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UniCredit kämpft mit Altlasten

Der Torre UniCredit in Mailand ist das höchste Gebäude Italiens und Hauptsitz der grössten italienischen Bank.

Die gemessen an der Bilanzsumme grösste Bank Italiens hat im ersten Halbjahr 2016 gegenüber dem Vorjahr gut gewirtschaftet. UniCredit erhöhte ihren Nettogewinn 27% auf 1,3 Mrd. €. Zudem haben im zweiten Quartal alle Divisionen einen positiven Beitrag zum Ergebnis geleistet. Damit ist die Bank operativ gut unterwegs.

Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Auf dem Unternehmen lastet eine hohe Quote notleidender Kredite aus der Finanz-und Eurokrise. Sie ist zwar seit sechs Quartalen rückläufig, beträgt allerdings immer noch 14,5%. Das ergibt bei UniCredit ein Volumen an ausfallgefährdeten Krediten von 51,3 Mrd. €. Gemäss Definition der Europäischen Zentralbank gilt ein Kredit als notleidend, wenn Zins- oder Tilgungszahlungen seit mindestens neunzig Tagen in Verzug sind oder wenn gute Gründe vorliegen, die eine Nichtzahlung befürchten lassen (z. B. Konkurs).

Knappes Kapital

Die Bank hat zwar für 61,6% der ausfallgefährdeten Kredite Rückstellungen gebildet, aber das Problem ist die Illiquidität des Marktes. Das drückt die Preise. Der Liquidationswert und der vom Markt gebotene Preis klaffen immer noch weit auseinander. Genaue Zahlen sind schwierig zu eruieren. «Die Preistransparenz für notleidende Kredite ist limitiert, betrachtet man aber die Kurs-Buchwert-Kennzahlen der italienischen Bankaktien, versteht man, dass wenig Anreiz besteht, die Kredite möglichst schnell abzustossen», sagt Sandro Zwyssig, Fixed-Income-Analyst bei LGT.

Die Analysten von Natixis wagen dennoch eine Prognose. Sie gehen von einem fairen Wert der notleidenden Kredite von etwa 20% aus. Ein forcierter Verkauf des gesamten Bestandes an notleidenden Krediten würde – aufgrund einer Lücke zwischen Rückstellungen und Marktwert von rund 20% – zu hohen Abschreibungen führen. Eine Kapitalerhöhung würde unumgänglich. Deshalb schiebt die Bank das Problem vor sich hin.

Investoren hoffen, dass Jean Pierre Mustier, seit Mitte Juli 2016 CEO der Bank, die Restrukturierung vorantreibt. Dazu gehört hauptsächlich die Stärkung der Kapitalisierung der Bank. Mustier ist seit 2011 bei der Bank und somit mit den Problemen von UniCredit vertraut.

Dass die Probleme ernst sind, zeigte sich bereits einen Tag nach Amtsantritt, als der neue CEO einen Plan für eine Strategieüberprüfung vorlegte. Im Zentrum stehen Kostensenkungsmassnahmen. Auch wenn die Bank mit einem Kosten-Ertrags-Verhältnis um 60 auch bislang schon relativ effizient gewirtschaftet hat. Die Analysten von Morgan Stanley gehen davon aus, dass UniCredit bis 2018 ihre Kosten 6,7% auf 12,7 Mrd. € senkt. Sie erwarten im Laufe des dritten Quartals weitere Informationen und die Ankündigung konkreter Massnahmen.

Die Ergebnisse des von der europäischen Bankenbehörde EBA durchgeführten Stresstests zeigen, dass bei UniCredit in einem Stressszenario das Kapital knapp wird. Offiziell thematisiert die Bank eine Kapitalerhöhung vorerst nicht. Sie gibt in einer Stellungnahme nur zu bedenken, dass der Stresstest auf der Bilanz von Dezember 2015 beruht und die künftige Ergebnisentwicklung und Unternehmensaktivitäten nicht berücksichtigt.

Auf Kapitalerhöhung warten

Die Analysten von Barclays sehen drei Gründe für diese zurückhaltende Kommunikation. Erstens habe der Markt Mühe, nach der Bekanntgabe der Kapitalerhöhung der Bank Monte dei Paschi im Umfang von 5 Mrd. € eine weitere grosse Kapitalerhöhung zu verdauen. Zweitens wolle das Unternehmen den Ausgang des Referendums in Italien im Oktober abwarten, um die Chancen für eine erfolgreiche Kapitalbeschaffung zu erhöhen. Drittens bestehe die Möglichkeit, dass das Management vor einer Kapitalerhöhung erste Erfolge bei Kostenreduktionen und Vermögensverkäufen zeigen wolle, um den Aktienkurs anzukurbeln und so die Verwässerung für bestehende Aktionäre zu reduzieren.

Wenn es um die Höhe des benötigten Kapitals geht, werden die Analysten von Morgan Stanley konkret. Sie gehen davon aus, dass der Kapitalbedarf bei UniCredit 8 Mrd. € beträgt. Sie haben ihre Schätzung nach dem Halbjahresergebnis 2 Mrd. € erhöht. Das ist viel, gerade im Vergleich mit der Kapitalisierung von 13 Mrd. €.

Die Analysten sehen aber die Möglichkeit, dass das Unternehmen die Verkäufe von Nicht-Kerngeschäften beschleunigt und so die Kapitalsituation entschärft.

UniCredit ist eine Universalbank, die sowohl im Privatkundengeschäft als auch im Investment Banking und im Asset Management tätig ist. Regional erwirtschaftet die Bank rund die Hälfte ihres Umsatzes in Italien und ein Viertel in Zentral- und Osteuropa.

Dieses Geschäft sei von strategischer Bedeutung, hat der CEO anlässlich der Halbjahreszahlen bestätigt. Daraufhin deutet auch die Übertragung des Bereichs Zentral- und Osteuropa Anfang August von der österreichischen Tochtergesellschaft Bank Austria an die Muttergesellschaft nach Mailand.

Die knappe Kapitalsituation lastet auch auf der Aktienbewertung. Die Aktien von UniCredit handeln mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 5, das zeigt die solide Gewinnentwicklung im Vergleich zum niedrigen Aktienkurs. Das Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,2 bedeutet, dass das Unternehmen zu 20% des Bilanzwertes gekauft werden kann. Damit gehören die Aktien zu den günstigsten im Branchenvergleich.

Ein Grossteil der negativen Nachrichten und die drohende Kapitalerhöhung dürften damit in den aktuellen Aktienkursen enthalten sein. Doch sie zeigt auch das grösste Problem der Bank: Der Markt traut den Bilanzwerten nicht. Für eine nachhaltige Höherbewertung der Aktien müsste sich nach Ansicht der Analysten von Morgan Stanley zuerst die Kapitalisierungsfrage klären.

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