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Wie Schweizer Unternehmen die Blockchain einsetzen

Die Blockchain ist ein digitales, fälschungssicheres Register.

Die Blockchain ist für viele ein Buch mit sieben Siegeln. Noch steht die Technologie kaum im Praxiseinsatz, und die Anwendungsgebiete sind oft nicht augenfällig. Die «Finanz und Wirtschaft»-Konferenz «Blockchain 2019 – Anwendungen im Reality Check» bringt am Mittwoch Licht ins Dunkel.

«Brauche ich eine Blockchain?», fragt der ETH-Computerwissenschaftler Roger Wattenhofer in seinem Eröffnungsvortrag im Gottlieb-Duttweiler-Institut in Rüschlikon. Seine Antwort: Eine Blockchain kann nützlich sein, wenn sich viele Personen, die sich nicht kennen, über komplexe Prozesse abstimmen müssen. Beispielsweise wenn mehrere Unternehmen gemeinsam Daten austauschen und verwalten wollen.

Im Grund ist die Blockchain ein digitales, fälschungssicheres Register, über das sich alle angeschlossenen Parteien hochsicher und schnell austauschen können, und zwar ohne das Engagement einer zentralen Partei. Wattenhofer nennt ein System für einen elektronischen Franken oder für elektronische Abstimmungen als Anwendungsbeispiele.

Frachtschiffe und Stromzähler

Einige Schweizer Unternehmen haben die Blockchain bereits im Praxistest. So der Logistiker Kühne + Nagel. «Es fehlen in unserer Branche einheitliche Standards der Kommunikation», sagt Martin Kolbe, Innovationschef des Logistikers. Deshalb treibt K+N den Einsatz der Blockchain beim Austausch von elektronischen Frachtbriefen und weiteren sicherheitsrelevanten Informationen voran. Bei einer Frachtschifffahrt von China nach Dänemark ist sie bereits zum Einsatz gekommen. So könnten Prozesszeiten verkürzt, Kosten eingespart und die einzelnen Personen und Unternehmen in der Kette besser miteinander verknüpft werden.

Den Stromzähler mit dem Bankkonto des Stromkunden verknüpfen, das will Energie Wasser Bern (EWB), der öffentliche Versorger der Bundesstadt und ihres Umlands. Wie Peter Berchtold, Unternehmensentwickler bei EWB, erläutert, baut EWB mit Partnern an einer Blockchain-Lösung. Zudem geht sie noch einige Schritte weiter und entwickelt zurzeit eine Blockchain-Plattform, die alle Teilnehmer im Schweizer Strommarkt miteinander verbinden soll.

Die Teilnehmer im Prozess der Unternehmensgründung miteinander verbinden, das will das Handelsregister- und Konkursamt des Kantons Zug. Sein Leiter, Andreas Hess, kritisiert, dass es in der Schweiz heute immer noch vier bis sechs Wochen braucht, bis eine Gesellschaft gegründet ist. In Zug dauert das in der Pilotphase dank einer Blockchain-Anwendung nun nur noch 48 Stunden. Daten werden einmal erfasst und stehen allen angeschlossenen Parteien (Unternehmen, Banken, Notaren, Anwälten und Ämtern) zur Verfügung. Das macht die Datenüberprüfung und -freigabe einfach und schnell.

Papierschlachten kennen nicht nur Unternehmensgründer. «Wer ein Haus baut, füllt Bundesordner mit Dokumenten», sagt Patrick Schnorf von Wüest Partner, ein Beratungsunternehmen in der Immobilienbranche. «Und der Hausbauer ist nur eine Person im ganzen Prozess». Dieselben Informationen werden an verschiedenen Stellen wiederholt niedergeschrieben und weiterverwendet. «Davon wollen wir wegkommen», sagt Schnorf. Dafür entwickelt Wüest Partner eine Blockchain-Plattform, die alle Parteien (Mieter, Investoren, Architekten, Planer, Bauunternehmen, Banken, Versicherungen und Behörden) zusammenbringen soll.

An der FuW-Blockchain-Konferenz: (v.l.) FuW-Redaktor Eflamm Mordrelle, Martin Kolbe (Kühne + Nagel), Andreas Hess (Kanton Zug), Konrad Durrer (CSS Versicherung), Peter Berchtold (Energie Wasser Bern) und Marco Cuomo (Novartis).

Die Zeit muss es zeigen

Die Überprüfung der Einhaltung von Standards steht auch für Novartis im Fokus. Marco Cuomo, Innovationsmanager beim Pharmakonzern, sagt, Novartis habe heute rund 80’000 Lieferanten, sei teilweise verantwortlich für die Arbeitsbedingungen dort und weitergehend auch für die Bedingungen bei den Lieferanten. «Wir wollen sicherstellen, dass unsere ganze Lieferkette sich an Recht und Gesetz hält», sagt Cuomo. Novartis ist dabei, zusammen mit Lieferanten und anderen Pharmaunternehmen ein Konsortium aufzubauen, bei dem Blockchain zum Einsatz kommt.

Eine ähnliche Herausforderung wie Novartis hat der Nahrungsmittelriese Nestlé mit seiner Lieferkette bestehend aus zehntausenden Unternehmen, Behörden und Einzelpersonen. Um diese Akteure besser zusammenzuschliessen, die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Wege von Nahrungsmitteln zu verbessern will der Konzern eine Blockchain-Plattform einsetzen, sagt der Lieferkettenentwickler bei Nestlé, Benjamin Dubois.

Die Lieferkette auf eine neue Grundlage stellen will auch der Utzwiler Maschinenbauer Bühler, wie deren Blockchain-Projekt-Chefin Camilla Valeria Cavaliere erzählt. Zusammen mit dem Mühlenbetreiber Whitworth in Grossbritannien entwickelt Bühler ein Blockchain-Netzwerk, das zunächst Getreidebauern, Transporteure, Müller und Verkäufer zusammenschliessen soll.

Die Bildung eines Konsortiums steht für die CSS Versicherung noch aus. Wie Konrad Durrer, Technologiemanager bei CSS, sagt, steht man am Anfang, den komplexen Prozess des Versicherungswechsels mit einer Blockchain zu verbessern. Laut Durrer gestaltet sich der Weg dorthin allerdings schwierig. Wann und ob überhaupt die Blockchain hier den Durchbruch schafft, muss die Zeit zeigen.