Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Vor der SNB-Sitzung stecken die Kritiker etwas zurück

Thomas Jordan ist seit 2012 Präsident der Schweizerischen Nationalbank.

Zwei Monate nach der umstrittenen Aufhebung der Eurountergrenze von 1.20 Franken führt die Schweizerische Nationalbank (SNB) am Donnerstag ihre erste geldpolitische Lagebeurteilung durch. Am Markt hat sich die Situation entspannt. Der Wechselkurs notiert seit vier Wochen zwischen 1.06 und 1.08 Fr./€. Eine Senkung des Leitzins unter –0,7% drängt sich nicht auf. Aber die Ruhe ist prekär.

Die SNB hat in der Öffentlichkeit viel Vertrauen verspielt, als sie  Wirtschaft und Politik mit ihrem überraschenden Beschluss vor den Kopf stiess. Aus Bern hagelt es Kritik, wenngleich Regierung und Parlament diese Woche versuchten, den Ball etwas flacher zu halten. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf nutzte am Montag eine parlamentarische Anfrage, um klarzustellen, dass im Bundesrat kein neuer Mindestkurs gefordert worden sei. Medien hatten zuvor darüber berichtet. Diese Berichte seien falsch.

Bundesrat will mehr Kontakt

Gleichwohl machte sie klar, dass die Aussprachen zwischen der SNB und dem Bundesrat resp. dem Finanz- und dem Wirtschaftsministerium häufiger stattfinden sollten als im bisherigen Vierteljahresrhythmus. Widmer-Schlumpf sieht das nicht als Angriff auf die Unabhängigkeit der SNB. Dass die Regierung auf diese Weise jedoch versuchen dürfte, die Währungshüter häufiger von ihrer Position zu überzeugen, liegt trotzdem auf der Hand.  Im Ausland sind institutionalisierte Kontakte mit der Regierung die Ausnahme. Aussprachen finden im Parlament statt und dies nie mehr als viermal pro Jahr. Der Ball liegt nun bei der Nationalbank.

Ebenfalls am Montag entschärfte der Ständerat einen gegen die SNB gerichteten Vorstoss. Die Gruppenvorsitzenden der vier grossen Parteien hatten gefordert, dass der Ständrat die SNB offiziell auffordere, die obligatorischen Krankenkassen, Unfallversicherungen und Pensionskassen vom Minuszins auszunehmen. Das Plenum lehnte das nun ab.

Die öffentliche Meinung bleibt aber skeptisch. Offen ist, wie sehr die Freigabe des Wechselkurses der Schweiz wirtschaftlich schadet. Am Donnerstag wird die  SNB ihre Prognose präsentieren, zeitgleich mit jener der Expertengruppe des Bundes. Beide Prognosen seien unabhängig voneinander, beteuern  die Beteiligten. Mehrere Konjunkturforscher haben ihre anfänglichen sehr negativen Ausblicke korrigiert. Sie gehen mittlerweile von einem Stagnationsjahr, aber keiner Rezession mehr aus. U. a. weil sie auf eine Erholung in Europa setzen und sich der Dollar stärker als erwartet aufwertet.

Unklare Doppelstrategie

Vor allem muss die SNB eine glaubwürdige Inflationsprognose präsentieren. Die Sorge ist gross, dass die Frankenaufwertung nun zu Deflation führt. Zu jenem Phänomen also, das die SNB mithilfe des Euromindestkurses ab September 2011 zu bekämpfen versprach.

Seit Januar ist auch wieder Preisstabilität – eine Teuerung von knapp 2% –  offizielles Ziel der Geldpolitik. Gleichzeitig  verspricht die SNB, bei Bedarf erneut am Devisenarkt zu intervenieren, um den Franken vor zu heftigen Aufwertungsschüben zu bewahren. Weder ist klar, wie diese neue Doppelstrategie konkret aussehen soll, noch, ob sie in der Praxis funktioniert. Ab wann greift sie in das Marktgeschehen ein? Devisenanalysten schätzen bei Kursen nahe der 1:1-Parität zum Euro.

Und wie soll ihr künftig gelingen, woran sie in der Vergangenheit scheiterte? Die SNB führte 2011 den Mindestkurs ein, weil  sie mit einfachen Devisenkäufen die Aufwertung nicht stoppen konnte, und sie gab ihn vor zwei Monaten auf, weil sie erneut einsehen musste, dass sie allein  nicht gegen den Devisenmarkt ankommt.