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«Die Währung des Jahres heisst ganz klar Euro»

«Dollar und Franken werden erst wieder Spitzenplätze erreichen, wenn die Weltwirtschaft in Richtung Rezession marschiert»: Thomas Flury.

Herr Flury, der Handelskonflikt zwischen den USA und ihren Handelspartnern droht zu eskalieren. Wo liegt die grösste Gefahr, worauf stellen Sie sich als Währungsexperte ein? - Wir rechnen mit viel Gebrüll, aber wenig messbaren Ergebnissen. Einer Entwicklung hin zu einem Handelskrieg geben wir bislang eine kleine Chance. Sollte er dennoch eintreten, dürfte die US-Notenbank ihre Geldpolitik lockern, um negative Wachstumsimpulse abzuschwächen.

Wie würde das auf den Dollar abfärben? - Wir rechnen eher mit einem schwächeren Dollar, weil das Fed seine Politik lockern müsste. Beim Treffen der G-20-Finanzminister letzte Woche gab es Zeichen, dass Europa und China im Krisenfall zusammenarbeiten werden. Dann würden die USA die grössten Wachstumseinbussen erfahren.

Wie stark drückt die angespannte globale Handelspolitik jetzt schon auf die Devisenkurse? - Zurzeit sind die Auswirkungen gering. Die Währungen von kleineren Ländern wie Kanada, Mexiko oder Südkorea sind unter Druck gekommen, doch ansonsten ist es ziemlich ruhig.

Ab welcher Eskalationsstufe würden Sie von einem Handelskrieg sprechen? - Es gibt keine saubere Definition. Ich würde die Grenze dort setzen, wo der Einbruch von Wachstum und Exporten statistisch messbar wird.

Wer ginge aus dieser Situation als Sieger hervor, sofern man überhaupt von Siegern sprechen kann? - Die Sieger sind bestenfalls einzelne geschützte Interessengruppen, wie die Stahlproduzenten in den USA oder die Schweinezüchter in China. Ansonsten müssen normalerweise die Konsumenten auf beiden Seiten mit Einbussen rechnen.

Was hiesse das für den Devisenmarkt, wie würden sich die Währungsrelationen bei einer weiteren Eskalation verändern? - Es wurde in der Vergangenheit viel spekuliert, dass der Dollar mit der Einführung der Zölle stärker würde. Das würde der ökonomischen Handelstheorie entsprechen und hat sich auch zum kanadischen Dollar oder zum mexikanischen Peso so gezeigt. Wenn die Zölle aber gegen ein grosses Land gerichtet werden, das sich gleichzeitig als wichtiger Kreditgeber und Investor für die USA engagiert, ist das Resultat nicht so eindeutig. Wir rechnen eher mit einem schwächeren Dollar, weil der Kapitalfluss negativ betroffen ist.

Was würde mit der US-Währung geschehen, falls China als Gegenreaktion begänne, seinen hohen Bestand an US-Staatspapieren zu reduzieren? - Wenn China sein Kaufprogramm für Treasuries zurückfährt oder sogar aktiv US-Anleihen verkauft, wird der Dollar schwächer. Werden die Interventionen insgesamt zurückgefahren, so wertet sich der Renminbi auf, was ich als Eigentor der Chinesen bezeichnen würde. Falls das Fremdwährungsportfolio umgeschichtet wird, werten sich der Euro, der Yen und andere sichere Währungen auf. Wir glauben nicht, dass China diese Provokation gegenüber potenziellen Verbündeten im Handelsstreit mit den USA lostreten möchte.

Nach der Zinserhöhung des Fed von vergangener Woche hat der Zinsvorsprung der USA nochmals zugenommen. Sticht das Zinsargument nicht mehr? Weshalb entwickeln sich Euro und Franken besser als der Dollar? - Die Zinsdifferenz zieht schon. Denn im aktuellen Umfeld mit Rekordwerten bei Geschäftsgang, Wachstum und Exporten  amerikanischer Unternehmen wäre der Euro eigentlich stark überbewertet zum Dollar und zum Franken. Die hohe Zinsdifferenz hilft, eine noch schnellere Aufwertung des Euros zu verhindern.

Sollte der Euro fest bleiben, mehren sich vor allem bei Exportweltmeister Deutschland die Sorgenfalten. Kann respektive wird die Europäische Zentralbank intervenieren, um den Eurokurs zu schwächen? - Ich glaube, das europäische Wachstum ist heute so stabil, dass die EZB nicht auf jede Sorgenfalte reagieren muss.

Mit dem Pfund steht ein anderer europäischer Wert unter Beobachtung. Der Brexit zieht sich in die Länge, zum Vor- oder zum Nachteil der britischen Währung? - Wir sind ins Pfund investiert und finanzieren diese Position mit Franken. Das hat sich bislang sehr gut ausgezahlt. Das Pfund ist immer noch sehr günstig bewertet, und die Brexit-Verhandlungen zeigen bisher die von uns erwarteten Erfolge.

