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«Wir setzen voll auf chinesische Aktien»

Der chinesische Aktienmarkt handelt 10 bis 12% unter dem historischen Durchschnitt. Im Bild: Menschen in Peking feiern das chinesische Neujahr.

Herr Hovasse, was bedeuten steigende Zinsen für Aktien aus aufstrebenden Märkten? - Die Vorstellung, dass steigende Zinsen etwas Schlechtes für Schwellenländeraktien sind, ist fehlgeleitet. In den letzten zwölf Zyklen steigender US-Zinsen haben Aktien aus Schwellenländern elf Mal besser abgeschnitten als solche aus den USA, Europa oder Japan. Die verbreitete Annahme, dass steigende Zinsen etwas Negatives sind, geht ausschliesslich auf die Aussage des damaligen US-Notenbankchefs Ben Bernanke im Mai 2013 zurück, die Anleihenkäufe des Fed drosseln zu wollen, was damals einen einmaligen Aktienausverkauf auslöste.

Steigende Zinsen können also auch positiv für die Schwellenländer sein? - Anziehende Zinsen in den USA bedeuten, dass das nominale Bruttoinlandprodukt wegen höheren Wachstums oder steigender Inflation wächst. Beides korreliert positiv mit der Performance von Schwellenländeraktien. Höhere Inflation bedeutet höhere Rohstoff-, insbesondere Ölpreise. Das hilft ebenfalls. Diese Kombination können wir derzeit beobachten. Wir befinden uns in einer klassischen Schwellenländerrally, die sich auf eine globale zyklische Erholung stützt.

Die Inflation wird also weiter anziehen? - Ja, wir befinden uns in einem reflationären Bullenmarkt. In einem solchen Zyklus profitieren riskante, wachstumsabhängige Anlagen aus Südkorea oder Taiwan und auch die Rohstoffexporteure.

Wo befinden wir uns im Zyklus, und welche Anlageklassen profitieren jetzt besonders? - Letztes Jahr, in der ersten Phase der Erholung, profitierten sogenannte Trunk Assets. Gemeint sind Unternehmen mit hoher Verschuldung oder Währungen aus hoch verschuldeten Ländern. Deshalb waren Anlagen mit den schwächsten Fundamentaldaten die mit der stärksten Performance – denken Sie an Petrobras oder Aktien chinesischer Stahlhersteller. Auch der südafrikanische Rand oder der brasilianische Real profitierten.

Auf welche Länder sollten Anleger in der aktuellen Phase der Erholung setzen? - Wir setzen voll auf chinesische Aktien. Das mag überraschen. Noch 2015 hatte die chinesische Regierung Angst, die Kontrolle über Währung und Kapitalbilanz zu verlieren. Sie stimulierte deshalb die Wirtschaft mit Infrastrukturausgaben und verschärfte die Kapitalkontrollen. Das ist nicht mehr nötig. Die Erholung ist breit abgestützt, wachstumsfördernde Massnahmen wie exzessive Kreditvergabe haben ausgedient, um die Wirtschaftsdynamik aufrechtzuerhalten. Die Regierung hält die Nahrungsmittelpreise nicht mehr künstlich hoch. Das mässigt die Inflation. Und wegen des sich abkühlenden Immobilienmarktes verfügt die Bevölkerung über mehr freies Einkommen.

Was werden die Chinesen mit dem zusätzlichen Geld tun? Aktien kaufen? - Wir denken nicht, dass Kleinanleger den Aktienmarkt wieder stürmen werden. Zu viele haben sich 2015 die Finger verbrannt. Dafür wird der Konsum profitieren: Casinos in Macao, Luxusgüter, Schmuck, Autos. Das wird den chinesischen Börsen Auftrieb geben. Wir haben deshalb 26% unseres Fonds China zugewiesen. Zudem handelt der chinesische Aktienmarkt 10 bis 12% unter dem historischen Durchschnitt.

Mit welche Sektoren und Titeln können Anleger vom Aufschwung profitieren? - Über Aktien, die sich an Konsumenten richten, etwa Internet-Titel wie Tencent, eine Tochter von Naspers, oder NetEase, die auf Gaming spezialisiert ist. Auch Wuba, die mit 58.com den führenden Online-Marktplatz in China betreibt, und die Aktien von Shanghai International Airport versprechen Wachstum. Der Tourismus wird ebenfalls Auftrieb erhalten.

