Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Chinas Unternehmen auf West-Kurs

Die Skyline des Finanzzentrum in Shanghai.

Die Übernahme des Saatgutherstellers Syngenta durch ChemChina ist nur ein weiteres Zeichen einer langfristigen Entwicklung: Chinesische Unternehmen wollen auf Augenhöhe mit dem Westen agieren. Ihre Investitionen im Westen wachsen, gemäss dem Informationsdienst Mergermarket haben chinesische Käufer dieses Jahr schon über 170 westliche Firmen übernommen. Der Umfang beträgt rekordhohe 130 Mrd. $.

Doch dabei helfen nicht nur Übernahmen. Die Unternehmen aus dem Reich der Mitte setzen ebenso auf Digitalisierung, Innovation und die globale Aufstellung ihrer Marke. Das zeigte die Konferenz Horasis China-Meeting in Interlaken vergangene Woche. FuW ist Medienpartner der Konferenz.

Durch das Freihandelsabkommen mit China ist die Schweiz zu einem der wichtigsten Ziele chinesischer Investitionen und Transaktionen geworden: «Über achtzig chinesische Unternehmen sind in der Schweiz schon aktiv, und mehr sind interessiert», sagt Frank-Jürgen Richter. Er hat als Chef der Organisation Horasis die Konferenz veranstaltet. «Akquisitionen bieten für chinesische Investoren einen schnellen Zugang zur Logistik und zum Finanzwesen, das in der Schweiz lange schon etabliert ist», resümiert Richter.

Qualität ist wichtiger Aspekt

Chinesische Marken können in Europa erfolgreich sein. Davon zeigt sich Daniel Meyer überzeugt, er ist Schweiz-Vorsitzender von SwissCham, der schweizerisch-chinesischen Handelskammer in China. Mit seinem Zürcher Unternehmen The Go Corporation hat er für einen chinesischen Elektrofahrradhersteller den Vertrieb in Europa aufgebaut. Mit grosser Sorgfalt hat er einen chinesischen Partner ausgewählt, um ihn beim West-Kurs zu unterstützen: «Für uns war eine hohe Qualität der Produkte sehr wichtig», sagt Meyer.

Warum sollten chinesische Unternehmen eigentlich international expandieren? Charles Tang von der brasilianisch-chinesischen Handelskammer meint: «Die chinesische Industrie hat Überschusskapazität» – muss also neue Kunden auf dem internationalen Markt suchen, um ausgelastet zu sein.

Zu hohe Produktionskapazität

Diese Überschusskapazität folgt aus dem hohen, investitionsabhängigen Wachstum in China. Die Grossindustrie ist immer noch für einen grossen Teil der Expansion der chinesischen Wirtschaft verantwortlich. Experten fordern schon lange ein Rebalancing – die Wachstumsquelle soll von Investitionen auf den Konsum verlagert werden.

Doch in China ist der Konsum noch gering im Verhältnis zu den Investitionen. Das ist die Folge der hohen Sparquote, erklärt William Haseltine, Chef der Denkfabrik Access Health International. Er plädiert dafür, die Renten- und die Gesundheitsversicherung in China zu verbessern. «Nur wenn man nicht mehr mit eigenen Ersparnissen für Rente und Krankheitsfall vorsorgen muss, kann man mehr konsumieren.»

Bei Elektroautos führend, bei Flugzeugen nicht

Dass die Industrie in China weltweit mithalten kann, zeigt die Autoindustrie. Cai Suping, stellvertretender Chef des Daimler-Partners Beijing Automotive Group, hält fest: «Im Bereich elektrischer Autos setzt China weltweit das Tempo.» Ausländische Autohersteller wurden aufgeschreckt, als die Regierung von Autoherstellern 10% Elektroautos gefordert hatte. Daimler wird nun in der Volksrepublik fünf Typen reiner Elektroautos einführen.

Doch wo hapert es noch an Innovationen? Der Technologieinvestor Stacy Kenworthy erklärt: «Wenn es um extrem komplexe Prozesse wie die Fertigung von Flugzeugen geht, hinkt China noch hinterher.» Dagegen zeigten sich chinesische Unternehmen besonders stark, wenn innovative Geschäftsmodelle mit grossen Kapitalinvestitionen verbunden seien.

Peking fördert strategisch wichtige Industrien

Während aus China heraus internationale Marken etabliert werden sollen, werde hingegen der Zugang für ausländische Unternehmen zum chinesischen Markt nicht einfacher. Das sagt Jürgen Kracht, CEO des Beratungsunternehmens Fiducia mit Sitz in Hongkong. Er betreut westliche Gesellschaften, die in China expandieren wollen. Kracht beobachtet: «Der Wind hat gedreht.»

«Ausländische Unternehmen werden bei öffentlichen Ausschreibungen nun benachteiligt, wenn es sich um von der Regierung als strategisch wichtig erachtete Industrien handelt», sagt Kracht. In diesen Sektoren will Peking eine internationale Vorreiterrolle für die heimischen Unternehmen erreichen. «Zu diesen ausgewählten Industrien gehört die Medizinaltechnik. Dagegen hat offenen Zugang, wer beispielsweise Wasserfilter anbietet», führt Kracht aus.

Für Lu Yuebing vom amerikanischen Private-Equity-Manager Siguler Guff ist klar: «China muss sich weiter öffnen.» High Tech müsse in das Land geholt werden. Chinesische Firmen könnten die Technologie dann in andere Länder weiterexportieren – etwa dank dem Plan «One Belt, One Road». Diese Strategie der chinesischen Regierung will die Infrastruktur und Handelswege nach Europa ausbauen, auch über die zentralasiatischen Länder. Auf diese Weise kann die hohe Produktionskapazität in China ebenfalls ausgelastet werden.