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Zehnder: Tüfteln, werkeln und erfinden

Das Damenmodell des «Zehnderli» von 1925 war beliebt «bei Hebammen, Pfarrherren und Motorradsport treibenden Damen».

Die Zehnders erobern in den Zwanzigerjahren mit ihrem Kleinmotorrad die Schweiz. Das «Zehnderli» gewinnt Bergrennen und die Herzen von Pfarrherren. Doch der Erfolg währt nicht lange, die Gesellschaft geht in Konkurs.

Davon lassen sich «S’Mechanikers» nicht unterkriegen und erfinden bald den Stahlradiator, noch heute das bekannteste Produkt von Zehnder. Die 125-jährige Geschichte ist geprägt von tüfteln, werkeln und erfinden.

Stammvater Jakob Zehnder, geboren 1855, arbeitet in den 1880ern in einer Musikdosenfabrik und zieht nebenher einen Velohandel mit Werkstatt für Reparaturen aller Art auf. Die aus Frankfurt importierten Adler-Velos versieht er mit Etiketten: «Feinstes Oel für Fahrräder», denn der Käufer soll ja Kunde bleiben.

Die Vielfalt an Ideen kann Jakob nicht allein umsetzen. Seine sieben Söhne lässt er zu Mechanikern respektive Kaufleuten ausbilden. Stets suchen sie nach Neuem, auch im Ausland. Der siebzehnjährige Robert schreibt 1907 seinem Bruder Jakob junior nach England: «Otto geht stramm auf den Handel los.

Erwin der hilft dem Vater Velo reparieren.» Zu dieser Zeit haben die Zehnders im aargauischen Gränichen den Übernamen «S’Mechanikers».

Der Zufall spielt mit

Die Geschäfte laufen in den Zehnerjahren gut. «Wir haben wirklich mehr als genug zu arbeiten», schreibt Jakob junior seinem Bruder Arnold nach England. Doch alle Aktivitäten, etwa der Handel mit Adler-Automobilen, werden bald von der Herstellung und dem Export von Munition in den Schatten gestellt.

Nach dem Kriegsende bricht das Munitionsgeschäft aber ein. Wieder wird die Suche nach Neuem intensiviert, aber noch ist die Zeit für die Stahlradiatoren nicht gekommen.

Jakob und Arnold konzentrieren sich auf das Kaufmännische, Otto ist Werkstättenchef, Robert führt die Schlosserei, Erwin die Dreherei, Walter und Ernst sind in Ausbildung. Jakob Senior zieht sich mit 63 Jahren langsam zurück.

Die Brüder bauen eine Werkzeugschleifmaschine. Revolutionär daran: Sie ist ausgestattet mit einem Einzelantrieb. 1920 stehen die Brüder «zwei volle Stunden davor, ohne genug zu bekommen», berichtet Walter in einem Brief. Die neuartige Maschine wird zum Verkaufshit.

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Das weitere Geschick ist auch dem Zufall geschuldet. Zunächst zwingt die Weltwirtschaftskrise zum Schrumpfkurs, doch es geht weiter. 1923 reisen Walter und Robert nach Deutschland. Dort wollen sie ihren «Sphinx» abholen, doch das Automobil ist nicht fertig.

Gleichzeitig verliert ihr Geld, das sie dabei haben, wegen der Inflation an Wert. Robert kauft deshalb ein Motorrad der Marke Cockerell. Zu Hause nehmen die Brüder das Gefährt unter die Lupe und erkennen schnell, dass es ein Leichtes ist, das Modell nachzubauen und mit ein paar Änderungen leistungsfähiger zu machen.

Legendäre Rennerfolge

Das Zehnder-Leichtmotorrad, das «Zehnderli» mit 115-cm3-Zweitakt-Motor, trifft den Nerv der Zeit und erobert die Schweiz. «Steigungsvermögen 18%, Geschwindigkeit 4 bis 55 km/h, Verbrauch 1 Liter pro 40 km, Spitzenleistung 2 PS» – das kommt an.

Das Damenmodell, mit tiefgezogenem Rahmen für komfortables Aufsteigen, ist beliebt bei «Hebammen, Pfarrherren und Motorradsport treibenden Damen», heisst es in der Unternehmensgeschichte.

Das «Zehnderli» gewinnt zahlreiche Bergrennen in der Schweiz und auch die Sechstagefahrt Paris–Nizza von 1926. «Am Berg konnten die anderen Maschinen nur noch abdanken», rühmt sich Zehnder-Rekordfahrer Otto Graf, ein Kleinbauersohn aus Gränichen.

