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Tesla war gestern

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Nio EP9 von NextEV
SchaustückeDer Faraday Future FFZero1 (Bild 1) und der Nio EP9 von NextEV (Bild 2) wollen Aufmerksamkeit wecken. Mit umgerechnet vierstelligen PS-Zahlen beschleunigen sie wie eine Kanonenkugel. In Kleinststückzahlen gebaut, sollen sie zu siebenstelligen Dollarpreisen verkauft werden.
Nio EP9 von NextEV

D er Neuigkeitswert von Tesla lässt nach. Die Marke ist bekannt und am Markt etabliert – obwohl sie dieses Jahr erst rund 100 000 Elektroautomobile absetzen wird. Angezogen von den Möglichkeiten der Elektromobilität hat sich im Sog der Popularität des kalifornischen Pioniers bereits eine Meute hungriger Start-up-Unternehmen gebildet, die ebenfalls auf reine Elektrofahrzeuge, Digitalisierung und Vernetzung setzt und auf vollautonomes Fahren abzielt.

Sie haben Namen wie Faraday Future, LeSee, Lucid Motors oder Nio respektive NextEV. Wie Tesla sind sie im Silicon Valley entstanden oder unterhalten dort ein Technologiezentrum. Umsatz generieren sie noch nicht, doch ihre Pläne sind durchweg gross. Interessant: Alle haben China-Connections und arbeiten (zum Teil) mit chinesischem Kapital. Nimmt man Tesla als Richtschnur, werden sie noch sehr viel davon benötigen.

Mit Autoneum und Bossard

Mit Autoneum und Bossard sind mindestens zwei Schweizer Unternehmen in Entwicklungsprojekte dieser Start-ups eingebunden, Autoneum bei «zwei der Genannten», Bossard bei Faraday Future und Lucid Motors (vormals Atieva). Bossard-CEO David Dean sagte jüngst zur FuW: «Beide werden voraussichtlich 2018 mit der Produktion beginnen und dann spürbar zu unserem Umsatz beitragen.» Anders als Autoneum ist der Verbindungstechnikspezialist auch mit Tesla im Geschäft .

Autoneum will über die frühe Einbindung mehr über die besonderen Bedürfnisse erfahren, die aus der Elektrifizierung und Vernetzung des Automobils sowie aus dem autonomen Fahren und neuen Mobilitätsformen entstehen. Hersteller, die diese Trends umsetzen, sollen mit den besten Lösungen im Wärme- und Akustikmanagement unterstützt werden können, heisst es.

Vorboten - Die auf grössere Volumen ausgerichteten E-Autos von Lucid Motors und von LeSee (unten) präsentieren sich bereits seriennah. Das Fahrzeug von Lucid lässt dank des platzsparenden Elektroantriebs auf einen grossen Innenraum schliessen.

NextEV tanzt aus der Reihe

Die neue Marke Nio des ebenfalls neuen E-Autoherstellers NextEV will mit einem Imageträger punkten: Der Nio EP9 hat jüngst auf der Nürburgring-Nordschleife den Rundenrekord für E-Fahrzeuge pulverisiert. Von dem Supersportwagen sind bislang sechs Exemplare geplant.

Der EP9 dient als Aufmerksamkeitsheischer. Das Geschäftsmodell an sich dreht sich um Erreichbareres: Geplant seien Modelle, die weniger als halb so viel kosten wie das Model S von Tesla, sagte Gründer und Chairman William Li zu Bloomberg. Li hatte NextEV vor zwei Jahren mit zwei anderen Internet-Unternehmern und dem inzwischen verstorbenen Automobilmanager Martin Leach (Ford, Maserati) lanciert. Finanzielle Unterstützung kommt von Tencent Holdings und Hillhouse Capital sowie neu von Sequoia Capital und Joy Capital.

Das erste Volumenmodell soll gemäss «Fortune» nächstes Jahr in China präsentiert werden. Dort laufen die Fäden der über Silicon Valley (San Jose), München, London und Schanghai verzweigten Gesellschaft zusammen, und dort wagt sie auch ihre ersten Schritte. Die globalen Märkte kommen später an die Reihe.

