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Vereint gegen den Abschwung

Der Abschwung der Weltwirtschaft hat Folgen. Schweizer Industrieunternehmen fahren ihre Investitionspläne für 2019 zurück.

Ein Hauch von Rezessionsangst geht um in Europa. In Italien hat nach der unabhängigen Notenbank inzwischen auch die Regierung ihre Wachstumsprognose für 2019 deutlich nach unten korrigiert. Viel Raum oberhalb der Nullgrenze gibt es nicht mehr. Die Stimmung in Frankreich hat sich eingetrübt. Und in Deutschland bangen immer mehr Konjunkturforscher, ob hinter dem Produktionseinbruch im Herbst doch mehr steckt als nur Verzögerungen bei den neuen Abgastests von Dieselfahrzeugen. Neigen sich die Zeiten des Aufschwungs, reich gefüllter Staatskassen und Vollbeschäftigung dem Ende zu?

Für die Schweiz sind die Sorgen der Nachbarn von grosser Bedeutung. Denn wie die heimische Konjunktur verläuft, hängt weitgehend davon ab, wie sich die europäische Wirtschaft entwickelt. Letztes Jahr verkauften Schweizer Unternehmen 52% ihrer Warenexporte in die EU; dreimal so viel wie in die USA und mehr als das Doppelte dessen, was sie nach Asien lieferten.

Industrie trotzt dem Umfeld

Allerdings präsentiert sich die Schweizer Wirtschaft robust. Die Konjunktur sei in einer guten Verfassung, kommentiert das Konjunkturforschungsinstitut Kof der ETH Zürich ihre Umfrage bei mehr als 4500 Betrieben. Die Geschäftslage trübte sich im Januar nur leicht ein. Die Erwartungen der Unternehmen sind weniger optimistisch. Für 2019 werden die Investitionspläne zurückgefahren. «Aber es gibt keine Anzeichen für eine Abwärtsspirale», lautet das Fazit von Klaus Abberger, der die Kof-Umfrage betreut.

Auch fällt die Unsicherheit unter den Befragten nicht besonders gross aus – trotz Handelskrieg und Dieselkrise. Abberger weist darauf hin, dass sie zwar zugenommen habe, aber deutlich geringer sei als in kritischen Phasen der Vergangenheit, beispielsweise 2015 nach dem ­Frankenschock, im Zuge der Frankenüberbewertung 2010/11 oder während der Finanzkrise 2008/09.

Der Geschäftsgang in der Industrie hat sich zum zweiten Mal in Folge abgeschwächt. Im Januar liegt er auf 3,2 Punkten. Der Auftrags­bestand wächst nicht mehr. Die Unternehmen erwarten, dass die Bestellungen weiterhin zunehmen, aber weniger kräftig als 2018. Den Umfang der Auftragsreserven bewerten sie als normal.

Die Befragungsergebnisse bestätigen die Vorhersagen des Einkaufsmanagerindex PMI. Er nahm seit August deutlich ab, notiert aber weiterhin klar über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten und nur leicht unter dem langjährigen Durchschnitt. Die Kapazitäten sind mit 83,8% gut ausgelastet. Das stützt die Profitabilität. Allerdings müssen bei den Verkaufspreisen vermehrt Zugeständnisse gemacht werden, wodurch die Ertragslage dennoch leicht unter Druck gerät.

Baugewerbe legt zu

Die Januar-Befragung des Kof zeichnet für die meisten übrigen Wirtschaftssektoren ein solides Bild. Im Baugewerbe hat die Kapazitätsauslastung zugenommen, der Auftragsbestand wird günstiger beurteilt. Im Finanzsektor ist die Geschäftslage gut. Und das Gastgewerbe bewertet die Aussichten vorwiegend als günstig. Die Ertragslage ist stabil.

Einzig im Detailhandel bereitet die Abkühlung Sorgen: Es bleiben mehr Waren in den Lagern liegen, und die weitere Umsatzentwicklung wird erneut ungünstiger eingeschätzt. Dabei hatte sich dort die Lage erst kürzlich endlich wieder zum ­Besseren gewendet.

Die meisten Konjunkturbeobachter rechnen für dieses Jahr mit deutlich weniger Wirtschaftswachstum in der Schweiz als 2018. Im Schnitt dürfte es sich von 2,6 auf 1,4% fast halbieren. Hier wirkt sich auch ein statistischer Basiseffekt aus. Denn das erste Halbjahr 2018 war kräftig ausgefallen, der Wachstumsstopp im zweiten Halbjahr zog das Niveau dann tiefer, sodass 2019 mit einem Nachteil startet.

Credit Suisse rechnet mit einer «Rückkehr zu normalem Wachstum». Wegen der Abkühlung im Ausland würden die Nettoexporte leicht unterdurchschnittlich expandieren. Dagegen gewinne der private Konsum als Wachstumstreiber an Bedeutung. Die Beschäftigung steige weiter, und die Arbeitlosenrate sinke auf 2,3%, den tiefsten Wert seit vielen Jahren. Eine höhere Kaufkraft und vor allem wieder mehr Nettozuwanderung aus dem Ausland würden die Konsumausgaben forcieren. Das Bruttoinlandprodukt lege real 1,7% zu, etwas mehr als das langfristige Potenzial.

«Eine Rezession bleibt der Schweiz erspart», argumentiert auch Janwillem Acket, Chefökonom der Bank Julius Bär. Seine Prognose setzt aber viel tiefer an. Er rechnet wegen des statistischen Basiseffekts mit einer kräftigen Wachstumsdelle im ersten Halbjahr. Deutschlands Konjunktur werde sich ab dem zweiten Quartal 2019 erholen, wovon auch die Schweiz profitiere. Aber das echte Problem tritt erst 2020 auf, falls die USA in eine Rezession kippen. Die Schweiz werde sich dann mit 1% Wachstum begnügen müssen.

Tiefe Inflation, tiefe Zinsen

Ganz gleich, wie markant sich die Konjunktur in den kommenden Quartalen abflacht: Die Inflation und die Zinsen werden lange niedrig bleiben. Im Januar sind die Benzin- und Heizölpreise noch einmal gesunken. Die Lage im Detailhandel lässt keinen Spielraum erkennen, um auf breiter Front die Verkaufspreise heraufzusetzen. Die Nationalbank rechnet für 2019 nur mit einer minimalen Teuerung von 0,5%, deutlich weniger als im Vorjahr. 2018 hatte die Rate immerhin zeitweise die Ein-prozentgrenze überwunden.

Nur wenn sich der Franken spürbar abwertet, wird eine höhere Inflation in der Schweiz wahrscheinlich. Gemäss einer Daumenregel erhöht sie sich um 0,05 Prozentpunkte, wenn sich der Euro zum Franken um 1% aufwertet. Allerdings nimmt mit der Konjunkturabschwächung in der Eurozone auch die Wahrscheinlichkeit zu, dass die Haushaltsstreitereien Italiens und Frankreichs mit Brüssel erneut ausbrechen. Das lässt eher einen stärkeren als einen schwächeren Franken erwarten. Unter diesen Umständen rückt ein Ausstieg aus der Minuszinspolitik in der Schweiz in weite Ferne.