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Überangebot lastet auf den Kaffeepreisen

In Brasilien haben Maschinen auf vielen Plantagen Menschen abgelöst, wie hier in Machado im Bundesstaat Minas Gerais.

Futures der Kaffee-Sorte Arabica sind Mitte April auf den niedrigsten Stand seit dreizehn Jahren gefallen. Zuletzt war ein Kontrakt für ein Pfund für gerade mal 90,25 US-Cent zu haben. Der Preiszerfall macht sich im Portemonnaie des regelmässigen Kaffeetrinkers kaum bemerkbar, für Bauern ist er jedoch fatal. Ein Preis von unter 1 $ reicht vielerorts nicht, um die Produktionskosten zu decken.

Ein Zusammentreffen mehrerer Faktoren hat zum aktuellen Preisniveau beigetragen. Viele davon sind in Brasilien zu finden. Die Brasilianer verantworten 14% des globalen Kaffeekonsums und produzieren über ein Drittel des Kaffees weltweit.

Weltmeister Brasilien

Kaffee wird wie fast alle Rohstoffe in Dollar gehandelt. Wegen der Vormachtstellung Brasiliens verbilligt die Abwertung des Reals gegenüber dem Dollar die Bohnen für alle Akteure. Zusätzlich wurde in Brasilien mit staatlicher Förderung und Investitionen in die Modernisierung der Plantagen die Produktivität gesteigert. Andere Länder wie Kolumbien, Vietnam und Indien wollen Brasiliens Dominanz schwächen und haben ebenfalls Initiativen zur Förderung der Produktion lanciert. Das Resultat ist ein Überangebot.

Kaffee ist eine sensible Pflanze, er wächst nur in den Bean-Belt-Ländern mit gemässigtem Klima in der Nähe des Äquators. Das Wetter ist zentral für Erfolg oder Misserfolg der Ernte. So können ein Kälteeinbruch oder Unwetter zu schlechtem Ertrag und somit höheren Preisen führen. Umgekehrt bedeuten günstige Wetterverhältnisse eine grössere Produktion.

Der Ernteerfolg ist zyklisch, ein gutes und ein schlechtes Jahr wechseln sich jeweils ab. Theoretisch ist das Jahr 2019/2020 ein Off Cycle in Brasilien, in dem die Pflanzen sich regenerieren und weniger Ertrag abwerfen. Durch die Mehrausgaben der brasilianischen Regierung für Forschung und Entwicklung und die intensivierte Pflege der Pflanzen kann dieser Effekt jedoch verringert werden.

Brasilien beheimatet mehr als eine Viertelmillion Kaffeeplantagen. Nicht alle haben technisch aufgerüstet, viele sind kaum grösser als 7,5 Hektar. Die Arabica-Pflanze wächst zudem besser an schattiger Hochlage, wo kostensparende Mechanisierung kaum angewendet werden kann. So bedroht der tiefe Preis auch in Brasilien die Existenz der Bauern. Einige sparen nun bei Pestiziden und Dünger, was wiederum die Erfolgschancen ihrer Ernte für das nächste Jahr mindert.

So entwickelt der tiefe Kaffeepreis einen Sog: Diejenigen, die bereits zu kämpfen hatten, scheitern, die grossen Produzenten überleben. Kleinbauern verkaufen ihr Land oder wechseln zu gewinnbringenderen Pflanzen. Da Kaffeepflanzen erst nach vier Jahren genügend Bohnen produzieren, kann der Ausstieg nicht so schnell rückgängig gemacht werden. Daraus resultieren eine geringere Artenvielfalt und weniger Wahlfreiheit für den Endkonsumenten.

Nicht nur pessimistisch

In den ersten fünf Monaten des laufenden  Kaffeejahres – das je nach Aussaatdatum im April, im Juli oder im Oktober beginnt – hat Brasilien den Ertrag gegenüber dem Vorjahr bereits um 30% gesteigert. Für das Gesamtjahr 2018/2019 rechnet die International Coffee Organization mit einer weltweiten Produktion von 10 083 Kilotonnen und einem Konsum von 9899 Kilotonnen. Das US-Agrardepartement prognostiziert einen dreimal höheren Überschuss. Deshalb gehen die meisten Marktbeobachter davon aus, dass die Preise in den nächsten Monaten nicht steigen.

Analysten der Société Générale sind anderer Meinung. Sie erwarten einen baldigen Preisanstieg in Arabica-Futures auf deutlich über 1 $ pro Pfund, aufgrund des Off-Cycle-Jahres in Brasilien und der stetig wachsenden Nachfrage. Letzteres lässt sich dadurch belegen, dass die Lagerbestände nicht zunehmen. In Japan und den USA sind sie sogar deutlich zurückgegangen, obwohl mehr Kaffee produziert wird. So sei auch die Ertragssteigerung in Brasilien mittlerweile beim Maximum angelangt.

Laut Société Générale fokussiere der Markt zu sehr auf die negativen Aspekte, was den Preisdruck aufrechterhalte. Je länger die niedrigen Preise andauern, desto eher werden nicht profitable Kaffeebauern aus dem Markt vertrieben, was langfristig wieder zu einer Normalisierung des Preisniveaus führen könnte.

Risikofreudige Anleger, die dieser optimistischen Preisprognose Glauben schenken, können in Kaffee-Futures investieren. Entsprechende Kontrakte werden am Terminmarkt in New York, São Paulo und London gehandelt. Einfacher sind Investments in börsengehandelte Fonds (Exchange Traded Funds, ETF), die den Kaffeepreis abbilden. Alternativ kann auch in Unternehmen angelegt werden, die ihr Geld mit dem Verkauf von Kaffee verdienen, also beispielsweise Starbucks, Kraft Heinz oder vielleicht bald den chinesischen IPO-Kandidaten Luckin Coffee.