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«Wenn andere zwangsverkaufen müssen, steigen wir ein»

Peter Jeggli: «Grosse Namen wie etwa Gazprom sind von Anlagequalität in den Hochzinsbereich abgerutscht»

Herr Jeggli, Sie managen Publikumsfonds und Mandate für Hochzinsanleihen. Werden für Sie die wachsenden Zahlungsausfälle zum Problem? -

Ja, daher ist Kapitalsicherung ein zentraler Baustein in unserem Anlageprozess. Die Ausfallquoten steigen, auch bei europäischen Hochzinsanleihen, aber nicht so schnell wie in Nord- und Lateinamerika.

Wie kam es dazu? - Der gesunkene Ölpreis und Überkapazitäten in der Grundstoffindustrie schmälern den Ertrag oder verursachen Verlust. Die Zeiten, als junge Firmen grosszügig billiges Fremdkapital aufnehmen konnten, um damit immer neue Fundstätten zu erschliessen, sind vorbei.

Wie lange wird das noch so weitergehen? - Zahlungsschwierigkeiten werden zunehmen, weitere Defaults kommen auf uns zu. Bis 2017 wird der Stress in der Energie- und der Rohstoffbranche, der sich 2014 abzeichnete, wohl noch anhalten. Dies hat für Anleger auch einen positiven Aspekt, trennt es doch die Spreu vom Weizen.

Wie werden Portfoliomanager damit fertig? - In dieser Zeit ist es zentral, durch akribische Bonitätsanalyse mögliche Wackelkandidaten frühzeitig zu erkennen und durch konsequente Entscheidungen die Kapitalsicherung zu gewährleisten. Gleichzeitig gilt es, neue Renditeopportunitäten in Firmen zu nutzen, die unseres Erachtens zu Unrecht in der Bonität abgestraft wurden.

Haben Sie ein Vorwarnsystem? - Wir haben unseren Kreditanalyseprozess zusammen mit der Rating-Boutique Independent Credit View entwickelt. Unser Kreditrisikomodell – in Anlehnung an das Z-Score-Modell von Professor Altman – verarbeitet historische Daten und führt wichtige Frühwarnindikatoren wie Cashflow, Cash-Konvertierung und Geschäftsrisikoveränderung zu einem Credit Score zusammen.

Das Modell hilft Ihnen auch bei der Auswahl der Fallen Angels, die für Ihr Portfolio in Frage kommen? - Genau – es zeigt uns die gefallenen Engel, also Emittenten, die zwar den Status der Anlagequalität oder Investment Grade, kurz IG, verloren haben, die aber substanziell fähig sein sollten, ihre Schulden weiter zu bedienen. Deren Anleihen erleiden durch die Herabstufung überdurchschnittliche Kursverluste, weil viele Anleger diese Bonds wegen ihren Anlagerichtlinien innerhalb einer kurzen Frist um jeden Preis abstossen müssen. Die so entstehenden Ausverkaufspreise bieten uns dann interessante Anlagechancen.

Gilt für Sie beim Universum dieser Fallen Angels eine Rating-Untergrenze? - Nein, wir entscheiden jeweils im Einzelfall nach sorgfältiger Bonitätsanalyse.

Was ist so attraktiv an Fallen Angels? - Sie bringen uns eine Mehrrendite – wenn man sie clever einsetzt. Vergleicht man den US-Fallen-Angels-Index mit dem US-High-Yield-Index, erkennt man, dass sich mit gefallenen Engeln ein wesentlicher Mehrertrag erzielen lässt. Von den zwanzig grössten Fallen Angels 2002 ist bislang nur einer – Worldcom – als zahlungsunfähig ausgefallen.

Nur ein schwarzes Schaf in der Herde der zwanzig grössten Fallen Angels? - Ja, und dieses schwarze Schaf wurde durch unser Vorwarnsystem angezeigt. Worldcom sandte die typischen Frühwarnsignale: Umsatz, Ebitda und Gewinn stiegen. Der Cashflow aber war negativ, weil Worldcom Kosten nicht der Erfolgsrechnung belastete, sondern in der Bilanz aufkapitalisierte. Diese Schieflage hat unser Modell erkannt.

Gibt es auch positive Beispiele? - Neben GM und Ford, die sich nach Absatz- und Managementproblemen finanziell wieder erholt haben, ist die norwegische Exportfinans ein gutes Beispiel eines gefallenen Engels, der wieder die Kurve gekriegt hat. Bei Exportfinans hatten wir nie Zweifel an der Zahlungsfähigkeit.

