerging Markets ist, dass sie sich im Vergleich zu Dividendenpapieren aus Industrieländern derart lange unterdurchschnittlich entwickelt haben, die unternehmerische Leistung in vielen Fällen jedoch nach wie vor überzeugt.

Kommen Schwellenmarktanlagen bereits wieder in Mode? - Ich erwarte vorläufig keine riesigen Zuflüsse. Doch vor allem Aktien aus Asien waren seit fünfzehn oder zwanzig Jahren nie mehr so attraktiv wie heute.

Die meisten Ökonomen sind mit Blick auf Emerging Markets nach wie vor skeptisch eingestellt. Übertreiben sie mit ihrer Sorge? - Ja. Die chinesische Wirtschaft wächst nach wie vor 7,5%. Erfahrungsgemäss lohnt es sich für Aktienanleger nicht zu warten, bis sich Ökonomen für ein Land oder eine Region erwärmen. Der Markt ist dann meist schon 30% oder mehr ­gestiegen.

Welche Gefahren gehen von Russland aus? - Ich kann mir nicht vorstellen, dass vor allem Europa grössere Strafaktionen gegen Russland startet. Die beiden Wirtschaftsblöcke sind derart abhängig voneinander.

Wie beurteilen Sie die Aussichten für ­amerikanische und europäische Aktien? - Viele US-Dividendenpapiere sind überteuert. Wir bevorzugen Aktien aus Europa und Schwellenländern.

Eines der grossen Themen im vergangenen Jahr war die angeblich grosse Rotation aus Bonds in Aktien. Fand sie nach Ihrer Erfahrung überhaupt statt? - Es gibt Verschiebungen aus dem Geldmarkt in Aktien, nicht aber aus Bonds. Was aber verblüffend ist: Die reichsten 1% der Privatpersonen weltweit besitzen keine Obligationen. Sie setzen voll auf Aktien.

Kommt die grosse Rotation noch? - Nein. Ich denke, dass die grossen Eigentümer von Obligationen, die Pensionskassen sowie die Versicherer, an ihren Positionen festhalten. Sie geben sich mit den bestehenden Zinsaufschlägen zufrieden.

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