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BP steigt von TNK-BP auf Rosneft um

Rosneft wird zum weltgrössten kotierten Ölunternehmen: Öltanks neben einem sibirischen Ölfeld.

Der britische Öl- und Gasmulti BP hat am Montagmittag angekündigt, dass er seinen 50%-Anteil am Gemeinschaftsunternehmen TNK-BP an die staatlich kontrollierte Rosneft verkauft. Die Briten erhalten dafür 17,1 Mrd. $ in bar und Aktien, die 12,84% des Aktienkapitals des russischen Ölkonzerns entsprechen. Der Gesamtwert der Transaktion beläuft sich auf 26,8 Mrd. $. BP erhält zudem zwei Sitze im neunköpfigen Verwaltungsrat von Rosneft. Gleichentags hat Rosneft bekanntgegeben, den Partner von BP in dem Joint Venture, eine in dem Investitionsvehikel Alfa Access Renova (AAR) zusammengeschlossene Gruppe russischer Milliardäre, ausgekauft zu haben. Rosneft zahlt für den AAR-Anteil an TNK-BP 28 Mrd. $.

Die Übernahme von TNK-BP, dem drittgrössten russischen Ölkonzern, durch Rosneft bringt den Anteil an der Ölförderung des Landes, die in den Händen des Staates liegt, auf beinahe 50%. Die Akquisition markiert damit einen Meilenstein im Versuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Kontrolle des Kreml über den strategischen Ölsektor wiederzugewinnen, nachdem dieser in den Privatisierungen der Neunzigerjahre an gut vernetzte Tycoons wie die Besitzer von AAR verkauft worden war. In AAR sind die Oligarchen Michail Fridman, German Khan, Len Blawatnik und der auch in der Schweiz bekannte Victor Vekselberg vereint.

Rosneft wird Nummer eins

Rosneft wird mit der Übernahme von TNK-BP noch vor dem US-Multi ExxonMobil zum grössten kotierten Ölunternehmen der Welt mit einer Tagesproduktion von 4,5 Mio. Fass. Angesichts des Einflusses des Kreml auf die Entscheidungen von Rosneft – der Staat besitzt 75% der Aktien des Konzerns – ist eine Anlage in dem Unternehmen aber zumindest mit politischen Risiken behaftet. Die Rosneft-Aktien avancierten am Montag bis Mitte Nachmittag 1,1% auf 216.51 Rubel.

Die Transaktion zwischen BP und Rosneft stellt eine historische Wende in der Präsenz des britischen Multis im Schlüsselmarkt Russland dar. Seit 2003 versuchte BP die in Russland vorhandenen riesigen Ölreserven über das Gemeinschaftsunternehmen TNK-BP zusammen mit AAR zu erschliessen. 2011 förderte das Joint Venture im Durchschnitt 2 Mio. Fass Öläquivalent pro Tag. TNK-BP trug damit rund ein Viertel zum Output von BP bei. Zudem erhielten die Briten aus dem Gemeinschaftsunternehmen seit der Gründung insgesamt 19 Mrd. $ an Dividenden.

Lähmender Machtkampf

Zunehmend lähmte jedoch ein Streit mit AAR über die Kontrolle von TNK-BP die Weiterentwicklung des Joint Venture. Der Machtkampf gipfelte 2008 darin, dass TNK-BP-CEO Bob Dudley aus dem Amt gemobbt wurde und Russland verlassen musste. Dudley ist heute Chef von BP. Im vergangenen Jahr blockierte AAR zudem einen geplanten Aktientausch zwischen BP und Rosneft per Gerichtsbeschluss. Daraufhin beschloss BP, ihren Anteil an TNK-BP zu verkaufen.

Die Transaktion, die jetzt mit Rosneft eingefädelt wurde, sieht vor, dass BP vom russischen Staat auch noch einen Anteil von 5,66% an Rosneft übernimmt. Die Briten wollen dafür 4,8 Mrd. $ der Barmittel einsetzen, die sie von den Russen für den TNK-BP-Anteil erhalten. Mit den 1,25%, die BP aktuell schon an Rosneft hält, würde die Beteiligung der Briten an den Russen schliesslich auf insgesamt 19,75% steigen. Auf diesem Niveau von Miteigentum hofft BP, ihren Anteil an Rosnefts Gewinn, Produktion und Reserven in ihre Bücher übernehmen zu können. Die gesamte Transaktion soll in der ersten Hälfte 2013 abgeschlossen sein.

BP nur Juniorpartner?

Mit dem Ausstieg aus TNK-BP und dem Einstieg in Rosneft versucht BP jetzt, ihre Russlandaktivitäten über den Konzern weiterzuentwickeln, der von Präsident Putin zum führenden Vehikel der Erschliessung der riesigen, vor allem in der Arktis lagernden Ölreserven auserkoren worden ist. Ob die Briten so ihr Ziel besser erreichen als zusammen mit AAR, hängt vor allem davon ab, wie es ihnen gelingt, ihren Einfluss in Verwaltungsrat und Management von Rosneft geltend zu machen und die Corporate Governance im russischen Unternehmen zu verbessern. Manche Beobachter glauben, dass BP mit einer Beteiligung von nur 20% und lediglich zwei von neun Sitzen im Verwaltungsrat bloss ein Juniorpartner in Rosneft sein werde. Wegen des überragenden Kreml-Einflusses werde Rosneft vor allem der Verwirklichung der Ziele des russischen Staates dienen und bestenfalls am Rand denjenigen des britischen Multis. Die Anleger waren sich zunächst nicht einig, wie sie den Deal interpretieren sollten. Die BP-Aktien verloren bis Mitte Montagnachmittag minime 0,1% auf 450,15 p.

Mit dem Umstieg von TNK-BP auf Rosneft ist BP zudem eine ihrer zwei Grossbaustellen los. Die andere Baustelle heisst Golf von Mexiko. Dort kam es 2010 in einem von den Briten geführten Projekt zu einem Unfall, der zur grössten Ölpest in der Geschichte der USA geführt hat. Im schlimmsten Fall droht deshalb eine Busse von bis zu 21 Mrd. $. Zurzeit laufen mit den US-Behörden Verhandlungen über einen aussergerichtlichen Vergleich. Er dürfte wahrscheinlich nach den Präsidentschaftswahlen vom 6. November zustande kommen. Um für alle Kosten des Unfalls aufkommen zu können, hat BP 38 Mrd. $ zurückgestellt und ein Programm zum Verkauf zweitrangiger Aktiva beschlossen. Bisher sind dadurch Gelder im Umfang von 32 Mrd. $ hereingekommen. Weil noch nicht klar ist, wie hoch die Belastung – inklusive Bussen – von BP aus diesem Unfall sein wird, ist ein Kauf der Aktien des britischen Multis noch mit erheblichen Risiken behaftet.

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