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Wilbert Lee O’Daniel: «Pass the Biscuits, Pappy»

Inspirierte den Coen-Brothers-Film «Oh Brother, Where Art Thou?»

Die Roosevelt-Demokraten in Texas konnten es nicht fassen: Ein Nobody hatte ihren Gouverneur abserviert. Das war im November 1938, im Amerika der Grossen Depression. Der Mehlhändler, Rundfunkunterhalter, Countrymusiker und Politikneuling Wilbert Lee O’Daniel, genannt Pappy, gewann aus dem Stand im ersten Wahlgang. Zwar auch als Demokrat, doch das besagte in seinem Fall nichts.

O’Daniel (1890–1969) war den Texanern vom Hören bestens bekannt. Als Werbechef des Müllereiunternehmens Burrus in Fort Worth führte er seit 1928 eine eigene Radioshow. Die Sendung wurde zur Mittagszeit im ganzen Staat ausgestrahlt und war sehr beliebt, nicht zuletzt wegen des flotten Sounds der dabei volkstümlich fiedelnden Light Crust Doughboys – Light Crust war eine Burrus-Marke, für leichte Brotkruste.

Nachdem Burrus ihn rausgeschmissen hatte, gründete Pappy O’Daniel 1935 seinen eigenen Betrieb, Hillbilly Flour, und seine eigene Band, die Hillbilly Boys. Der Song mit dem Vers «Pass the Biscuits, Pappy» wurde ein Hit; Pappy sang mit eingängigem Tenor zu schmalzigen Texten und komponierte selbst. Dazu gab’s Biblisches und einfach gestrickte Sprüche zur Politik.

Die Wähler störte Pappys Ahnungslosigkeit überhaupt nicht. Anscheinend forderten viele Zuhörer ihn auf, gegen das Establishment in der Hauptstadt Austin anzutreten. Was O’Daniel dann auch prompt tat, in erster Linie, wie er ganz ungeniert einräumte, um den Absatz seines Hillbilly-Mehls zu fördern.

Er war eine Radio-Celebrity, er zog über die Berufspolitiker her, er verhiess Segnungen: 30 $ Altersrente ab 65 Jahren für alle – der Song dazu hiess «Thirty Bucks for Momma» –, Steuerkürzungen obendrein. Pappy kündigte an, Texas wie ein Unternehmen zu führen. Die Kampagne finanzierte sich von selbst, aus Spenden und, in der Tat, höherem Absatz von Pappys Mehl.

Die Presse verhöhnte O’Daniel zunächst, doch der tuckerte unverdrossen in einem weissen Bus kreuz und quer durch den Staat, mitsamt Frau, Kindern und Hillbilly-Band. Besonders auf dem Land waren die Anlässe des «Common Citizen’s Candidate», des Anwärters der einfachen Leute, gut besucht. So kam es, dass nach der Wahl die altgedienten Favoriten und ihre Entourage lange Gesichter machten. Pappy zog in die Gouverneursvilla ein, wo fortan ein Stil herrschte, der an Vaudeville gemahnte. Seine Wahlversprechen vergass Pappy augenblicklich; im Parlament brachte er kaum etwas von Bedeutung durch. Unwissen und Unfähigkeit überspielte er mit seinem Auftreten als Showman.

Jedenfalls wurde Pappy 1940 im Amt bestätigt. Im Jahr darauf schlug er in der Wahl zum US-Senat den nachmaligen Präsidenten Lyndon B. Johnson und zog nach Washington. Pappy O’Daniel blieb bis 1948 Senator, erfolglos und schwindend populär. Eine Präsidentschaftskandidatur erwog er nie.