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«Für Qualität darf man ruhig mehr bezahlen»

Matt Benkendorf hält an der Anlagephilosophie seines Vorgängers Rajiv Jain fest.

Herr Benkendorf, inwiefern hat die US-Wahl Ihre Sicht auf die Märkte verändert? - Unter Donald Trump wird sich nicht nur in den USA, sondern vermutlich auf der ganzen Welt vieles ändern. Was seine Wahl für das Anlageumfeld bedeutet, weiss man nicht. Wir machen keine Prognosen, weder zur wirtschaftlichen Entwicklung noch zur Stimmung an den Märkten oder zu politischen Ereignissen. Eins lässt sich jedoch mit Gewissheit sagen: Unternehmen, die bisher erfolgreich waren, werden auch in der Zukunft zu den Gewinnern ­gehören. Deshalb mussten wir wegen Trumps Wahlsieg das Portfolio nicht gross anpassen. Wir investieren in Titel, die von solchen Ereignissen isoliert sind.

Sie nennen diese Titel qualitativ hochwertige Wachstumswerte. Welche Aktien sind dafür charakteristisch? - Wir finden solche Namen vor allem im Basiskonsumgütersektor. Dort gibt es viele Unternehmen mit einem Geschäftsmodell, das fundamental profitabel ist und stetiges Wachstum ermöglicht. Typische Aktien sind Nestlé im Nahrungsmittel­bereich und Reckitt Benckiser bei den Haushaltprodukten, aber auch British Amercian Tobacco sowie Heineken und Ambev gehören dazu.

Was zeichnet diese Unternehmen aus? - In der Regel verkaufen sie Produkte, die verbraucht und daher ständig wieder nachgefragt werden. Sie schaffen es dadurch, quasi automatisch zu wachsen, ohne viel zu reinvestieren, und sie erwirtschaften dabei einen hohen Cash-Überschuss. Ihr Geschäftsmodell ist hochprofitabel, sowohl gemessen an der Eigenkapitalrendite als auch an der Rendite auf das eingesetzte Kapital. Qualitätsunternehmen haben Preissetzungsmacht, sei es durch die Marke oder durch innovative und hochwertige Produkte. Ihr Geschäftsmodell ist nicht von der Konjunktur abhängig. Man kann daher besser einschätzen, wie sich das Ergebnis über die kommenden Jahre entwickelt.

Berücksichtigen Sie die Qualität der Bilanz? - Natürlich definieren wir Qualität auch über die Bilanz. Wir investieren nicht in Unternehmen mit hohem operativem und finanziellem Leverage. Nur so können wir das Ziel erreichen, Kapital zu erhalten und langfristig Vermögen aufzubauen.

Im Vergleich zum Gesamtmarkt sind solche Aktien teuer. Wie gehen sie damit um? - Ich bin der Meinung, dass man für gute Qualität ruhig mehr bezahlen darf. Nestlés Geschäftsmodell ist nun einmal mehr wert als das vieler Konkurrenten.

Aber eine hohe Bewertung drückt die erwartete Rendite. - Man kauft Nestlé-Aktien nicht, um ein Jahr später einen Kursgewinn zu realisieren, sondern man kauft und hält die Aktien über lange Zeit. Denn der wahre ­Ertrag der Aktien stammt vom zugrundeliegenden Geschäftsmodell. Als Anleger interessiert mich die Aussicht auf jährlich 10% Gewinnwachstum, die Dividende ist dann noch das Tüpfelchen auf dem i. Natürlich schwankt das Bewertungsniveau, aber langfristig ist ein Kurs-Gewinn-Verhältnis zwischen 20 und 22 für ein Unternehmen wie Nestlé gerechtfertigt. Die Bewertung mag hoch erscheinen, aber der Markt wird diese hohe Bewertung über Jahre vor sich hinschieben. Bei einer Stahlaktie ist es natürlich komplett anders, weil die Gewinne nie so stabil und vorhersehbar sind.

Gibt es eine Bewertungsobergrenze für ­Namen wie Nestlé? - Die Bewertung ist Teil des Risikomanagements. Aber zur Beurteilung, ob eine Aktie überbewertet ist, greift das aktuelle oder das für 2017 geschätzte KGV zu kurz. Mit Nestlé kauft man nicht nur den Gewinn von heute, sondern vor allem die Gewinne der nächsten Jahre. Das muss man bei der Bewertungsfrage berücksichtigen.

Wie macht man das konkret? - Wir errechnen die normalisierte Ertragskraft des Geschäftsmodells und extra­polieren diese fünf Jahre in die Zukunft. Dann wenden wir ein Bewertungsmass an, das uns für ein solches Geschäftsmodell fair erschient, und diskontieren den Wert auf heute ab. So schätzen wir einen inneren Wert und stellen sicher, dass wir für eine Aktie nicht zu viel bezahlen.

