Uhren sind gefragte Kunstobjekte
Armbanduhren haben sich als Sammlerobjekte am Kunstmarkt etabliert. Ihre Marktreife spiegelt sich in einem massvollen Preisgefälle zwischen den verschiedenen Qualitätssegmenten.
Der Sammlermarkt für Armbanduhren gehört zu den jüngsten Spezialgebieten des Kunstmarktes. Anders als manche seiner gleichaltrigen Geschwister wie etwa die Spezialgebiete Fotografie oder Sammlerplakate ist er schon früh aus seiner Spezialmarktnische herausgetreten. Im Alter von kaum vierzig Jahren hat er seine Eltern, die klassischen Taschenuhren, inzwischen weit hinter sich gelassen und seine Reifeprüfung in einem schwierigen Marktumfeld überzeugend bestanden.
Diese Marktreife spiegelt sich weniger in spektakulären Spitzenpreisen als vielmehr in einem massvollen Preisgefälle zwischen den unteren, den mittleren und den obersten Qualitätssegmenten. Für mechanische Luxusarmbanduhren, die in den letzten zwanzig Jahren vor allem durch spektakuläre Millionenpreise für einzelne Raritäten von Patek Philippe auffielen, erforderte dies zuerst ein preisliches Aufholen von Spitzenrivalen wie Rolex und verwandten Parademarken. Dies konnte man in den letzten fünf Jahren beobachten.
Rolex holt auf
Zwar führen die Weltzeituhren und einzelne Chronographen von Patek Philippe nach wie vor mit grossem Abstand die Auktionspreislisten an. Am 16. Mai 2011 versteigerte Christie’s in Genf jedoch einen grossen Rolex-Doppelchronographen der Ref. 4113 aus dem Jahr 1942 in Edelstahl für 1,035 Mio. Fr. Zwei Jahre später konnte Christie’s-Uhrenexperte Aurel Bacs am 13. Mai 2013 erneut ein fast identisches Exemplar dieser Uhr für 1,11 Mio. Fr. verkaufen. Seither spielt das 1905 vom Deutschen Hans Wilsdorf als Uhrenhandelshaus mit dem in allen Sprachen wohlklingenden Fantasienamen Rolex gegründete Unternehmen in der Millionärsliga des Sammleruhrenmarktes.
Dieses Nachrücken der besten Uhren aus der zweiten (Preis-)Liga ist eine natürliche Folge einerseits der Verknappung an Museumsstücken der obersten Preisklasse und andererseits der stetigen Verbreiterung der Marktbasis. Dementsprechend werden ja auch die meisten Millionentrophäen von Spitzenreiter Patek Philippe laufend teurer. Dies gilt selbst für so vergleichsweise junge Meisterwerke wie die erst 2008 eingeführte und 2013 zum 150-Jahr-Firmenjubiläum überarbeitete Sky Moon Tourbillon. So zahlte ein anonymer Käufer am 12. Mai 2013 bei Antiquorum 1,2 Mio. Fr. für ein 2008 als Sonderausführung gebautes roségoldenes Exemplar dieser doppelseitigen astronomischen Taschenuhr der Referenz 5002 mit Minutenrepetition und rückseitiger Sternkarte sowie zahlreichen weiteren Komplikationen.
Diese Verbreiterung der Marktbasis für Sammleruhren ist an das Entstehen neuen Wohlstands und Reichtums in den Bric-Staaten gekoppelt, und zwar direkter und schneller als etwa das Interesse an Kunst und Antiquitäten. Schliesslich findet man eine eindrucksvolle und erst noch überall vorzeigbare Armbanduhrentrophäe bereits zu einem Bruchteil des Preises, den man etwa für einen trophäentauglichen Picasso, Warhol oder Klimt ausgeben muss.
Preisbildende Meisterschaft
Mehr über die Reife des Sammleruhrenmarktes und seiner Sammler sagt dagegen der Umstand, dass seit etwa drei Jahren immer häufiger auch Raritäten weniger bekannter Hersteller auf Auktionen Überraschungspreise erzielen. Einen vorläufigen Höhepunkt erreichte diese noch junge Entwicklung an der Genfer Uhrenauktion von Sotheby’s am 11. Mai 2013: Ein Sammler in Asien zahlte 341 000 Fr. für eine um 2010 in nur elf Exemplaren in Roségold gebaute Armbanduhr mit 25 Grad geneigtem 24-Sekunden-Tourbillon von Greubel Forsey. Technikverliebten Uhrenkennern ist dieses kleine, von den beiden Erfindern Robert Greubel und Stephen Forsey (www.greubelforsey.com) in La Chaux-de-Fonds betriebene High-Mech-Unternehmen für seine spektakulären Multitourbillons zwar wohlbekannt. Immerhin hat sogar Harry Winston im Jahr 2012 für die Entwicklung seiner Opus 6 mit diesen beiden Herausforderern physikalischer Grenzen zusammengearbeitet.
Aber dass solch blosse uhrmacherische Virtuosität am Sammlermarkt inzwischen eine ähnliche Preisbildungskraft entfaltet wie ein traditionsreicher Herstellername, deutet darauf hin, dass dieser Markt ein neues, erwachsenes Reifestadium erreicht hat. Dem lernwilligen Sammler bieten sich damit neue, reizvolle und möglicherweise sogar gewinnversprechende Möglichkeiten zum Einstieg und für Entdeckungen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch