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«Es gibt keine grossen Goldfunde mehr»

«Wir wissen nicht, wie wir die bestehenden Vorkommen ersetzen sollen.»

Wenige können im Goldsektor mehr Erfolg ausweisen als Pierre Lassonde. Der zuweilen etwas extravagante Kanadier hat Anfang der Achtzigerjahre mit der Gründung von Franco-Nevada ein ganz neues Geschäftsmodell in der Minenindustrie etabliert. Im Gegensatz zu typischen Förderkonzernen betreibt die Gruppe mit Sitz in Toronto keine eigenen Bergbauanlagen, sondern investiert in Lizenzen von Edelmetallvorkommen. Investoren hat diese Strategie in den vergangenen Jahren sehr hohe Renditen eingebracht. Lassonde gibt jedoch zu bedenken, dass heute kaum noch grössere Vorkommen entdeckt werden. Er sieht in US-Präsident Donald Trump einen wichtigen Treiber für den Goldpreis und misst dem gelben Edelmetall künftig bessere Chancen zu als Aktien.

Herr Lassonde, nach einigen schwierigen Jahren ist das Interesse an Gold neu erwacht. Wie geht es jetzt weiter? - Der Goldpreis wird derzeit primär von Finanzakteuren am Terminmarkt bestimmt. Im physischen Handel hingegen ist die Nachfrage weniger robust. Das spüren auch die grossen Raffinerien in der Schweiz. Noch vor anderthalb Jahren wurden ihnen frisch gegossene Goldbarren praktisch aus den Händen gerissen. Heute hingegen haben sie weniger viel zu tun.

Was ist der Grund dafür? - Die Nachfrage am Terminmarkt wird von der Unsicherheit um geopolitische Risiken wie die Spannungen zwischen Amerika und Nordkorea getrieben. Ein wesentlicher Grund dafür ist Donald Trump. Ich pflege zwar keine persönliche Beziehung zu ihm, kenne ihn aber ein wenig. Als er zum Präsidenten der USA gewählt wurde, war mir sofort klar, dass seine Unberechenbarkeit die amerikanische Regierung einschränken wird.

Was hat das mit Gold zu tun? - Wer hätte gedacht, dass ein Präsident der Vereinigten Staaten solche haarsträubenden Aussagen machen würde? So kann man ein Land nicht führen. Gold profitiert von dieser beunruhigenden Entwicklung. Zudem schwächt das Chaos in Washington den Dollar. Auch das stützt den Goldpreis, hat er doch ein enges Verhältnis zur US-Valuta. Gold ist gewissermassen der Anti-Dollar: Ist der Dollar schwach, tendiert Gold fester und umgekehrt.

Wie entwickelt sich der Preis also weiter? - Er wird sich bis Ende Jahr wohl zwischen 1250 und 1350 $ pro Unze bewegen und nächstes Jahr auf 1300 bis 1400 $ steigen. Damit eine neue Goldhausse aber richtig in Gang kommt, braucht es Inflation. Bislang ist davon wenig zu sehen, obwohl die Zentralbanken das System mit Liquidität geflutet haben. Das könnte sich bald ändern. Nach den schweren Zerstörungen durch die Hurrikane «Harvey» und «Irma» braucht es in den USA enorme Reparaturarbeiten, was die Teuerung endlich etwas in Bewegung bringen könnte. Impulse dürften auch aus Europa kommen, wo die Wirtschaft an Fahrt gewinnt.

Was heisst das für die Minenindustrie? - Zum aktuellen Goldpreis läuft es unserer Branche gut. Wer auf dem Niveau um 1300 $ pro Unze kein Geld verdient, ist im falschen Geschäft. Als Gold Ende 2015 auf 1000 $ sank, waren die meisten Konzerne zu fett. Seither hat die Industrie drastisch abgespeckt: Es kam zum Abbau von Stellen, zu Restrukturierungen und zu Zusammenschlüssen. Viele kleinere Gesellschaften haben diesen Prozess nicht überlebt.

Wo sehen Sie nun die grössten Chancen und Herausforderungen für die Branche? - Die Produktion ist rückläufig, was dem Goldpreis auf mittlere Sicht gewaltig Auftrieb geben wird. Von den Siebziger- bis in die Neunzigerjahre ist jedes Jahrzehnt mindestens ein Vorkommen von rund 50 Mio. Unzen Gold entdeckt worden. Hinzu kamen jeweils gut zehn Funde im Umfang von 30 Mio. Unzen sowie unzählige kleinere Entdeckungen. Das hat sich grundlegend geändert. Es gibt keine grossen Goldfunde mehr. Wir wissen deshalb nicht, wie wir die bestehenden Vorkommen ersetzen sollen.

Woran liegt das? - Die Branche hat zu wenig in die Suche nach neuen Ressourcen und in den Ausbau bestehender Förderanlagen investiert. Das gilt ebenso für die Forschung und Entwicklung neuer Technologien. Bis eine Goldmine vollständig in Betrieb gehen kann, braucht es rund sieben Jahre. Die Produktion wird daher in den kommenden Jahren zurückgehen, gleichgültig, was der Goldpreis macht.

Weshalb wurde nicht mehr investiert? - Es musste überall gespart werden. Zudem hat der Boom im Bereich von Exchange Traded Funds den Kapitalmarkt verändert. Einer Gesellschaft, deren Aktien in einem ETF enthalten sind, ergeht es wie einem auserkorenen Sohn. Der Rest hingegen wird wie Waisenkinder behandelt.

