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Tecan muss die Komfortzone verlassen

Seit beinahe zwei Jahren ist David Martyr im Amt als CEO des Laborausrüsters Tecan, und noch immer deckt der ehemalige Verantwortliche des Life-Sciences-Geschäfts von Danaher mit seinem fast rundum erneuerten Führungsteam Erstaunliches auf. Am Capital Markets Day enthüllte der neue Chef Development & Operations, Ulrich Kanter, dass die Produktion im zürcherischen Männedorf, wo sich auch der Hauptsitz befindet, noch immer zu 80% von lokalen Unternehmen beliefert werde. Insgesamt sind über 300 Gesellschaften in das hiesige Zuliefernetz eingebunden.

Ein globales Beschaffungswesen war für Tecan bisher weitgehend ein Fremdwort. In der internen Organisation wurde offenbar auch die Fokussierung auf den Kunden sträflich vernachlässigt. Wie Stefan Träger, der seit 2013 amtierende Chef der Sparte Life Sciences Business, sagte, wurden erst jüngst nach Kundengruppen segmentierte Geschäftseinheiten gebildet, ein Customer-Relationship-Management-Informatiksystem auf SAP-Basis eingeführt und die Verkäufer mit iPad-basierten-Verkaufsdokumentationen ausgerüstet.

Markt expandiert nur noch 3 bis 5%

Hohe Margen und eine loyale, überschaubare Kundschaft ermöglichten Tecan lange Zeit ein wenig kostenbewusstes Dasein. Doch die goldenen Zeiten sind auch in der Diagnostikbranche vorüber, für die Tecan zum Grossteil ihre Laborautomaten herstellt. Die beiden Hauptabsatzmärkte, In-vitro-Diagnostik und Life-Sciences-Research, die beide geschätzt rund 40 Mrd. $ schwer sind, wachsen nur noch 3 bis 5% pro Jahr.

Der Grund für das verschlechterte Geschäftsumfeld liegt vor allem im Kostendruck, der Forschungseinrichtungen und auf Tests im Reagenzglas (in vitro) spezialisierte Gesundheitslabors seit dem Ausbruch der Finanzkrise gleichermassen plagt. Der von Tecan letztes Jahr erwirtschaftete Umsatz von 388 Mio. Fr. lag noch immer 6% unter dem 2007 erzielten Spitzenwert von 414 Mio. Fr. Die Ebit-Marge hatte 2009 auf 16,7% einen Höhepunkt erreicht und betrug 2013 noch 14,1%.

Nun soll es aber wieder stetig aufwärtsgehen. Wie das Management vor Analysten und Investoren bekräftigte, soll der Umsatz bis 2015 auf 475 Mio. Fr. erhöht und auch die Profitabilität – in einem allerdings nicht bezifferten Ausmass – gesteigert werden. Obwohl Martyr damit sein ursprüngliches Umsatzziel von 500 Mio. Fr. bereits reduziert und Tecan im ersten Semester 2014 mit einem Umsatzeinbruch von 5,4% die Erwartungen klar verfehlt hat, schenken ihm die Analysten Vertrauen. Auf Basis einer Durchschnittsschätzung von 476 Mio. Fr. für 2015 rechnen sie mit einer Punktlandung.

Hohe Erwartungen ans Chinageschäft

Zur Popularität des 57-jährigen Briten trägt bei, dass er als CEO des vom US-Konglomerat Danaher übernommenen Diagnostikunternehmens Leica Microsystems den Umsatz zwischen 2007 und 2011 von 550 Mio. auf 1,2 Mrd. $ schraubte. Ein zentraler Treiber dabei war der Ausbau des Chinageschäfts – ein Kunststück, das Martyr auch bei Tecan vollbringen will. Wie schon früher in Aussicht gestellt, strebt der Laborausrüster in der Volksrepublik bis 2015 einen Umsatz von über 40 Mio. Fr. an, nach erst 13 Mio. Fr. 2010. Während das für Tecan bisher massgebliche Geschäft mit Labors aus dem Verbund der amerikanischen National Institutes of Health (NIH) voraussichtlich stagnieren wird, dürften die staatlichen Life-Sciences-Forschungsausgaben in China bis 2020 auf US-Niveau steigen.

Für Schub sollen auch drei Produktneuheiten sorgen, die Martyr und seine neue Führungsmannschaft indes noch von den Vorgängern geerbt haben. Seit neustem im Verkauf ist das Flagship-Produkt Fluent, das – damals noch unter dem Namen Myrius – bereits 2012 zur Lancierung vorgesehen war, aber zugunsten eines anderen Kernprodukts, Ortho Vision, zurückgestellt wurde. Der in drei Grössenvarianten erhältliche Pipettierroboter wird, wie Martyr «Finanz und Wirtschaft» am Rande der Investorenveranstaltung verriet, zu rund 15 bis 20% höheren Preisen als die Geräte der Vorgängergeneration Evo verkauft.

Weil die neuen Geräte aber deutlich leistungsstärker sind und Forschungslabors damit einen Produktivitätsgewinn ermöglichen, ist der Tecan-Konzernchef für die Absatzentwicklung dennoch zuversichtlich gestimmt. «Wir rechnen mit Tausenden verkaufter Geräte über einen Lebenszyklus von über zehn Jahren», sagte er.

Substanzielle Mehreinnahmen erhofft sich Tecan zudem von den für zwei Drittkunden, Dako (Tochtergesellschaft des US-Diagnostikkonzerns Agilent) und Ortho-Clinical Diagnostics (jüngst von Johnson & Johnson an den Finanzinvestor Carlyle verkauft), hergestellten Geräten Dako Omnis und Ortho Vision. Im sogenannten Partnering Business, das für Tecan den zweiten Geschäftsbereich neben den Life Sciences bildet, soll ab 2015 auch erstmals ein – noch nicht identifizierter, im chinesischen Spitalmarkt aber offenbar etablierter – Diagnostikanbieter aus China Geräte von Tecan beziehen.

«Serie von Akquisitionen»

Zur Wachstumsankurbelung verspricht Martyr trotz deutlich gestiegener Bewertungen im Umfeld des Unternehmens auch weiterhin «eine Serie von Akquisitionen». Im Juli stiess das private deutsche Unternehmen IBL International für 35 Mio. Fr. zu Tecan.

Anleger, die auf die Ankündigung des nächsten Deals gehofft hatten, wurden enttäuscht. Prompt verloren die Tecan-Aktien am Donnerstag 1,8% auf 102.70 Fr. Engagements drängen sich auch auf diesem Niveau nicht auf. Auf Basis eines KGV von 20, das sich aus der unveränderten FuW-Gewinnschätzung von 5.30 Fr. pro Titel für 2015 ergibt, sind die Tecan-Valoren im Branchenvergleich bereits überdurchschnittlich hoch bewertet.

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