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BIZ: Kryptowährungen sind «schlechter Ersatz»

Es ist ein vernichtendes Urteil für Bitcoin & Co. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) – die in Basel ansässige Bank der Zentralbanken – schreibt in ihrem neuen Jahresbericht: «Dezentrale Kryptowährungstechnologie, egal, wie fortgeschritten, ist ein schlechter Ersatz für Geld, das sich auf solide Institutionen stützt.»

Wie kommen die BIZ-Ökonomen zu diesem Schluss? Das Hauptargument ist die mangelnde Skalierbarkeit der Kryptowährungen. Denn die Blockchain, die Datenbanktechnologie hinter den neuen Digitalwährungen, ist ein dezentral abgespeichertes Register der Transaktionen. Alle Transaktionen müssen von den Teilnehmern im Netzwerk verifiziert werden. Bei Bitcoin übernehmen die Verifikation die Miners – sie dürfen dafür neue Einheiten der Kryptowährung schürfen.

Dieses «dezentrale Vertrauen» herzustellen, verursache «enorme Kosten», meint die BIZ. Die Situation habe sich schon «zu einer Umweltkatastrophe entwickelt». Denn die Miners würden mit dem Schürfen von neuen Bitcoin schon so viel Energie verbrauchen wie eine mittelgrosse Volkswirtschaft wie die Schweiz. Mit der Verbreitung der Kryptowährungen würde auch der Stromverbrauch weiter wachsen.

Massenhafter Datenverbrauch

Nicht nur die nötige Energie, auch der Datenverbrauch begrenze die Skalierbarkeit der Kryptowährungen. Da die Blockchain in allen Knotenpunkten des Netzwerks abgespeichert werde, nehme der Datenverbrauch mit der Zeit erheblich zu. Die Bitcoin-Blockchain wachse 50 Gigabyte pro Jahr und sei nun 170 Gigabyte gross. Zusammen mit dem Aufwand, Transaktionen zu verifizieren, gebe es «harte Grenzen» für Kryptowährungen, wie viele Transaktionen abgewickelt werden können.

Würde Bitcoin die Transaktionen eines nationalen Zahlungsabwicklers übernehmen, würde – «selbst unter optimistischen Annahmen» – die Datenmenge innerhalb von Monaten nicht mehr auf einen Server passen. Und nur noch Supercomputer hätten genug Rechenkapazität, die Verifikation so vieler Transaktionen zu schaffen.

Anfällig für Überlastung

Würden zu viele Zahlungen vorgenommen, seien Kryptowährungen anfällig für Überlastung. Das habe das Bitcoin-Netzwerk Ende 2017 erlebt. Damals kostete eine Transaktion plötzlich über 50 $, da die maximale Anzahl an möglichen Zahlungen erreicht wurde.

Die BIZ schreibt: «Wegen der limitierten Kapazität steigen die Gebühren immer, wenn die Nachfrage nach Transaktionen die Maximalgrenze erreicht.» Auch müsse man manchmal Stunden warten, bis eine Zahlung verifiziert werde. «Das begrenzt die Brauchbarkeit von Kryptowährungen, um einen Kaffee zu bezahlen.»

Je mehr Menschen eine Kryptowährung verwendeten, desto schwieriger würden Zahlungen. Diese Kapazitätsgrenze stehe einer grundlegenden Eigenschaft eines modernen Geldsystems entgegen: «Je mehr Leute es benutzen, desto grösser ist der Anreiz, es ebenfalls zu nutzen.»

Instabiler Wert

Das Fehlen eines zentralen Emittenten des Geldes sei die Ursache dafür, dass sich der Wert von Kryptowährungen schnell verändere, erklärt die BIZ. In einem modernen Geldsystem würden dagegen Zentralbanken, gerade in Stresszeiten, sehr schnell auf Änderungen der Nachfrage nach Geld reagieren und so den Wert stabilisieren.

