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«Das Vertrauen kann nicht noch weiter sinken»

Katrina Dudley: «Europäische Aktien bieten im Vergleich zu US-Titeln grosses Aufholpotenzial.»

Frau Dudley, was spricht für eine Investition in europäische Aktien? - Niemand kauft sie. Vor den Präsidentschaftswahlen in den USA machten Investoren einen Bogen um Europa. Seit der Wahl von Donald Trump haben Anleger ihr Engagement in US-Aktien ausgebaut. Hingegen setzt niemand auf europäische Aktien. Das Geld fliesst weiterhin ab. Die Erwartungen sind sehr niedrig. Das birgt Überraschungspotenzial.

Europäische Unternehmen konnten in den letzten Jahren nur selten überzeugen. - Im Mittel hat der Unternehmensgewinn in Europa das Vorkrisenniveau noch nicht erreicht, der Umsatz hingegen schon. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise gab es immer wieder neue Krisen: in der Ukraine, in Griechenland und zuletzt mit dem Brexit. Das hat belastet. Europäische Aktien bieten im Vergleich zu US-Titeln deshalb grosses Aufholpotenzial.

Nur entwickeln sich europäische Aktien seit Jahren schlechter als ihre US-Pendants. - Vor der Finanzkrise war das nicht immer so. US-Präsident Obama hat viel resoluter auf die Finanzkrise reagiert als die Regierungen in Europa. Die Stimulierung der Wirtschaft hat funktioniert. Europa hat hingegen mit Austerität und Reformen reagiert. Das zahlt sich langsam jedoch aus. Diese Reformen werden für Wachstum sorgen. Beispielsweise wurde in Spanien der Arbeitsmarkt liberalisiert und in Italien das Konkursrecht vereinfacht.

Was braucht es in Europa, damit das Wachstum sich beschleunigt? - Es dürfen keine neuen Schocks auftreten.

Angesichts der politischen Agenda wird dies 2017 schwierig sein. - In Frankreich erwarte ich die Wahl von François Fillon. Das dürfte der Wirtschaft einen Schub geben – ähnlich wie nach der Wahl von Trump in den USA. Dort sind die CEO zuversichtlicher geworden und fangen an, zu investieren. Bei Fillon könnte das auch passieren. Seine marktfreundlichen Reformen wären sicher positiv.

Es könnte auch Marine Le Pen gewinnen. - Sie scheint Unterstützung im Volk zu haben, aber in der Anzahl der Delegierten zeigt sich das nicht. Die Menschen setzen zwar ein Statement, ziehen es aber nicht durch. Zudem hat Fillon ein gutes Regierungsprogramm.

Was erwarten Sie vom Brexit? - Die EU tritt seit dem Brexit sehr einheitlich auf. Sie wird Grossbritannien den Austritt so schwer machen wie möglich. Er wird schwieriger werden, als es die Marktteilnehmer erwarten. Grossbritannien wird mehr darunter leiden als die EU. Zudem gibt es ein Zeitlimit. Der Austritt muss in zwei Jahren durchgeführt werden.

Sind die Wahlen in Deutschland ein Risiko? - Die deutschen Wahlen sind wenig riskant. Grosse Koalitionen gab es immer wieder. Auch eine Bestätigung von Angela Merkel wäre erfreulich. Sie sorgt für Stabilität.

Und dann steigt auch die Zuversicht der Anleger wieder? - Das kann ich nicht sagen. Ich denke aber, dass das Vertrauen nicht noch weiter sinken kann. Im Oktober sagten 22% der Investoren in einer Umfrage, dass sie europäische Aktien mögen.

Das Interesse kann aber auch weiterhin auf niedrigem Niveau verharren. - Das stimmt. Aber die Gefahr von Kursrückschlägen ist gering. Das Gewinnniveau von einigen zyklischen Titeln beispielsweise ist sehr gedrückt, und auch die Bewertungen sind niedrig. Das Abwärtspotenzial ist darum beschränkt. Es kann allerdings dauern, bis diese Titel wieder in Mode kommen. Anleger, die in europäische Aktien investieren, brauchen Geduld und einen langfristigen Anlagehorizont.