Bald bringt Zehnder eine Version mit 250 cm3 auf den Markt, die allerdings floppt, und das ursprüngliche «Zehnderli» ist nicht mehr zeitgemäss. Das Motorradgeschäft bricht ein. Dazu kommt eine viel zu hohe Kapitalbindung. Finanziell wird es immer enger. 1930 müssen die Gebrüder Zehnder ihre Firma den Gläubigern überlassen.

Doch die Zehnders verzagen nicht. 1929 haben sie die Idee, Heizkörper herzustellen. Der Markt boomt. Bisher sind die Dinger aus Gusseisen. Da muss es etwas Besseres, Moderneres geben, sind sie überzeugt. Robert kommen die Kühlergrille von Lastwagen in den Sinn.

Die sind aus Stahl, nicht aus Gusseisen. Warum soll das nicht auch für Heizkörper funktionieren? Solche Stahlrohrradiatoren wären doch viel leichter, handlicher und anpassungsfähiger! Schnell wird die Idee in die Tat umgesetzt und patentiert.

Das Patent von 1930 sichert der neu gegründeten Gesellschaft Gebrüder Zehnder florierendes Geschäft. Die zwei- bis sechssäuligen Heizkörper erobern den Markt. Nach dem Zweiten Weltkrieg läuft das Patent aber ab. In der Schweiz beginnt auch Arbonia, Radiatoren herzustellen.

Die beiden sind noch heute Konkurrenten. Es springen immer mehr Hersteller auf den Zug auf. Doch Zehnder behauptet sich, auch durch Übernahmen. Zu den Referenzobjekten zählen die Heizkörper in der 1953 fertiggestellten Abflughalle von Kloten.

Jakob junior hat mit straffem Führungsstil die Zügel in der Hand, bis 1965. Dann drängt die dritte Generation an die Macht, vor allem Otto junior und Hans-Jakob. Sie setzen in den Sechzigern und Siebzigern die Internationalisierung des Radiatorengeschäfts durch – gegen den Willen der älteren Generationen. In dieser Zeit arbeiten mehrere Söhne und Enkel des Stammvaters im Unternehmen.

Die Gruppe wächst im Heizkörpergeschäft auch durch Kooperationen und Übernahmen, auch im Ausland. 1960 ist Zehnder in Deutschland grösser als in der Schweiz. Wieder stellen die Zehnders ihre Innovationskraft unter Beweis, etwa mit einer automatischen Schweissmaschine in der Produktion.

Andere Anbieter wie Von Roll oder Arbonia setzen auch auf Heizwände und Konvektoren, Zehnder nicht. Das rächt sich, die Lage verschlechtert sich. «Die Konkurrenz hat uns überflügelt, (…) wir stecken in grossen Schwierigkeiten», gesteht 1967 Geschäftsleiter Hans-Jakob ein.

Immer wieder Innovationen

In den Siebzigern folgen wegen der Ölkrise harte Anpassungen sowie Diversifizierung in die Bereiche Messgeräte und Maschinenbau. Unterdessen wandelt sich Zehnder von einer Arbeitsgemeinschaft mehrerer Familien zu einer Kapitalgemeinschaft, die Familien driften auseinander. Akquisitionen, Investitionen und Modernisierung verlangen neue Wege, was 1986 an die Börse führt.

Hans-Jakob übergibt sukzessive die Führung an Sohn Hans-Peter. Letzterer erinnert sich: «Die Pläne lagen in der Schublade, unsere Hausbank SKA hat dann Tempo gemacht, weil das Börsenumfeld günstig war.»

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Auf die Diversifizierung folgt bald die Konzentration auf Heizkörper. Dann tritt erneut der Innovationsgeist zutage, mit dem Einstieg in das Lüftungsgeschäft in den Nullerjahren. Zehnder punktet mit Lösungen in Wärmerückgewinnung, Geräuschentwicklung und Hygiene und erreicht in Europa führende Positionen.

Aktuelle Herausforderung von Hans-Peter Zehnder, 1954 geborener Urenkel des Stammvaters und seit 1993 VR-Präsident, ist die Nachfolgeregelung. Ein erster Versuch, einen Geschäftsführer ausserhalb der Familie einzusetzen, scheitert 2018.

Seit Februar ist der VRP wieder CEO, bis ein neuer Chef gefunden ist. Seine 1985 geborene Tochter Milva ist VR-Mitglied, die Juristin will aber keinen operativen Posten übernehmen.

Möglicherweise gibt es aber in zehn oder fünfzehn Jahren wieder einen CEO aus der Familie. Und vielleicht ist dann auch die jüngste Innovation – die derzeit noch mit Problemen kämpft – ein Erfolg: der Heizkörper Zmart, bei dem die Rohre nicht aus Stahl, sondern aus Kunststoff sind.

Die komplette Historie zu Zehnder finden Sie hier. »