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Unsicherheit ist die einzige Sicherheit

Am vergangenen Montag – just vor Beginn des Jahrestreffens des Weltwirtschaftsforums Wef in Davos – hat Chinas Regierung Wirtschaftszahlen für 2018 bekannt gegeben. Das Bruttoinlandprodukt BIP weist mit 6,6% das schwächste Wachstum seit 1990 auf. Die Tendenz ist mit 6,5% im dritten und 6,4% im vierten Quartal rückläufig.

Als ob dies nicht genug gewesen wäre, legte die Präsidentin des IWF, Christine Lagarde, gleichentags ihre Prognosen für 2019 vor. Die Weltwirtschaft soll dieses Jahr 3,5% wachsen. Das ist zwar beachtlich, jedoch 0,4 Prozentpunkte weniger, als im Vorjahr errechnet wurde. Der Wert für den Euroraum wurde auf 1,6% heruntergestuft.

Es ist frappant, wie sich die Stimmung in der in Davos versammelten Wirtschaftselite im Verlauf nur eines Jahres verändert hat. Am Wef 2018 ging man von einem synchronen globalen Wachstum von 3,9% aus; die Stimmung war gut, nur wenige fragten sich, ob die Prognosen wohl zu hoch seien. Doch was zu gut war, um wahr zu sein, bestätigte sich dann tatsächlich nicht. Der IWF musste seine Vorhersagen mehrmals anpassen. Schlimmer noch, der Dezember 2018 war der schlimmste Monat an den Börsen seit der Depression der Dreissigerjahre. Die meisten Anlageklassen schlossen 2018 mit Verlust.

Dies war der Hintergrund, vor dem die öffentlichen und privaten Gespräche am Wef stattfanden. Besonders den Vertretern der Finanzbranche sass der Dezember noch im Nacken. Der CEO des niederländischen Finanzhauses ING, Ralph Hamers, mahnte jedoch in vielen Interviews, dass man ob all der geopolitischen Unsicherheiten nicht vergessen sollte, dass die Wirtschaft immer noch wächst.

Das Thema des diesjährigen Wef war Globalisierung 4.0, was sicher angemessen war und den Zeitgeist reflektierte. Es kombinierte Globalisierung mit dem Thema Technologie, besonders mit künstlicher Intelligenz und Robotern, die den Arbeitsmarkt weltweit umwälzen.

Die Globalisierung kennt viele Gewinner, etwa multinationale Konzerne. Sie hat auch Hunderte Millionen Menschen aus der Armut gehoben, namentlich in Asien. Es gibt jedoch auch Verlierer, wie Industriearbeiter im Westen, deren Arbeitsplätze in den Osten ausgelagert wurden. In den letzten Jahren fanden sie ihre Stimme in populistischen Bewegungen.

Gerade US-Präsident Donald Trump und seine Politik «America First» mitsamt der Androhung von Handelskriegen zeigen dies deutlich auf. Es waren denn auch der Handelskrieg mit China, der Brexit und weitere geopolitische Gefahren, die heuer die Wirtschaftsführer beschäftigten. Die Präsidentin der amerikanischen Investitionsgesellschaft Rock Creek, Afsaneh Beschloss, traf mit ihrer Aussage, sie habe seit den Siebzigerjahren nicht so viel politische und regulatorische Unsicherheit gesehen, den Nagel wohl auf den Kopf.

IWF-Chefin Lagarde sprach vielen aus dem Herzen, als sie warnte, dass Handelskriege, der Shutdown in Amerika, der Brexit oder die italienische Wirtschaft sich alle belastend und destabilisierend auf das Wachstum auswirkten. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel plädierte für das Bewahren der Weltordnung; die Berücksichtigung der Interessen anderer Länder liege sehr wohl im jeweils eigenen nationalen Interesse. Dies stand wohl im direkten Gegensatz zu Trumps «America First» oder auch zu US-Aussenminister Mike Pompeos Aussage via Video Link, wonach das Aufmischen der Weltordnung eine positive Entwicklung darstelle. Präsident Trump mit Entourage war zwar physisch abwesend, doch seine eigenwillige Aussen- und Wirtschaftspolitik war als Gesprächsstoff in Davos allgegenwärtig.

Das Thema Globalisierung 4.0 umfasst natürlich auch die Frage, wer die Technologie der Zukunft entwickelt und besitzt, da dies bestimmt, wer die Zukunft gestaltet. Hier zeichnet sich einmal mehr eine Rivalität zwischen den grossen Technologiekonzernen Amerikas und Chinas ab.

Das Fazit dieser Woche ist wohl, dass Unsicherheit derzeit die einzige Sicherheit ist. Gerade deshalb, um ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen, ist es wichtig, dass sich Politiker, Wirtschaftskapitäne und Vertreter der Zivilgesellschaft alljährlich  am Wef in Davos austauschen können.