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Der Rückzug der Globalisten

Er steht für salonfähig gewordene Globalisierungskritik. Ian Bremmer. Foto: Dirk Eusterbrock (Wikipedia)

Es ist erstaunlich, wie stark sich der Globalisierungsdiskurs seit der Wahl Trumps geändert hat. Vor November 2016 wurden Stimmen, die auf die Schattenseiten der Globalisierung hinwiesen, von der politischen Mitte kaum ernst genommen. Heute gehört es fast schon zum guten Ton, sich kritisch über die Globalisierung zu äussern.

Ein untrügliches Zeichen für die intellektuelle Zeitenwende ist das neue Buch «Us vs. Them: The Failure of Globalism» von Ian Bremmer, dem Gründer und Präsidenten der Euroasia Group . Denn Bremmers Geschäftsmodell beruht darauf, dass er immer und überall eingeladen wird, an Kongresse, wichtige Privattreffen und in die Medien. Nur wenn er dauernd im Gespräch ist, erhält er Beratungsaufträge von Regierungen und Konzernen. Bisher hat es sehr gut funktioniert. So wurde Bremmer von Linkedin zum #1 Top Influencer im Jahr 2017 erkoren.

Es geht nur noch um Digitalisierung

Wenn also einer wie Bremmer nun globalisierungskritische Töne anschlägt, dann hat die Stimmung definitiv umgeschlagen. Die Grundthese des Buches ist nicht überraschend. Brexit, die Wahl Trumps, der Aufstieg der AfD und der Zerfall der Mitteparteien in Italien sind zurückzuführen auf die Vernachlässigung der Interessen der Einheimischen, die nicht zu den Gewinnern der Globalisierung gehören. Es ist, was die sogenannten populistischen Parteien seit Jahren wissen und politisch bewirtschaften. Aber Bremmer hat diese Interpretation nun eingängig und populär gemacht. Sein Buch figurierte kurz nach Erscheinen bereits auf der «New York Times»-Bestsellerliste.

Hier ist ein Video, in dem Bremmer seine These erläutert – wie immer eloquent und überzeugend. Die beiden Interviewer liegen ihm zu Füssen.

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Dass sich die Zeiten geändert haben, zeigt sich auch daran, dass die Globalisten kaum mehr von Globalisierung, dafür umso mehr von Digitalisierung sprechen. Im Kern geht es um dieselbe Botschaft: Es ist zwecklos, dass wir uns gegen die grossen wirtschaftlichen Trends zu wehren versuchen, denn sie sind naturwüchsig und nicht politisch verhandelbar. Jetzt, wo man plötzlich gemerkt hat, dass die Globalisierung politisch durchaus verhandelbar ist, weicht man auf vermeintliche technische Sachzwänge aus. Irgendwann wird allerdings auch diese Argumentation an ihre Grenzen stossen. Erste Anzeichen, etwa in Form von heftiger Kritik an der Monopolstellung von Google und Facebook, sind bereits zu erkennen.

Dass die Beurteilung der Globalisierung differenzierter geworden ist, lässt hoffen. Die Gefahr besteht allerdings, dass die Anerkennung der Schattenseiten nur rhetorisch erfolgt, denn bisher haben die etablierten Parteien kaum etwas unternommen, um ihre verärgerten Wählerinnen und Wähler zurückzuholen. Sie beschränken sich auf die Verteidigung des Bestehenden und hoffen auf bessere Zeiten.