Gibt es neben dem Basiskonsum noch andere Sektoren, in denen solche Qualitäts­aktien zu finden sind? - Im Gesundheitssektor gibt es geeignete Geschäftsmodelle, aber es muss differenziert werden. Im Pharmabereich ist das ­Risiko gross, dass Medikamentenpreise unter Druck geraten. Davon weniger betroffen sind Unternehmen, die innovativ sind und über ein diversifiziertes Portfolio an speziellen Medikamenten verfügen, so wie Roche. Auch der Bereich Medizinaltechnik ist recht gut vor Preisrisiken geschützt. Zudem investieren wir in Gesundheitsversicherer wie United Health. Im Technologiesektor gibt es unterdessen einige etablierte Unternehmen mit einer dominanten Marktposition, wie Alphabet in den USA oder Tencent in Asien.

Wie gehen Sie mit Bankaktien um? - Einerseits ist das Geschäftsmodell einer Bank extrem zyklisch, andererseits gibt es auch in diesem Sektor Institute mit den wesentlichen Qualitätsmerkmalen. Dazu gehören eine solide Bilanz, eine dicke  Kapitaldecke, ein Top-Management und eine umsichtige Kreditvergabe.

Sie denken wohl an die Schwellenländer. - Nicht nur. Wir halten auch Positionen in Wells Fargo und UBS. In den Schwellenländern gibt es jedoch in der Tat mehr ­attraktive Bankaktien, weil dort auch strukturelles Wachstum vorhanden ist. Ein Beispiel ist HDFC Bank, eine hervor­ragend geführte, nichtstaatliche indische Bank. Dank ihres Kostenvorteils gegenüber den grossen Staatsbanken gewinnt sie laufend Marktanteile, und das in einem Land, in dem die Mehrheit der Erwachsenen noch über kein Bankkonto verfügt.

Was haben UBS und Wells Fargo zu bieten? - Wir sind davon überzeugt, dass UBS sehr gut kapitalisiert ist und über ein starkes globales Vermögensverwaltungsgeschäft verfügt, das auch auf lange Sicht für strukturelles Wachstum stehen wird. Wells Fargo andererseits ist besonders im Retailgeschäft stark. Wir glauben nicht, dass die aktuelle Diskussion in den USA über aggressive Cross-Selling-Methoden und unautorisierte Kontoeröffnungen die Marke nachhaltig beinträchtigen wird.

Emerging Markets könnten unter mehr Protektionismus und Dollarstärke leiden. - Höhere Zinsen und ein stärkerer Dollar haben einen Einfluss, und weniger Welthandel hemmt das Wachstum. Doch es ist längst nicht sicher, ob Trump alles umsetzt, was er angekündigt hat. Ausserdem kaufen wir in den Schwellenländern Valoren von Unternehmen, die trotz Gegenwind laufend Gewinn erzielen. In Mexiko etwa sind wir in Aktien des Getränkekonzerns Femsa und des Niedrigpreishändlers Walmex engangiert. Sie haben eine enorme Preissetzungsmacht und werden ihren Umsatz auch in einem Umfeld mit weniger Wachstum steigern können. Deshalb verkaufen wir nicht. Kaufen würde ich aber auch nicht, so lange sich der Nebel nicht ein wenig gelichtet hat.

Wie gehen Sie mit Währungen um? - Die Währung ist ein Faktor in der Beurteilung eines Geschäftsmodells. Es muss robust genug sein, um einer gewissen Währungsvolatilität standhalten zu können. Auch hier gilt: Der Wechselkurs ist für zyklische Unternehmen bedeutender als für Qualitätsunternehmen. Wir haben aufgehört, das Wechselkursrisiko abzusichern, weil es wenig gebracht hat. Ausserdem kümmern sich unsere Kunden oft selbst um die Währungsallokation.

Seit die Zinsen steigen, ist ein Umschichten von defensiven in zyklischere Sektoren zu beobachten. Beunruhigt Sie das nicht? - Diese Rotation hat uns in den vergangenen Monaten Performance gekostet. Aber keiner weiss, wie lange wir diesen Trend spüren werden. Kurzfristig ist der Markt eine Abstimmungsmaschine, und jetzt wählt die Mehrheit gerade Zykliker und setzt auf mehr Wachstum und Inflation; Aktien, die als Bond-Ersatz dienen, werden dagegen verkauft. Es scheint allen offensichtlich, dass die Steuern gesenkt werden, die Infrastruktur erneuert und die Wirtschaft dereguliert wird und sich dadurch das Wachstum beschleunigt – bis es auf einmal nicht mehr offensichtlich ist.

Täuscht sich der Markt in Trump? - Ich weiss es nicht, und ehrlich gesagt weiss es niemand. Der Markt ist in der ­Regel aber ungeduldig, und irgendwann glaubt er die Story nicht mehr. Dann wollen alle wieder Qualität. Und vergessen Sie nicht, wie viel mit Trump als Präsident schiefgehen kann. Auf einmal müssen wir uns um Risiken kümmern, die bislang nie ein Thema waren, wie etwa einen Konflikt im Südchinesischen Meer oder andere ­diplomatische Krisen.

Doch in der Zwischenzeit leidet Ihre ­relative Performance weiter. - Am Markt wechseln die Modethemen laufend, das kann ab und zu schmerzhaft sein. Aber genau dann muss man diszipliniert bleiben, auch wenn es einem schwer fällt. Das ist der Schlüssel zum langfristigen Anlageerfolg.