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Zurich hat einen holprigen Weg hinter sich

Der Hauptsitz des Versicherungskonzerns Zurich Insurance Group.

Der Versicherer Zurich Insurance hat sich für Anleger als wenig berechenbares Investment erwiesen. Der Erfolg der Kernsparte Schadenversicherung ist volatil, deshalb war die Gewinnentwicklung über den zehnjährigen Zeitraum unstet. Schon seit längerem ist die Geschichte des Unternehmens wechselvoll.

Lesebeispiel: Die Eigenkapitalrendite von Zurich Insurance erreichte im vergangenen Jahr 10,4% (rote Säule und rote Linie). Die Vergleichswerte der Wettbewerber Allianz, AXA, Chubb und Generali (graue Säulen) ergeben eine Durchschnittszahl von 9,6% (schwarze Linie). Chubb wies die höchste Rendite aus, Generali die niedrigste.

Der Konzern zeichnet sich im Leistungsvergleich zwar mit wesentlichen Konkurrenten durch kräftige Eigenmittel und eine dennoch überlegene Eigenkapitalrendite aus. Das Unternehmen konnte diese Vorteile über einen zehnjährigen Zeitraum im Vergleich mit Branchennachbarn aber zu wenig ausspielen.

Die «Zürich»-Versicherung mit Gründungsjahr 1872 stemmte vor zwanzig Jahren mit dem Kauf des Finanzteils der britischen BAT eine Konzernverdopplung. Der gewagte Sprung verursachte bald Folgeprobleme. 2001 und 2002 musste der Konzern mehrfach das Gewinnziel kappen. Eine teure Kapitalsanierung wurde unausweichlich.

Ende 2009 – die Aktien waren wieder gesucht – übernahm mit Martin Senn der damalige Investmentchef das Zepter. Er realisierte strategische Transaktionen in Schwellenländern – in Indonesien, Malaysia und Lateinamerika. Zu wenig rentable Einheiten stiess er ab. 2015 musste der Konzern aber völlig überraschend massgebliche Teile des US-Geschäfts sanieren. Der Gewinn fiel merklich zurück, und der Konzernchef musste zurücktreten.

Sparen und verbessern

Im März 2016 wurde Mario Greco an die Zurich-Spitze gesetzt. Er hatte bereits ab 2008 in der Konzernleitung gedient und erst die Lebensversicherung und danach die Schadenversicherung verantwortet. 2012 wechselte er als CEO zur italienischen Generali. Nach seiner Rückkehr verschlankte er die Führungsstruktur und setzte härtere Anforderungen für den Abschluss neuer Verträge durch. Sein umfassendes Sparprogramm soll bis 2019 die Betriebskosten der Zurich-Gruppe um 15% eindampfen.

Die Zurich-Gruppe gehört global zu den führenden Anbietern von Deckungen für Industrie- und Gewerbekunden sowie Privathaushalte. Zu den wesentlichen Wettbewerbern zählen der deutsche Allianz-Konzern, die französische AXA und die italienische Generali. Besonders im Industrie- und Gewerbesegment rangelt sich Zurich auch mit Chubb. Das aus der Fusion von Chubb mit Ace Group gebildete Unternehmen wird von Evan Greenberg geführt (Sohn von Maurice Greenberg, Ex-CEO des AIG-Konzerns).

Chubb gilt wegen des juristischen Domizils in Zürich als Schweizer Unternehmen, obschon die wesentlichen Führungseinheiten in den USA sitzen und die Aktien dort kotiert sind. Konträr etwa zum Vorgehen von Zurich Insurance hat Greenberg stets darauf gepocht, den überwiegenden Teil des Ergebnisses einzubehalten. Chubb ist deshalb die bestkapitalisierte der verglichenen Gesellschaften.

Klarheit erst 2018

Zurich Insurance hat einen holprigen Weg hinter sich. Die Belastung durch die Hurrikanschäden dieses Jahres hat das Unternehmen bekannt gemacht. Daraus lässt sich auf einen merklichen Rückgang des Jahresgewinns schliessen. Der Drittquartalsbericht, der am 9. November ansteht, wird nur Umsatzangaben enthalten, aber keine Gewinnzahlen.

Klarheit über die aktuelle Ertragslage wird erst mit dem Jahresabschluss geschaffen. Für 2018 ist nach heutigem Kenntnisstand indes ein deutliches Gewinnplus realistisch. Diese Prognose geht davon aus, dass die Unternehmensführung die Gesamtkostenquote (Combined Ratio) spürbar vermindern kann. Das ist einerseits vom Gelingen interner Massnahmen abhängig, aber auch davon, dass nächstes Jahr nicht mehr so viele schwere Naturkatastrophen auftreten.