Bei Kryptowährungen sorge «jede Schwankung der Nachfrage für eine schwankende Bewertung», heisst es in der Studie. Auch technische Verbesserungen könnten dieses Problem des volatilen Werts wohl kaum aus der Welt schaffen. Selbst Währungen, die einen festen Wert versprechen (Stable Coins), hätten erhebliche Wertschwankungen erlebt.

Damit Geld in einer Wirtschaft Transaktionen ermöglichen könne, müsse es effizient mit der Wirtschaft wachsen. Je nach der fluktuierenden Nachfrage müsse es elastisch zur Verfügung gestellt werden können.

Die Ökonomen kommen zum Schluss: «Um das Angebot eines Zahlungsmittels an die Nachfrage nach Transaktionen anzupassen, braucht es eine zentrale Institution, typischerweise die Zentralbank, die ihre Bilanz vergrössern oder verkleinern kann.»

Fragile Struktur

Auch das wichtigste Versprechen von Kryptowährungen zweifelt die BIZ an: dass eine zuverlässige Zahlungsabwicklung ohne zentrale Instanz funktioniert. Die Ökonomen schreiben: «Kryptowährungen ohne Zugangskontrolle können die Endgültigkeit einer einzelnen Zahlung nicht garantieren.»

Zwar könne ein Nutzer nachvollziehen, ob seine Transaktion in der Blockchain abgespeichert worden sei. Aber: Es könnten wegen der verteilten Struktur der Blockchain rivalisierende Versionen existieren. Transaktionen müssten womöglich rückgängig gemacht werden, beispielsweise wenn zwei Miners die Blockchain fast gleichzeitig beschrieben hätten.

Falls einzelne Miners die Mehrheit der Rechenkapazität zur Herstellung einer neuen Kryptowährung erreichten, könnten sie die Blockchain manipulieren. Das sei eine «reale Möglichkeit», da die Mining-Aktivitäten der Kryptowährungen jetzt schon konzentriert seien.

Das «Gabel-Problem»

Von Bitcoin gibt es verschiedene Varianten, bei denen ab einem bestimmten Zeitpunkt – nach Änderungen des Protokolls – die Blockchain kopiert wurde, um eine neue Kryptowährung zu schaffen. Die Versionen Bitcoin Gold und Bitcoin Cash sind die grössten Alternativwährungen. Dieser Prozess heisst Forking (Gabelung).

Die Studie nimmt ein anderes Beispiel heraus. Im März 2013 hat ein fehlerhaftes Software-Update bewirkt, dass ein Teil des Bitcoin-Netzwerks mit dem Rest inkompatibel wurde. «Für mehrere Stundnen sind zwei separate Blockchains gewachsen», erklären die Autoren.

Die Gabelung sei «gegen das Ideal der Dezentralität von Bitcoin» durch eine koordinierte Aktion der Miners rückgängig gemacht worden. Viele Transaktionen seien Stunden nach ihrer Abwicklung widerrufen worden. «Dieser Vorfall zeigt, wie einfach es ist, dass sich Kryptowährungen spalten und so zu grossen Wertverlusten führen.»

Das Fazit hört sich erschreckend an: Das Vertrauen in Kryptowährungen könne jederzeit verschwinden, da der dezentralisierte Konsens fragil sei. Die Autoren schreiben: «Eine Kryptowährung kann einfach aufhören zu funktionieren. Der Wert wäre dann verloren.»

Interessant für andere Anwendungen

Es gebe aber mögliche Anwendungen der Blockchain, meint die BIZ. Statt dem Einsatz als allgemeines Zahlungsmittel seien Nischen denkbar, bei denen die Vorteile der dezentralen Struktur wichtiger seien als der Nachteil, viele Kopien des Transaktionsregisters abzuspeichern.

So seien zugangskontrollierte Blockchains eine Möglichkeit, internationale Überweisungen für kleine Beträge – etwa von Gastarbeitern – abzuwickeln. So könnte das bisherige teure System mit mehreren Zwischenparteien ersetzt werden. Dafür würden aber auch andere Technologien ausprobiert. Es sei noch nicht klar, was sich als effizientestes System durchsetzen werde.