Anders als die drei anderen Start-ups will Nio/NextEV die Produktion auslagern. Das schafft Flexibilität und reduziert den Kapitalbedarf.

Auch Faraday Future spielt mit dem Aufmerksamkeitsfaktor. An der diesjährigen CES in Las Vegas – der Consumer Electronics Show, die auch immer mehr Autobauer anzieht – hatte das 2014 im Silicon Valley gegründete Start-up ebenfalls ein Extremfahrzeug gezeigt. Weiteres Interesse generiert die Gesellschaft mit der Ankündigung, mit LG Chem eine Super-Batterie entwickelt zu haben.

An der nächsten CES im Januar gilt es ernst: Dort wird das erste Serienmodell erwartet. Verkaufsstart soll 2018 sein. Momentan wird der Zeitplan für den Bau der 1 Mrd. $ teuren Fabrik in North Las Vegas allerdings «angepasst» – es ist von Finanzierungsproblemen die Rede.

Hinter Faraday steht Jia Yueting. Der mehrfache Milliardär ist Gründer des chinesischen Netflix-Pendants LeEco, das mit Smartphones und E-Automobilen zu einem digitalen Ökosystem ausgebaut werden soll. Gemäss Jia soll LeEco nicht nur Chinas Netflix, sondern auch Chinas Apple und Chinas Tesla werden. Die in Shenzen unter Leshi Information & Technology Corporation Beijing gelisteten Aktien bringen 11 Mrd. Fr. auf die Waage, haben sein Jahresbeginn aber 30% eingebüsst. Jia selbst hält 34% der Anteile.

Jia ist auch bei Lucid Motors engagiert und baut mit LeEco zudem selbst E-Automobile, unter der Marke LeSee – eine ungewöhnliche Konstellation.

Vorboten - Der LeSee Pro erinnert in seiner Grundform an das Model S von Tesla.

Gute Erfahrungen mit Edna

LeSee hatte im Oktober in San Francisco eine überarbeitete Version seines Erstlings präsentiert. Nähere Angaben wollte LeEco-Chairman Jia dabei aber nicht machen, weder zum Produktionsfahrplan noch zum Preis. Generell ist wenig bekannt, ausser dass im Osten Chinas 1,8 Mrd. $ in eine Fabrik mit einer Jahreskapazität von 400 000 Fahrzeugen (in zwei Stufen) investiert werden.

Mehr Informationen gibt es zu Lucid Motors. Die im Silicon Valley beheimatete Gesellschaft war 2007 vom früheren Tesla-Manager Bernard Tse als Batterienhersteller gegründet worden; erst kürzlich hat sie sich von Atieva in Lucid Motors umbenannt. Der Start der Autoproduktion ist auf 2018 terminiert. Im ersten Jahr sollen es 8000 bis 10 000 Stück sein, später 50 000 bis 60 000. Der Produktionsstandort ist noch nicht bekannt; er soll aber im Westen der USA liegen. Erste Testfahrten waren mit «Edna», einem umgebauten Mercedes-Transporter, gemacht worden. Inzwischen wird mit einem getarnten seriennahen Fahrzeug getestet.

Einen einzelnen Hauptinvestor gebe es nicht, wird Technikdirektor Peter Rawlinson – einst Chefingenieur für den Tesla Model S – von der Multimediaplattform «The Verge» zitiert. Die Kapitalquellen, die er nennen kann, sind: Venture Rockefeller, der japanische Mischkonzern Mitsui & Co., Beijing Auto und – LeEco.

Vieles erinnert an Tesla. Finanziell weckt das gemischte Gefühle. Wer am traditionellen Modell der Eigenproduktion festhält, wird einen hohen Kapitalbedarf haben. Börsengänge sind deshalb für die Zukunft nicht auszuschliessen. Hohe Verluste in den Anfangsjahren auch nicht.