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Wie die EU auf Trumps Stahlzölle reagieren sollte

Die Entscheidung der Regierung von US-Präsident Donald Trump, die Einführung von Zöllen auf Stahl (und Aluminium) aus Kanada, der EU und Mexiko in letzter Minute für weitere dreissig Tage aufzuschieben, gibt den USA vordergründig die Chance, eine längerfristige Vereinbarung mit ihren Handelspartnern auszuhandeln. Wie sollte eine derartige Vereinbarung aussehen?

Trump ist nicht der erste US-Präsident, der im Namen der amerikanischen Stahlindustrie protektionistische Massnahmen umsetzt. 2002 verhängte Präsident George W. Bush eine Reihe von Einfuhrbeschränkungen, darunter auch Zölle in der Höhe von 30% auf einige Stahlerzeugnisse. Aber sogar damals waren über 70% der Stahlimporte von irgendwelchen protektionistischen Massnahmen ausgenommen. Im Gegensatz dazu schlägt Trump Massnahmen vor, die den gesamten Stahlsektor betreffen.

Dieser Unterschied ist Ausdruck einer grundlegenderen Veränderung des amerikanischen Ansatzes in der Handelspolitik. Die Bush-Regierung befürwortete generell den offenen Handel; zu einer Zeit, als die Branche grosse Verluste schrieb, stand sie unter Druck der nationalen Stahllobby. Dennoch herrschte das implizite Verständnis, dass sich jeder an die Spielregeln halten würde – besonders an die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) –, was die USA letztlich auch taten.

«Umladungen»

Im Gegensatz dazu ist der Wunsch der Regierung Trump, den (nunmehr profitablen) Stahlsektor zu schützen, Ausdruck der Überzeugung, dass generell andere vom Freihandel auf Kosten der USA profitierten. Und die USA unter Trump kümmern sich wenig um die Regeln der WTO.

Freilich versucht die Trump-Regierung, dafür zu sorgen, dass die Zölle nicht in direktem Widerspruch zu diesen Regeln stehen, indem sie sich darauf beruft, dass sie mit den Zöllen die nationale Sicherheit zu schützen beabsichtigt – ein Ziel, das die WTO als berechtigten Grund zum Schutz einheimischer Industrien anerkennt. Die entsprechende Bestimmung wurde bislang nur sehr selten angewendet, doch die wenigen Präzedenzfälle deuten darauf hin, dass Trumps Zölle rechtlich vertretbar sind, auch wenn nur ein kleiner Teil der Stahlproduktion tatsächlich für Panzer und Kriegsschiffe verwendet wird.

Doch die Sache hat einen Haken. Wenn die Zölle wirklich der nationalen Sicherheit dienen, müssen sie hauptsächlich auf Importe von engen Verbündeten wie Kanada, Mexiko, Japan und der EU erhoben werden. Noch komplizierter wird die Angelegenheit durch sogenannte Umladungen. Bei Stahl handelt es sich um eine relativ homogene Güterklasse. So wird beispielsweise flachgewalzter Stahl (einer bestimmten Qualität) auf organisierten Börsen gehandelt, wo die Herkunft des Produkts wenig beachtet wird. Wenn also die USA Stahlzölle nur auf die Importe einiger Länder einführen, könnten die Stahlexporteure dieser Länder ihre Produkte an Verbündete der USA schicken, wodurch deren Exporte in die USA steigen würden.

Gegenmassnahmen könnten illegitim sein

Das heisst: Befreiten die USA ihre Verbündeten von den Zöllen, würden sie auch eine gewisse Rückversicherung brauchen, dass die Exporte der Verbündeten in die USA nicht sprunghaft steigen. Tatsächlich fordern die USA mittlerweile ihre Verbündeten – auch die EU – auf, ihre Stahlexporte in die USA zu begrenzen. Das Problem dabei ist, dass die WTO-Regeln diese sogenannten freiwilligen Exportbeschränkungen nicht zulassen.

Das bringt die EU in eine Zwickmühle. Sie hat nämlich mit Gegenmassnahmen gedroht, sollten die USA Zölle einführen. Doch diese Massnahmen sind möglicherweise nicht legitim, wenn ein Gremium der WTO feststellt, dass die USA das Recht haben, zu bestimmen, dass ihre nationale Sicherheit die Einführung von Stahlzöllen rechtfertigt. Doch wenn sich die EU den Forderungen der USA nach «freiwilligen» Exportbeschränkungen bei Stahl beugt, könnte sie damit ebenfalls WTO-Verpflichtungen verletzen.

Aus der Sicht der EU sollten diese freiwilligen Beschränkungen allerdings höchst verlockend sein. Freiwillige Exportbeschränkungen wurden in den Achtzigerjahren – oft von der EU selbst – eingesetzt, um der Konkurrenz aus Ostasien zu begegnen. Für das Exportland stellen sie eine attraktive Alternative zu Zöllen dar.

Exporte besteuern

Zölle bieten dem Importland die Aussicht auf zusätzliche Einnahmen, obwohl deren genaue Höhe von dem Ausmass abhängen würde, in dem die Importe sinken. Wenn die USA beispielsweise flächendeckende Zölle auf Stahlprodukte in der Höhe von 25% einführen und die Importe daraufhin auf 15 Mrd. $ einbrechen – also auf die Hälfte des Werts von 2017  –, würden die USA immer noch pro Jahr zusätzlich 3,75 Mrd. $ einnehmen.

Mit einer Reihe freiwilliger Exportvereinbarungen mit grossen Herstellern würde im Hinblick auf amerikanische Stahlimporte das gleiche Ergebnis erreicht, aber in diesem Fall würden die zusätzlichen Einnahmen den ausländischen Herstellern zufallen. Mit anderen Worten: Die amerikanischen Stahlverbraucher würden praktisch die ausländischen Stahlproduzenten subventionieren.

Die Trump-Regierung steht einem derartigen Ergebnis offen gegenüber, weil sie es unpassend findet, Einfuhren von Verbündeten mit Zöllen zu belegen. Aus Sicht der USA sollten die Verbündeten einfach ihre Exporte besteuern und die Einnahmen behalten.

Ökonomische Logik kontra Geopolitik

Anders als die USA – die sich auf der Suche nach schnellen «Gewinnen» im Handel offenbar von ihrer ökonomischen Logik verabschiedet haben – ist die EU ein sich langsam bewegendes Gebilde, das der ökonomischen Logik generell den Vorzug vor geopolitischen Erwägungen gibt und langfristige Vereinbarungen favorisiert. Angesichts dieser Unterschiede ist es womöglich schwierig, in den nächsten dreissig Tagen eine Übereinkunft zu schmieden.

Dennoch scheint die wirtschaftliche Logik, auf Trumps Forderungen einzugehen, für die EU stark genug zu sein, um Trump diesen scheinbaren Sieg zu überlassen. Der Gewinn für die europäischen Stahlproduzenten sollte die Kosten für die Anwälte, die die freiwilligen Exportbeschränkungen vor der WTO verteidigen, mehr als abdecken.

Copyright: Project Syndicate.

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