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Digitale Wirtschaft verändert das Steuersystem

Mangels spezifischer Besteuerungs- und Bewertungskriterien werden die geltenden internationalen Fiskalgrundsätze einer digitalen, global vernetzten Wirtschaft nicht mehr gerecht. Während erste Länder neue Besteuerungsmodelle anwenden, arbeiten OECD und EU an den Regeln für die Zukunft. Diese Entwicklungen sind auch für die Schweiz von grosser Bedeutung.

Vor dem Zeitalter der Digitalisierung war es für Unternehmen nur möglich, Umsatz mit Kunden eines Landes zu erwirtschaften, wenn eine physische Präsenz im jeweiligen Land gegeben war. Dies erforderte entweder die Gründung einer eigenen Gesellschaft bzw. Betriebsstätte oder die Zusammenarbeit mit einem unabhängigen Geschäftspartner im jeweiligen Land. Diese lokale Präsenz erlaubte die Besteuerung des entsprechenden Anteils an der gesamten Wertschöpfung (und somit am Gewinn) durch das jeweilige Land.

Neue Geschäftsmodelle

Im Zuge der Digitalisierung gewannen in den letzten Jahren Unternehmen an Bedeutung, deren Geschäftsmodell sich von den traditionellen Wirtschaftsbereichen fundamental unterscheidet. So erfordern die Entwicklung und die Verwertung ihrer digitalen Produkte und Dienstleistungen keine unmittelbare physische Präsenz in den jeweiligen Märkten mehr. Die Funktionen und somit auch der Ertrag einer digitalen Wertschöpfungskette können flexibel gebündelt und an Standorten angesiedelt werden, die für die Wertschöpfung die optimalen Voraussetzungen bieten.

Gemäss internationalen Vereinbarungen wird der Gewinn von Unternehmen dort besteuert, wo die Wertschöpfung durch eine physische Präsenz generiert wird. In der digitalen Wirtschaft führen diese Besteuerungsmodalitäten zu einer Verteilung von Fiskaleinnahmen, deren Angemessenheit zunehmend durch diejenigen Länder beanstandet wird, die im Standortwettbewerb der digitalen Wirtschaft nicht mithalten können und auf die Erschliessung zusätzlicher Fiskalquellen angewiesen sind.

Neue Formen der Besteuerung der digitalen Wirtschaft sind bereits Realität. In den vergangenen Jahren haben verschiedene Länder begonnen, Unternehmen der digitalen Wirtschaft mit unilateralen Massnahmen ungeachtet der physischen Präsenz zu besteuern. Typischerweise geschieht dies über die Besteuerung des lokal erzielten Umsatzes (mit einem Steuersatz von bis zu 10%) oder über eine Gewinnbesteuerung (gestützt auf eine «virtuelle Betriebsstätte»).

Problematisch bei diesen neuen Ansätzen ist, dass sie in der Regel durch die bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen nicht abgedeckt sind. Zudem wird im Fall der Besteuerung des lokal erzielten Umsatzes die tatsächliche Profitabilität des Unternehmens ausser Acht gelassen. Damit sind Konflikte und Aufwand für die besteuerten Gesellschaften programmiert. Ohne ein koordiniertes Vorgehen und einen internationalen Konsens über die Besteuerung der digitalen Wirtschaft sind handelspolitische Konflikte zwischen Ländern sowie die Doppelbesteuerung von Unternehmen mit entsprechenden Risiken für die internationale Wirtschaft unausweichlich. Eine umfassendere und einheitliche Lösung ist somit dringend nötig.

Die OECD erarbeitet zurzeit Vorschläge für die multilaterale Besteuerung der digitalen Wirtschaft. Sie umfassen mitunter neue Massnahmen wie die Besteuerung virtueller Betriebsstätten oder die Erhebung einer Ausgleichsabgabe auf dem Umsatz von digitalen Unternehmen. Abschliessende Empfehlungen werden bereits für 2019 erwartet.

In Anlehnung an den OECD-Entwurf hat die EU-Kommission erst kürzlich, am 21. März, einen Entwurf zu «Richtlinien zur Besteuerung einer digitalen Wirtschaft» publiziert. Nach Auffassung der EU-Kommission findet die Wertschöpfung von digitalen Unternehmen dort statt, wo die Interaktion mit Kunden vonstattengeht und wo diese die Daten zur Verfügung stellen. Sie stützt die Besteuerung damit stark auf die Tatsache, dass viele der betroffenen Unternehmen ihren Umsatz unter Verwendung der Daten ihrer Kunden erzielen.

Der Gewinn, den eine Gesellschaft im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates erwirtschaftet, soll in Zukunft daher auch ohne physische Präsenz bei Vorliegen einer virtuellen Betriebsstätte besteuert werden können. Dieser Vorschlag wird begleitet von einer Empfehlung an die EU-Mitgliedstaaten, ihre mit Drittländern wie beispielsweise der Schweiz geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen dergestalt anzupassen, dass für Unternehmen aus der EU wie auch solche aus Drittländern dieselben Vorschriften gelten.

Im Sinne einer Übergangslösung strebt die EU-Kommission ungeachtet der erwirtschafteten Gewinne eine Besteuerung des Umsatzes aus digitalen Tätigkeiten zu einem Steuersatz von 3% an. Einzelne Mitgliedstaaten wie Frankreich, Spanien oder Italien prüfen bereits die Einführung einer solchen Steuer über unilaterale Massnahmen.

Diese Dynamik wird dadurch verstärkt, dass sich digitale und reale Wirtschaft immer weniger unterscheiden lassen. Man denke nur an Trends wie das Internet der Dinge oder an Produktionsmaschinen, deren Betriebsdaten durch den Hersteller laufend gesammelt werden, um dem gesamten Kundenstamm einen gezielteren und verlässlicheren Unterhalt ermöglichen zu können.

Proaktives Vorgehen

Die Schweiz ist ein attraktiver Standort für internationale Unternehmen mit international zentralisierten Geschäftsmodellen. Zudem sind viele Schweizer Gesellschaften exportorientiert. Die laufenden Entwicklungen hinsichtlich der Besteuerung einer zunehmend digitalen Wirtschaft sind aufgrund ihrer globalen Verflechtung somit auch für die Schweiz von grosser Bedeutung.

Standortfaktoren wie Datensicherheit, massvolle Regulierung, sichere und leistungsfähige Datenleitungen, aber auch der Arbeitsmarkt werden weiter an Bedeutung gewinnen. Unternehmen müssen die internationalen Entwicklungen im Steuerrecht im Rahmen der strategischen Planung berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund wäre ein proaktives Vorgehen der Schweiz zu begrüssen, das ihre Standortattraktivität in der digitalen Wirtschaft weiter stärkt und sicherstellt, dass digitale Unternehmen auch in der Schweiz einen ihrer Wertschöpfung angemessenen Beitrag zu den öffentlichen Einnahmen leisten.