Was hat das für Konsequenzen? - In unserem Geschäft braucht es zwei Grundvoraussetzungen für Erfolg: Geld und Zeit. Wer aber nicht zu den wenigen Auserkorenen eines ETF gehört, wird marginalisiert. Das hat gravierende Folgen: Rund die Hälfte aller Vorkommen wird von Juniorgesellschaften entdeckt, die auf die Exploration spezialisiert sind. Firmen aus diesem Segment haben in den letzten zehn Jahren jedoch kaum mehr Mittel erhalten. Entsprechend wird weniger Gold gefunden.

Wie geht Franco-Nevada mit diesen Herausforderungen um? - Die Minenindustrie ist abgesehen vom Öl- und Gassektor die einzige Branche, in der man mit einer einzigen Bohrung ein Vermögen von 1 Mrd. $ erschaffen kann. Franco-Nevada ist das bereits drei Mal gelungen, weshalb man mir auch «Lucky Pierre» sagt.

Was braucht es demnach ausser Glück, um einen solchen Volltreffer zu landen? - Dazu gibt es ein uraltes Bonmot: Der beste Ort, um Gold zu finden, ist in der Nähe einer Goldmine. Es lohnt sich daher, den Strukturen zu folgen, die Mutter Natur kreiert hat. Genau das macht Franco-Nevada. Als wir das Unternehmen 2007 von Newmont Mining zurückgekauft und wieder an die Börse gebracht haben, zahlten wir 1,2 Mrd. $ für 17 Mio. Unzen an gesicherten Vorkommen sowie 20 Mio. Unzen an potenziellen Ressourcen. Seither haben wir 17 Mio. Unzen gefördert, verfügen über 29 Mio. Unzen an Vorkommen sowie 30 Mio. Unzen an Ressourcen.

Grosse Goldadern befinden sich oft in Staaten mit schwieriger Rechtslage. Wie handhabt Franco-Nevada dieses Risiko? - Der Bergbau ist ein leichtes Opfer für Regierungen, denn eine Mine lässt sich nicht einfach an einen anderen Ort verlagern. Ist das Kapital einmal investiert, steckt man fest. Damit mussten wir aber schon immer leben. In den Sechziger- und Siebzigerjahren etwa nationalisierte Chile sämtliche Kupferminen. In Peru gab es ähnliche Tendenzen. In Afrika wurde praktisch alles verstaatlicht, was dann natürlich zum völligen Desaster führte.

Welche Länder sind derzeit punkto Ressourcennationalismus am heikelsten? - Brasilien zum Beispiel, speziell, was das Steuergesetz betrifft. Auch Peru war wie gesagt schon immer etwas heikel. Als ich in der Konzernleitung von Newmont war, hatten wir allerdings nie Schwierigkeiten, unsere Dividenden aus dem Land zu transferieren. Ein vielversprechendes Comeback macht derweil Argentinien. Dort waren die Rahmenbedingungen in den Neunzigerjahren ausgezeichnet, worauf sie sich erheblich verschlechterten.

Was heisst das in Sachen Strategie? - Franco-Nevada limitiert das Engagement in jedem Land auf maximal 10 bis 15% des Portfolios. Dabei entscheiden wir von Fall zu Fall. So sind wir auch in Ghana investiert, was sich als «Afrika für Anfänger» bezeichne. Das Gesetz basiert dort auf angelsächsischem Recht und die meisten Mitglieder der Landesführung haben eine Ausbildung in Grossbritannien genossen.

Welche Rolle spielt Kanada? - Kanada wird im Bergbau immer eine Schlüsselrolle zukommen. Das, weil es nach Russland über die zweitgrösste Landmasse verfügt. Zudem ist Kanada eine stabile Demokratie, und unsere Universitäten offerieren die besten Ausbildungsprogramme in der Branche. Auch gibt es strenge Auflagen, was den Umweltschutz und die Rechte von Ureinwohnern betrifft. Ein Minenkonzern, der es in Kanada zu Erfolg bringt, kann deshalb überall auf der Welt Rohstoffe fördern.

Was würden Sie Investoren raten, die sich für Gold interessieren? - Das kommt darauf an. Über die letzten hundert Jahre gab es immer wieder Phasen, in denen Aktien besser liefen als Gold. In anderen Perioden hingegen war Gold viel einträglicher.

In welcher Phase sind wir heute? - Einen guten Anhaltspunkt dafür liefert das Verhältnis zwischen dem Dow Jones und dem Goldpreis. Der Dow repräsentiert dabei Finanzanlagen generell, während Gold als Symbol für reale Vermögenswerte steht. Auf dem Top der Börsenhausse im Jahr 1966 beispielsweise waren Aktien so teuer, dass es fast 28 Einheiten Gold brauchte, um eine Einheit des Dow Jones zu kaufen. Dann drehte der Trend, worauf das Verhältnis auf 1:1 sank. Ein ähnlicher Zyklus spielte sich nach dem Crash von 1929 in den Dreissigerjahren ab, als die Ratio fast ebenso tief fiel.

Und was heisst auf heute bezogen? - Derzeit bewegt sich der Dow über 22 000, während Gold auf 1300 $ notiert. Daraus resultiert eine Ratio von fast 18:1, wobei der Trend jetzt erneut zu drehen scheint. Sinkt das Verhältnis in diesem Zyklus in die Nähe von 1:1, würde das einen enormen Schub für den Goldpreis bedeuten. Doch darauf ist kaum jemand vorbereitet. Die Zukunft kennt freilich niemand. Fakt ist aber, dass es seit 1900 schon zweimal zu einer solchen Konstellation kam. Deshalb würde ich heute lieber etwas mehr Gold als Aktien für mein Portfolio kaufen.

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