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Was macht eigentlich...

Norbert Walter-Borjans (Mitte) 2012 im Parlament von Nordrhein-Westfalen mit dem Schweizer Botschafter Tim Guldimann (rechts) und CDU-Politiker Friedrich Merz.

Vor ihm kannten die Schweizer wohl kaum einen Minister eines deutschen Bundeslandes beim Namen: Norbert Walter-Borjans, Ex-Finanzminister von Nordrhein-Westfalen (NRW). Er liess mit dem Kauf von Daten-CD Schweizer Banken und deutsche Steuerhinterzieher zittern und brachte am Ende ein zwischenstaatliches Abkommen zu Fall.

Wir erreichen den 66-Jährigen im Spätsommer, nachdem er von einer E-Velo-Tour durch die Bretagne zurückgekommen ist. In Kürze wird er sich im toskanischen Carrara seinem Hobby widmen, der Bildhauerei. Ein Pensionär geniesst den Ruhestand – könnte man meinen. Sein letztes politisches Amt gab Walter-Borjans 2017 ab, als seine SPD die Mehrheit in NRW an die Konservativen verlor. Doch politisch unterwegs ist der Ex-Finanzminister nach wie vor. Als Vortragsreisender, Buchautor und fleissiger Twitterer. Sein Lieblingsthema heute wie damals: Steuerbetrug. «Ich will die Erfahrung aus meinem Berufsleben weitergeben.»

Es fängt an, als Walter-Borjans’ Beamte CD kaufen, die gestohlene Daten von deutschen Kunden bei Schweizer Banken enthalten. Damit geht NRW gegen Steuerhinterzieher und Schweizer Banken vor. Es ist der Beginn des Steuerstreits zwischen den beiden Staaten. Die Schweizer Landesregierung will den Streit aus der Welt räumen, schnürt ein Abkommen mit der deutschen Bundesregierung aus CDU und FDP. Dabei will Walter-Borjans mitverhandeln. Doch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble blockt ab.

Dumm nur: Walter-Borjans ist Vorsitzender des Finanzausschusses im Bundesrat. Der Bundesrat in Deutschland ist die zweite Kammer des nationalen Parlaments, wie der Ständerat in der Schweiz. Nur sitzen im deutschen Bundesrat keine eigens gewählten Abgeordneten, sondern die Regierungen der Bundesländer, die so in der nationalen Politik mitreden. Walter-Borjans mobilisiert seine SPD, die die Mehrheit im Bundesrat hat. In der Schweiz macht ihn das berühmt und berüchtigt. Als bisher wohl einziger Minister eines Bundeslands wird er 2012 in die «Arena» des Schweizer Fernsehens eingeladen, wo  er das Abkommen als «vergiftetes Geschenk» bezeichnet. Deutschland würde zwar Schwarzgeld zurückerhalten, doch die Steuerhinterzieher blieben unbekannt, müssten nur einen Teil ihres Schwarzgelds versteuern und der Ankauf von weiteren CD wäre dann untersagt. «Der Steuerehrliche wäre weiterhin der Dumme gewesen», sagt Walter-Borjans.

Die Emotionen kochen hoch. Die Vorwürfe: Walter-Borjans wolle sich politisch schlicht profilieren, der Ankauf gestohlener Daten mache ihn zum Hehler. «Es gab Briefe aus der Schweiz, die unter die Gürtellinie gingen», sagt Walter-Borjans. Nachverhandeln wollen Bern und Berlin nicht, es kommt zur Abstimmung in den Parlamenten und der deutsche Bundesrat lehnt das Abkommen wie erwartet ab.

Doch Geld fliesst trotzdem. Die angekauften CD führen zu Verfahren gegen Steuerhinterzieher und zu einer Flut von Selbstanzeigen. Rund 7 Mrd. € fliessen in die deutschen Staatshaushalte. Dazu kommen Verfahren gegen Schweizer Banken, die rund 700 Mio. € an NRW zahlen, weitere sollen laut dem Land folgen. Und das Thema wird gemäss Walter-Borjans aktuell bleiben: «Es ist ein unendliches Katz-und-Maus-Spiel, jede Steuerlücke wird ausfindig gemacht.»