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Unsichtbarkeit ist Gold wert

Die Forderung nach Transparenz wird immer lauter, doch die Reichen halten sich lieber verdeckt: Eine Kreation des Mexikanischen Modedesigners Gianfranco Reni.

Luxus soll unsichtbar sein. Dieses Prinzip wird in der Vermögensverwaltung für wohlhabende Kunden nach wie vor grossgeschrieben. Je bedeutender der Kunde und je grösser sein Vermögen, desto mehr Möglichkeiten bestehen, Besitztümer und Transaktionen unter Verschluss zu halten.

Solche Schachzüge haben allerdings ihren Preis. Geheimhaltung bedeutet nicht etwa Steuerflucht oder Geldwäscherei, sondern Diskretion. Wenn es um das Privatvermögen reicher Familien oder Unternehmer geht, war sie schon immer Ausdruck, wenn nicht sogar Quintessenz des finanziellen Luxus.

Diskretion bestimmt das Verhältnis zwischen Vermögensverwalter und Kunde. Der Begriff wird zwar vor dem Hintergrund der Bekämpfung von Steuerbetrug und Geldwäscherei sehr zurückhaltend verwendet, da er dem modernen, auf Transparenz ausgelegten juristischen Diskurs widerspricht. Er ist aber seit dem Ende des Bankgeheimnisses umso wertvoller.

Die kostspieligen Strukturen, die den kapitalkräftigen Kunden ganz legal Vertraulichkeit garantieren, sind zum Luxusprodukt geworden. Die Forderung nach Transparenz wird immer lauter. Absolute Diskretion für natürliche und juristische Personen ist für Vermögende daher zum ultimativen Muss geworden. Entsprechend florieren auch die Family Offices.

In diesen Hochburgen für Privatvermögen werden die finanziellen Angelegenheiten wohlhabender Familien fern der öffentlichen Aufmerksamkeit und abseits neugieriger Blicke verwaltet. Die wichtigsten Finanzzentren führen kein Register dieser Family Offices, die im Übrigen nicht mit den Medien kommunizieren.

Unter sich organisieren die grossen Family Offices Treffen, zum Beispiel in New York. Doch auch diese exklusiven Anlässe sind Insidern vorbehalten. Dort weihen Nachkommen von Grossfamilien andere Grossfamilien über Privatbeteiligungen an nichtkotierten Unternehmen, die ganz ohne Börse oder Banken eingegangen werden können, ein.

Eine britische Erfindung aus dem 11. Jahrhundert schützt Grossvermögen vor externen Blicken und steht für den unsichtbaren Luxus. Die Rede ist vom internationalen Trust.

Mit diesem Privatvertrag kann der Kunde sein Vermögen an einen Dritten (Trustee) ausserhalb des Wohnlandes übertragen, sodass er in den Augen des Gesetzes nicht mehr als Eigentümer gilt. Dieses Mittel der Vertraulichkeit übertrifft jede Form von Bankgeheimnis, das im Vergleich geradezu archaisch wirkt.

Obwohl die internationalen Abkommen heute die Transparenz von Bankkonten vorschreiben, schlüpfen Trusts weitgehend durch die Maschen. Sogar die Ehefrau und die jungen Erben haben oft keine Ahnung, wie reich ihr Mann oder Vater als Gründer einer oder mehrerer Trusts ist.

Meistens wissen sie nicht einmal, dass er Trusts besitzt. Vielerorts müssen die Namen der Gründer, der Treuhänder und der Nutzniesser den Behörden nicht verraten werden (und noch weniger der Öffentlichkeit), und es besteht auch keine Pflicht, die Vermögensgegenstände offenzulegen.

Eine Person kann zum Beispiel über das volle Nutzungsrecht für eine Jacht oder ein Haus verfügen, ohne dass sie gesetzlicher Eigentümer ist. Wertvolle Gemälde, die im Namen von Trustgebilden in Zollfreihäfen lagern, sind nur sehr schwer einer natürlichen, die Vermögenswerte kontrollierenden Person zuzuschreiben.

Indem Trusts das Vermögen des Treuhänders und der Nutzniesser legal trennen, verwandeln sie sie legal in besitzlose Aktiven, die sich aus der Ferne kontrollieren und nutzen lassen, sodass der eigentliche Eigentümer seinen Reichtum nicht zur Schau stellen muss.

Und da Trusts in keinem Register geführt werden, ist es für den Staat nahezu unmöglich, an die Namen der Personen zu gelangen, die hinter dem Trust stecken, umso mehr, als dieser einer fremden Rechtsprechung untersteht. In mehr als fünfzig Ländern wird kein Register verlangt, oder aber die Vorschriften bieten genügend Schlupflöcher.

Insgesamt besteht in der Hälfte der Gerichtsbarkeiten eine Registrierungspflicht, aber praktisch keine schreibt vor, dass alle Nutzniesser oder Eigentümer (d.h. die Gründer) angegeben werden müssen. Auch die Unterlagen zu den Trusts bleiben meistens geheim und sind häufig nur dem Gründer oder Trustee bekannt.

Wohlhabende Leute können ihr Vermögen mithilfe solcher Trustgebilde völlig legal geheim halten und so die in der einschlägigen Gesetzgebung zahlreicher Länder vorgesehene Vertraulichkeit wahren. Der automatische Informationsaustausch der OECD gilt nicht für komplexe Trusts. Sie bleiben somit ein gut gewahrtes Geheimnis. Unsichtbarkeit ist Gold wert. Und sie ist der ultimative Luxus vermögender Personen.