Welche Währung ist in diesem Jahr die stärkste: Euro, Dollar oder Franken? - Dieses Jahr ist es klar der Euro. Die anderen beiden Währungen werden erst wieder Spitzenplätze erreichen, wenn die Weltwirtschaft in Richtung Rezession marschiert.

Wie bewerten Sie den Yen? - Der Yen hat natürlich grosses Aufwärtspotenzial. Abenomics hat die Währung massiv geschwächt. Eine ganz grosse Aufwertung kommt unseres Erachtens aber nur bei einem Politikwechsel in Japan oder bei einer globalen Krise in Frage. Mit beidem rechnen wir derzeit nicht.

Zum Franken: Was, ausser einem Handelskrieg, könnte zu einer neuen Fluchtbewegung in die Schweizer Währung führen, und was würde ein wieder stärkerer Franken für die Nationalbank bedeuten? Noch mehr Fremdwährungen kaufen? - Ein Wachstumseinbruch in Europa wäre eine Herausforderung. Neue Institutionen zur Krisenbewältigung wie eine Bankenunion oder ein Europäischer Währungsfonds sind in Vorbereitung. Solange sie nicht stehen, sind Europa und der Euro nicht krisenfest.

Wie lange kann sich die Schweiz die im Vergleich zur Wirtschaftsleistung stärker noch als in anderen Ländern aufgeblähte Notenbankbilanz leisten? Zieht das keine Risiken nach sich? - Das Verhältnis der Notenbankbilanz zum Bruttoinlandprodukt der Schweiz mag spektakulär erscheinen. Aber genauso verhält es sich auch mit unserem Aktienmarkt, der etwa gleich gross ist wie der deutsche. Andere kleine Länder mit einer grossen Finanzindustrie, zum Beispiel Singapur oder Hongkong, erreichen in der Notenbankbilanz ähnlich spektakuläre Verhältnisse wie die Schweiz. Meines Erachtens kann man die Schweiz nicht mit den USA oder mit der Eurozone vergleichen, wenn es um das Verhältnis der Notenbankbilanz zum Bruttoinlandprodukt geht.

Die SNB-Bilanz zu reduzieren, hiesse, Fremdwährungen gegen Franken zu verkaufen. Der Franken würde dadurch stärker statt schwächer. Welchen Ausweg hat die Nationalbank, um zu normaleren Verhältnissen zurückzukehren? - Die Schweiz ist im Vergleich zu den USA oder der Eurozone in einer komfortablen Situation, weil sie ihre Reserven in Fremdwährung hält. Sollte die Inflation unsere Wirtschaft belasten, verkauft die SNB Fremdwährungsanleihen. So stärkt sie den Franken und dämmt damit die Inflation ein, ohne die Schweizer Zinsen direkt zu beeinflussen. Verkaufen hingegen das Fed oder die EZB ihre Anleihen in einer inflationären Unsicherheit, riskieren sie einen extremen Anstieg der zehnjährigen Renditen.

Welche Wechselkurse sagt die Zwölfmonatsprognose der UBS aus? - Den Euro sehen wir in zwölf Monaten von aktuell 1.17 auf 1.22 Fr./€ steigen, knapp über Kaufkraftparität von 1.21 Fr./€. Der Dollar wird sich auf 0.94 Fr. kaum verändern. Für das Pfund prognostizieren wir einen Wechselkurs von 1.39 Fr., gegenwärtig sind es 1.34 Fr./£.

Was glauben Sie, bei welchem Währungspaar drängt sich im weiteren Jahresverlauf am ehesten eine Korrektur der Prognose auf? Was haben Sie besonders im Blickfeld? - Der Yen könnte sich sehr plötzlich aufwerten, wenn es zu einem Politikerwechsel in Japan kommt. Beim Pfund sehen wir wie erwähnt ebenfalls Aufwertungspotenzial. Was bei einem Wechselkurs von 1.20 Fr./€ werden wird, ist ebenfalls spannend.

Was würde passieren? Dass die Nationalbank die Negativzinsen aufhebt? - Wir rechnen tatsächlich mit einer kleinen Zinserhöhung von –0,75 auf –0,5% im vierten Quartal, aber nur, falls sich der Wechselkurs bei 1.20 Fr./€ stabilisiert  und die EZB das Ende der Anleihenkäufe bekannt gegeben hat. Eine Nullzinspolitik halten wir für unmöglich, solange die EZB noch mit Minuszinsen hantiert. Da würde ein massiver Aufwertungsschock drohen.

Hat das Devisenstrategieteam der UBS auch Kryptowährungen auf dem Radar? Wie urteilen Sie über den Bitcoin: Spekulations- oder neue Anlagewährung? - Kryptowährungen gehören aus regulatorischen Gründen nicht in unser Anlageuniversum. Zudem ist die Marktkapitalisierung für unseren Anlagebedarf zu klein und die Volatilität für eine vernünftige Strategiebildung zu hoch.