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Wie die Schweiz Twint nutzt

Via Smartphone wird heute meistens am Ort des Verkaufs bezahlt, sprich an der Ladenkasse oder zum Beispiel im Restaurant.

Mobiles Bezahlen (Mobile Payment) ist in der Schweiz eine verhältnismässig junge Technologie. In den letzten Jahren sind hierzulande verschiedene Lösungen für das Bezahlen via Smartphone auf den Markt gekommen. Neben Apple Pay und Samsung Pay hat sich aus Schweizer Sicht die relevanteste Marktveränderung durch den Zusammenschluss von Paymit und Twint ergeben.

Das neue, unter anderem von den sechs grössten Banken getragene System ging bei den ersten Instituten im April 2017 live. Die aus der Fusion hervorgegangene Twint hat nun erstmals und exklusiv Daten zur Nutzung der App zur Verfügung gestellt. Bei der Kundenstruktur zeigt sich, dass Mobile Payment derzeit überproportional stark von Männern genutzt wird. Nur 33% aller Nutzer sind weiblich. In Bezug auf das Alter wird hingegen ersichtlich, dass Mobile Payment nicht ausschliesslich ein Thema für junge Nutzer ist .

Potenzial im E-Commerce

Genutzt wird Twint derzeit vor allem für Direktüberweisungen von Person zu Person (P2P) und für das Bezahlen an der Ladenkasse (Point of Sale, POS). Während das Bezahlen an der Kasse in Bezug auf die Anzahl Transaktionen die wichtigste Anwendung ist, weisen Direktüberweisungen von Person zu Person infolge des höheren Durchschnittsbetrags (75 Fr.) den höchsten Anteil des Gesamtvolumens von Mobile Payment aus.

Eine Auswertung der Direktüberweisungen hat ergeben, dass diese Zahlungsmöglichkeit vor allem genutzt wird für das Zurückzahlen von Geld nach Restaurantbesuchen oder im Zusammenhang mit Reisen, für Geschenke, für Tickets oder normale Haushaltseinkäufe.

Erstaunlich ist auf den ersten Blick, dass der Bereich E-Commerce (das Einkaufen via Internet) bislang eine lediglich geringe Bedeutung hat. Zwar wird hier ein grösseres Volumen als an der Kasse umgesetzt, und der entsprechende Durchschnittsbetrag pro Transaktion ist deutlich höher als bei anderen mobilen Anwendungen. In Bezug auf die absolute Anzahl Transaktionen hinkt dieser Bereich aber noch hinterher. Da der Bezahlprozess aus Sicht des Kunden, beispielsweise über Twint, jedoch einfacher ist als viele andere bestehende Lösungen, darf insbesondere im Bereich E-Commerce von einem hohen Wachstumspotenzial ausgegangen werden.

Die monatliche Anzahl der Twint-Transaktionen von derzeit rund 270 000 klingt beachtlich. Relativ gesehen zu sämtlichen abgewickelten Transaktionen beläuft sich der Marktanteil von Mobile Payment insgesamt derzeit aber erst auf rund 0,2% – auch unter Berücksichtigung der geschätzten Transaktionszahlen von Apple Pay und anderen Anbietern in der Schweiz.

Um die zukünftige Entwicklung von Mobile Payment auf Kundenseite abzuschätzen, wurde daher anhand einer Umfrage des Instituts für Finanzdienstleistung Zug die Meinung von (potenziellen) Nutzern ermittelt. Zwischen April und Mai 2017 haben mehr als 300 Personen an einer nicht repräsentativen Online-Umfrage teilgenommen.

Etwas weniger als 20% der befragten Personen haben schon einmal Mobile Payment verwendet. 62% derjenigen Personen, die bisher noch nicht über das Smartphone bezahlt haben, können sich dies in der Zukunft aber zumindest vorstellen. Dieses grundsätzlich hohe Interesse schlägt sich auch in der Anzahl Neukunden bei Twint nieder. Pro Monat gewinnt Twint in etwa 40 000 Neukunden. Rechnet man das hoch, werden in jedem Jahr in etwa 0,5 Mio. Schweizerinnen und Schweizer neu als Mobile-Payment-Nutzer dazustossen.

Überhöhte Erwartungen

Das Marktpotenzial scheint also gross zu sein, wenn man die positive Einstellung der Umfrageteilnehmenden gegenüber dem mobilen Bezahlen betrachtet. In Bezug auf die Markenbekanntschaft hat es Twint geschafft, in relativ kurzer Zeit eine hohe Bekanntheitsquote zu erlangen. Die Bekanntheit ist mit 60% höher als diejenige von Apple Pay (51%), aber noch geringer als diejenige von PayPal, die allerdings schon deutlich länger im Markt aktiv ist (84%).

Wie könnte sich Mobile Payment in Zukunft entwickeln? Einen Orientierungspunkt liefert die Entwicklung der Kontaktlos-Bezahlfunktion von Kreditkarten. Dabei wird ersichtlich: Die Kunden brauchen eine gewisse Zeit, bis sie ein neues Angebot nutzen. Mobile Payment steht in Bezug auf die Bekanntheit derzeit an einem ähnlichen Ort, wo die Kontaktlosfunktion der Karten vor drei Jahren stand.

Es würde nicht erstaunen, wenn die Wachstumsraten von Mobile Payment in etwa ähnlich sein würden. Wird diese Entwicklung auf Mobile Payment übertragen, würden im Jahr 2020 monatlich in etwa 2,5 bis 3 Mio. Transaktionen via Smartphone abgewickelt. Dies würde aber in Bezug auf die Anzahl der Gesamttransaktionen noch immer einem «Marktanteil» von erst rund 1,5 bis 2% entsprechen.

Dass die Marktentwicklung von Mobile Payment in der Schweiz teilweise - belächelt wurde, hängt primär mit überhöhten Erwartungen daran zusammen. Wichtig ist nun, dass es den Mobile-Payment-Anbietern einerseits gelingt, Kunden und Händlern den Mehrwert der bestehenden Anwendungsfälle gegenüber den traditionellen Lösungen aufzuzeigen.

Andererseits wäre es wünschenswert, wenn weitere spannende Anwendungsfälle lanciert würden. Je schneller und besser die Produkte weiterentwickelt werden und je grösser der Mehrwert für die Nutzer ist, desto rascher wird Mobile Payment in der Schweiz angenommen werden.