Welches sind die attraktivsten Titel? - Philips gefällt mir sehr gut. Das Unternehmen ist im Umbruch und verkauft Teile des Geschäfts. Es will zum reinen Gesundheitsunternehmen werden. Die Bewertung hat sich aber noch nicht angepasst.

Was gefällt Ihnen an Metro, einer Ihrer grössten Positionen? - Das Handelsunternehmen Metro befindet sich ebenfalls in einer Restrukturierung. Die Abspaltung der Elektroniksparten Media Markt und Saturn wurde in die Wege geleitet. Zudem läuft das Geschäft in Russland nicht so schlecht wie befürchtet.

Welche Schweizer Aktien sind attraktiv? - Eine grosse Position im Fonds ist der Baustoffhersteller LafargeHolcim. Ich lege bei Unternehmen viel Wert auf den Cashflow, die Kosten und die Kapitalrentabilität. Genau bei diesen Kriterien punktet LafargeHolcim. Zudem bin ich zuversichtlich, dass sie die Ziele erreichen wird, während der Markt daran zweifelt.

Welche anderen Schweizer Aktien halten Sie im Portfolio? - Ausser LafargeHolcim mögen wir auch das Pharmaunternehmen Novartis und den Reisedetailhändler Dufry, der noch von wenigen Analysten abgedeckt wird. Zudem litten die Aktien von Dufry unter der schwachen Entwicklung in Schwellenländern wie Brasilien. Dort gibt es unterdessen aber Zeichen der Stabilisierung.

Dufry fällt seit Jahren mit ihrem adjustierten Gewinn auf. Das erschwert die Bewertung anhand des Kurs-Gewinn-Verhältnisses. Wie bewerten Sie das Unternehmen? - Wir schauen auf den Cashflow je Aktie, denn damit zahlen Unternehmen die Rechnungen. Wir fokussieren auf den freien Cashflow, also den operativen Geldfluss abzüglich der Investitionen in Anlagen. Er ist viel schwieriger zu manipulieren als der Gewinn. Dadurch ist er über die Zeit auch vergleichbar.

Welche Schweizer Aktien sind zu teuer? - Nestlé sind überbewertet. Der Nahrungsmittelhersteller ist ein sehr gutes Unternehmen, die Titel sind aber zu teuer. Dies schränkt das Potenzial ein. Die Aktien können nur noch durch Gewinnwachstum steigen und nicht durch eine Bewertungsexpansion.

Gibt es Sektoren, die Sie besonders attraktiv finden? - Wir wählen Unternehmen aus und suchen nicht die aktive Gewichtung von Sektoren. Wir finden derzeit aber viele attraktive Industrieaktien wie Philips und ThyssenKrupp.

Welche Sektoren werden 2017 den grössten Gewinnbeitrag liefern? - Unternehmen aus dem Bereich Energie und Rohstoffe. Sie haben grosse Sparprogramme durchgeführt, und die Preise für Rohstoffe sind wieder gestiegen.

Ist es einfacher geworden, in Europa attraktive Aktien zu finden? - Definitiv. Erstens gibt es innerhalb der Sektoren grössere Unterschiede in Bezug auf die Bewertung. Zweitens hat der Trend zu passiven Anlagen geholfen. Dadurch ist die allgemeine Liquidität gesunken und die Volatilität gestiegen. Unerwartete Ereignisse wie der Abgang eines CEO haben deshalb eine höhere Volatilität zur Folge. Aktive Anleger können reagieren, passive Investoren müssen hingegen abwarten.

Dauert der Trend zu passiven Anlagen an? - Ich glaube, der Trend wird schwächer, denn er führt dazu, dass Geld in hoch bewertete Wachstumstitel gesteckt wird. Mittlerweile realisieren Anleger, dass sie mit passiven Produkten ein Übergewicht in Wachstumswerten haben.