Was haben Sie denn aus dem global über 2300 Mrd. $ schweren Universum gefallener Engel zuletzt gekauft? - Wir haben Anleihen von Anglo American, Yum Brands – bekannt für Restaurant-Ketten wie KFC, Pizza Hut oder Taco Bell – und Freeport-McMoRan erworben.

Und die Marktliquidität spielt mit? - Aus Liquiditätsgesichtspunkten ist es besser, wenn grosse Anleihenvolumen wie etwa Anglo American betroffen sind. Dann müssen viele Investoren verkaufen, was uns wiederum eine grosse Auswahl an Renditeopportunitäten sowie eine hohe Liquidität bietet.

Sie profitieren also von Tiefstpreisen, die sich vorübergehend notgedrungen bilden? - Weil die potenziellen Käufer im Hochzinssegment sich erst formieren müssen, fehlt in einem Abwärtssog die Nachfrage. Daraus resultieren oft Ausverkaufspreise. Eine solche Situation erleichtert es uns, Alpha zu generieren, also einen Mehrertrag über die durchschnittliche Marktentwicklung hinaus zu erwirtschaften.

Zentral ist also die Frage des Einstiegszeitpunkts, um mit gefallenen Engeln Alpha zu generieren können? - Wichtig ist zuerst die Bonitätsanalyse. Man muss danach zudem den richtigen Zeitpunkt erwischen sowie ausreichend über Regionen und Sektoren diversifizieren und darf auf keinen Fall alles kaufen, was sich anbietet.

Wie muss man sich das vorstellen? - Nehmen sie die Herabstufung Russlands 2015. Grosse Namen wie etwa Gazprom sind von Anlagequalität in den Hochzinsbereich abgerutscht. Erst nach einer gewissen Zeit sind diese Kurse dann wieder gestiegen – und dann dafür unaufhörlich.

Haben Sie noch andere Beispiele? - Etwa die Rückstufung Brasiliens. Niemand kaufte damals diese Bonds mit dem Ergebnis, dass sie weiter fielen. Die Kurserholung der brasilianischen Unternehmensanleihen setzte erst kürzlich ein.

Die Spreads, also die Renditedifferenz zwischen Hochzins- und Staatsanleihen, schwanken recht stark in Abhängigkeit des Konjunkturzyklus. Ab welcher Höhe sollten Anleger aufpassen? - Hochzinsinvestoren sind langfristig orientiert und schlecht beraten, den Markt zu timen. Spreads von über 600 Basispunkten sind ein Indikator für erhöhte Ausfallraten.

Hohe Spreads sind ein Warnsignal? - Wenn die Spreads steigen, steht nicht selten eine Rezession bevor. Das muss aber nicht immer so sein. 2011 stiegen sie auf 1000 Basispunkte. Dies lag jedoch an der Eurokrise und der Schieflage Griechenlands. In den USA gab es keine Rezession.

Was sagen Ihnen die jetzigen Spreads? - Gemessen an den Spreads sind wir in den USA in einer Rezession. Fundamental weist aber nichts darauf hin.

Die Vergangenheit zeigt, dass die Spreads nie lange auf den hohen Niveaus bleiben. - Das ist eine wichtige und positive Botschaft. In Krisenzeiten müssen sich die Unternehmen neu aufstellen, Kosten sparen und restrukturieren. Einige gehen Konkurs, andere kürzen ihre Budgets und entlassen Mitarbeiter. Weil diese Massnahmen zeitnah passieren, konnten in der Vergangenheit geduldige Investoren innert zwei bis drei Jahren von der Erholung profitieren. Wir nutzen derzeit aktiv solche Opportunitäten.

Aber sie müssen sich schnell entscheiden? - Ja, ein schönes Beispiel ist der März, der uns die stärkste Hochzins-Monatsperformance seit Herbst 2011 lieferte. Der Index ist seit Jahresanfang um über 5% im Plus.

Wie lange wird sich diese positive Entwicklung im Hochzinsbereich noch fortsetzen? - Unsere Hochzinsportfolios erzielen rund 7% fortlaufende Rendite. Anhand der historischen Verlaufsmuster und unter Voraussetzung der Vermeidung einer Rezession erwarten wir positive Renditen über die nächsten zwei bis drei Jahre.

Und die Verlustrisiken? - Unsere Hochzinsstrategie hat eine Duration von rund vier Jahren. 2% Zinsanstieg lassen sich somit bei unveränderten Spreads verkraften. Umgekehrt wären wir bei Rezessionsängsten auch gegen einen Spreadanstieg von zwei Prozentpunkten gewappnet, bei unveränderten Zinsen.