Wachstum

Der Gewinntrend der Versicherer ist dieses Jahr wieder ins Negative gekippt. Zuletzt war das 2008 der Fall, als Buchverluste im Zuge der Finanzmarktkrise belasteten. Diesmal sind die Zahlungen wegen Schäden der Hurrikane in der Karibik und an der US-Südküste der Grund. Die Erst- bzw. Kundenversicherer haben zwar durch Rückversicherungsverträge das Spitzenrisiko gebrochen. Dennoch bleiben grosse Summen hängen: bei Zurich Insurance von 0,6 Mrd. $, bei Chubb gar von etwa 1 Mrd. $. Beide werden mehr Ertragskraft verlieren als Allianz, AXA und Generali, die weniger im US-Markt exponiert sind. Kein Punkt für Zurich.

Effizienz

Im Schadenversicherungsgeschäft zeigt sich die Profitabilität in erster Linie in der Gesamtaufwandquote (Combined Ratio). Zurich Insurance muss seit Jahren den höchsten Kostenblock – bezogen auf die Einnahmen – ausweisen. Deshalb geht auch dieser Punkt an die Wettbewerber. Der Schweizer Konzern ist im Neugeschäft wählerischer geworden und spart auch sonst, um die Marge zu verbessern. Kostenführer ist mit deutlichem Abstand Chubb. Allianz, Axa und Generali arbeiten nur unwesentlich günstiger als Zurich. 2017 wird bei allen die Kostenquote steigen, weil enorme Hurrikanschäden zu schultern sind.

Bilanzqualität 

Die Assekuranzunternehmen bilanzieren passivseitig Verpflichtungen aus Versicherungspolicen und aktivseitig die zur Deckung gehaltenen Vermögenswerte – mehrheitlich Anleihen, die nach Währung und Laufzeit auf die Verpflichtungen abgestimmt sind. Als Residualwert bleibt das Eigenkapital. Chubb weist die mit Abstand kräftigste Eigenkapitalquote auf. Das Unternehmen zahlt seit je eine vergleichsweise geringe Dividende, stockt aber dafür jedes Jahr die Eigenmittel substanziell auf. Die Zurich-Gruppe hat die zweithöchste Eigenkapitalquote. Sie erhält diesen Punkt, da sie besser als der Medianwert abschneidet.

Rentabilität

Der Schweizer Konzern setzt das stattlich hohe Eigenkapital seit vielen Jahren lukrativer als die Konkurrenten ein. Grund dafür ist der Kommissionsertrag, den Zurich aus der Führung des Geschäfts der US-Versicherungsgenossenschaft Farmers einzieht. Diese risikoarme Aktivität  bringt stetig mehr als ein Viertel des Konzerngewinns ein. 2008 war die Rentabilität aller Versicherer zurückgefallen, weil die Finanzmarktkrise Einbussen bescherte. Der Zurich-Konzern hatte 2015 seine «eigene» Krise, als auf Teilen der US-Verträge substanzielle Korrekturen vorgenommen werden mussten. Bereits 2016 glänzte Zurich wieder mit Renditevorteil, weshalb dieser Punkt verdient ist.

Bewertung

Das Kurs-Buchwert-Verhältnis ist das geläufigste Bewertungsmass im Versicherungssektor. Die Unternehmen bilanzieren massive Verpflichtungen, weshalb das Eigenkapital meist weniger als 10% der Bilanzsumme ausmacht. Dieses Risikokapital muss zudem Wertschwankungen des Anlagevermögens puffern können. Die Zurich-Papiere sind traditionell mit einem höheren Faktor bewertet als die Valoren der Wettbewerber. Honoriert wird damit der Umstand, dass der Konzern weitgehender und zugleich wirkungsvoller diversifiziert ist. Da jedoch die meisten Anleger eine günstige Aktienbewertung als vorteilhaft betrachten, geht dieser Punkt nicht an Zurich.

Fazit 

Der Zurich-Konzern hat seine Stärken in der massigen Kapitalisierung. Er kann sich deshalb erlauben, seit vielen Jahren eine marktweit und auch im Branchenvergleich überlegene Dividende zu zahlen. Zugleich ist auch die Eigenkapitalrendite auf oberstem Niveau, was angesichts der Fülle des Kapitals ausgezeichnet ist. Das Unternehmen schafft dieses «Wunder», weil der Geschäftsführungsvertrag für den US-Versicherer Farmers jährlich einen substanziellen Anteil des Konzerngewinns einträgt. Seit 2015 kämpft die Gruppe jedoch an anderer Stelle mit grossen Herausforderungen. In der Schadenversicherung ist der Geschäftsmix noch zu wenig ausgewogen, um in der Verdienstmarge mit den Wettbewerbern mithalten zu können. Um das zu korrigieren, stellt die Konzernführung höhere Renditeanforderungen für den Abschluss von Neugeschäft. Zudem wird der Betrieb massiv restrukturiert, um die Betriebskosten zu verschlanken. Beides geht zunächst auf Kosten des Wachstums, wo der Konzern gegenüber den Wettbewerbern im Rückstand ist. Diese Umsteuerung der Zurich-Gruppe verspricht zwar wesentliche Verbesserungen. Aber ein Erfolg ist nicht gesichert. Die finanzielle Entwicklung seit 2007 ist, wie an den grafischen Darstellungen erkennbar, im Vergleich mit derjenigen der Konkurrenten erratischer. Deshalb bleibt im Gesamturteil der Daumen unten.

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