Wie geht es mit den von der chinesischen Wirtschaft abhängigen Märkten weiter? - Aktien aus Brasilien, Südafrika oder auch Grundstoffe werden den guten Lauf von 2016 nicht fortsetzen können. Das wird sich aber erst in der zweiten Jahreshälfte bemerkbar machen. Der chinesische Immobiliensektor hat sich noch nicht stark abgekühlt. Besonders in Städten aus der zweiten Reihe wird noch rege gebaut.

Von welchem Szenario gehen Sie bei der Präsidentschaft von Donald Trump aus? - Die Konsequenzen von Politik allgemein, Trump im Besonderen, sind schwierig abzuschätzen. Die grösste Gefahr geht von einer Grenzausgleichssteuer aus. Das würde den Dollar stärken und den globalen Handel sowie das Wachstum hemmen. Alle würden unter die Räder kommen, besonders Schwellenländer. So weit wird es aber nicht kommen. Auch Trump dürfte begreifen: Europa hat Osteuropa, China hat Vietnam, und die USA haben Mexiko. Es ist hilfreich, ein Nachbarland mit tiefen Produktionskosten zu haben. US-Handelschef Peter Navarro hat es auf China abgesehen, nicht auf Mexiko.

Mexiko wird es also nicht so hart treffen. - Nein, im Gegenteil. Mexikanische Aktien werden von Trump profitieren. Schafft er es, das US-Wirtschaftswachstum zu befeuern, wird die mexikanische Volkswirtschaft unweigerlich mitwachsen. Die Korrelation zwischen den beiden Wirtschaftsräumen ist sehr hoch. Wegen Trump setzen wir voll auf mexikanische Aktien.

Auf welche Titel konkret? - Der mexikanische Finanzsektor ist attraktiv. Er profitiert direkt von steigenden Zinsen und möglichem Wirtschaftswachstum. Das gilt für Banorte oder die mexikanische Tochter der spanischen Santander. Zudem hat Mexiko eine sehr tiefe Penetrationsrate von Banken. Die langfristigen Wachstumsaussichten sind vielversprechend. Gleiches gilt für den argentinischen Finanzsektor.

Anleger sollen ein Engagement in argentinische Banken in Betracht ziehen? - Ja, Argentinien hat die tiefste Bankendurchdringung weltweit. In der Krise 2001 gingen fast alle bankrott, das Kreditwesen versiegte. Bis heute werden wenig Hypotheken oder KMU-Kredite vergeben, das Einlagenvolumen ist gering. Argentinische Banken müssen deshalb sehr konservativ arbeiten. Banco Macro etwa hat eine Tier 1 Ratio von 17%. Auch die Aktien von Grupo Supervielle sind attraktiv.

Gibt es bei den ostasiatischen Exporteuren Chancen für Anleger? - Unsere grösste Position mit 7% ist Samsung Electronics. Wir haben während der jüngsten Korruptionskrise zugekauft. Samsung bleibt unpopulär, ist aber lediglich mit dem dreifachen operativen Cashflow bewertet. Samsung hat viel Cash auf der Bilanz, was die Bewertung drückt. Zudem überschätzt der Markt die Bedeutung des Mobilgeschäfts. Er sieht Samsung von Apple im High End dominiert und von den Chinesen im Low End bedrängt. Das Halbleitergeschäft ist aber sehr stark und profitiert vom Zyklus. Auch der mögliche Konzernumbau zu einer Holdinggesellschaft wird im Sinne der Aktionäre sein.

Mit Blick auf die Bewertung erscheinen Russland und die Türkei preiswert. - Bei Bewertungsvergleichen ist Vorsicht angebracht. Der türkische Markt wird von Finanzwerten dominiert, Russland von Öl, Mexiko von Konsumgütern. Nach der letztjährigen Krise steht die Türkei währungstechnisch mit den schwächsten Fundamentaldaten da: enormes strukturelles Leistungsbilanzdefizit, hohe Sensitivität gegenüber externen Schocks. Bei dem gescheiterten Coup im Juli bewegte sich die türkische Lira kaum. Bei der Trump-Wahl und dem Opec-Beschluss zur Limitierung der Fördermengen verlor sie hingegen 20%. Finger weg von der Türkei.

Gilt das auch für Russland? - Russland steht etwas besser da, trotz politischen Risiken, die dank der vermeintlich russlandfreundlichen Politik Trumps nun etwas tiefer ausfallen. Wir haben unseren Russlandanteil ausgebaut und uns in Aktien der Moskauer Börse engagiert. Sie hat eine starke Bilanz und antizyklische Eigenschaften. Es ist aber sehr schwierig, russische Qualitätsaktien zu finden.