Der Sündenfall liegt zehn Jahre zurück: 2007 wurde, fünf Jahre nach der Ablehnung des Elektrizitätsmarktgesetzes durch das Volk, das Stromversorgungsgesetz verabschiedet und 2009 in Kraft gesetzt. Es verankerte eine Strommarktliberalisierung in zwei Schritten. Zunächst durften nur die Grosskunden mit einem Jahresverbrauch von mehr als 100 000 Kilowattstunden Strom ihren Lieferanten frei wählen. Die Kleinkunden, Private sowie kleine und mittlere Unternehmen, blieben gefangen; sie sollten 2014 in den freien Markt entlassen werden. Die Politik wollte davon allerdings nichts wissen und schob den Termin hinaus.
Ein sachliche Begründung für diese Aufspaltung gab und gibt es nicht. Sie war lediglich der politischen Angst vor einer erneuten Abstimmungsniederlage geschuldet. Schon damals allerdings war klar, dass mit der Zweiteilung ein enormes Diskriminierungspotenzial geschaffen wurde – ökonomisch ein Unding.
Das wurde dieser Tage klar, als die Nationalratskommission der Wasserkraft eine weitere Subvention zuschanzen wollte, die die gefangenen Kleinkunden hätten bezahlen müssen. Der Rat wollte davon glücklicherweise nichts wissen. Dieser Versuch hat den Anstoss gegeben zu einer parlamentarischen Initiative des FDP-Nationalrats und Direktors des Gewerbeverbands, Hans-Ulrich Bigler. Er verlangt, dass die Liberalisierung nun endlich umgesetzt wird.
Dieser Schritt ist überfällig – die preisliche Diskriminierung kleiner Kunden ist unerträglich und falsch. Allerdings dürfte das Anliegen nicht nur auf Zustimmung stossen. Energieministerin Doris Leuthard hat die Strommarktöffnung stets als störendes Element verstanden, vor allem mit Blick auf ihre planwirtschaftliche Energiestrategie. Sie dürfte auch jetzt versuchen, das Thema dort zu belassen, wo es ist: auf der langen Bank.
Die Liberalisierung des Strommarkts könnte auch dem Abschluss eines Stromabkommens mit der EU, die der Schweiz hier weit voraus ist, wieder Schwung verleihen, auch wenn kein direkter Zusammenhang zwischen Marktliberalisierung und Stromabkommen besteht.
Ein Stromabkommen wäre auch mit Blick auf die Versorgungssicherheit erwünscht. Am Donnerstag wies der Präsident der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) darauf hin, dass die Sicherung der Versorgung mit Strom zu einer immer grösseren Herausforderung werde. Der ehemalige Ständerat Carlo Schmid-Sutter stellte klar, dass die Importabhängigkeit der Schweiz mittel- und längerfristig zunehmen werde. Dabei ist allerdings unsicher, ob die wichtigsten Lieferantenländer, Frankreich und Deutschland, stets lieferbereit sein werden.
Auch darum ist der Vorstoss zur Liberalisierung zu unterstützen. Realistischerweise ist nicht mit einem raschen Erfolg zu rechnen, zu viele politische Interessen stehen dem entgegen. Die Kämpferin wider alles, was mit Markt, Liberalisierung und Freiheit zu tun hat, die politische Linke, nimmt dafür gern eine höhere Belastung der Kleinen in Kauf.
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Überfällige Liberalisierung
Die Diskriminierung der kleinen Kunden im Strommarkt muss aufhören. Ein Kommentar von FuW-Redaktor Peter Morf.