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Tausend Kilometer auf Pferderücken durch die Mongolei

«Dies sind keine Ferien!» schreiben die britischen Organisatoren von The Adventurists (die noch andere Extrem-Events ausschreiben) auf ihrer Homepage. «Dies sind Abenteuer und darum von Natur aus risikoreich. Die Möglichkeit, durch die Teilnahme ernstlich verletzt zu werden oder gar umzukommen, soll nicht unterschätzt werden.» Dennoch schrieben sich auch dieses Jahr gegen 40 professionelle, halbprofessionelle oder einfach enthusiastische Reiterinnen und Reiter aus aller Herren Länder zum 9. Mongol Derby ein.

Zu gross sind Lust und Neugierde auf die Herausforderung, auf die Faszination, dieses riesige, dünn besiedelte Land auf ungewöhnliche Art kennen zu lernen, auf den Reiz, die eigenen Grenzen auszuloten – physisch und mental. «Es waren zehn Tage höchster Adrenalinausschüttung», sagt Silvia Simonin.

Die heute 37-jährige diplomierte Bereiterin und Tierpflegerin hat das Mongol Derby als erste Schweizerin vor drei Jahren mitgeritten. Ihr Fazit: «Das Beste, was ich je gemacht habe! Es war nicht nur eine unglaublich intensive Erfahrung von Natur, fremder Kultur, von Einsamkeit und von Teamgeist zwischen Mensch und Pferden – es hat vieles in meinem Leben danach relativiert.»

Täglich 100 Kilometer

Natürlich werden die Teilnehmer vorgängig genau befragt, warum sie diesen «verrücktesten Ritt der Welt» unternehmen wollen. Denn nebst täglich langen Stunden auf dem Rücken der Mongol Ponys (eine einheimische, nur ca. 130 bis 150 cm hohe, halbwild in Herden lebende Pferderasse) muss man auch riskieren, sofern man das Etappenlager nicht vor 20 Uhr erreicht, unter freiem Himmel zu übernachten (wenn’s gut geht, nächtigt man auch auf dem Boden, in den für die Landbevölkerung typischen Jurten und isst mit Einheimischen einheimisches).

Man kann sich auch mal verirren, muss die eigenen und die Kräfte der Pferde taktisch klug einteilen und vor allem mit den erlaubten fünf Kilo Gepäck auskommen, das man in der Satteltasche mit sich führt. «Da bleibt neben Schlafsack, Ersatzklamotten, Ersatzbatterien, Notfallapotheke und Wasserflasche nicht mehr viel übrig», erinnert sich Silvia Simonin und schmunzelt: «Ich hatte mich noch nie so intensiv mit dem Gewicht meiner Kleider befasst. Und wie viel WC-Papier braucht man für zehn Tage…?»

Obwohl sich das Feld der Reiter bald mal verteilt und man oft ganz auf sich allein gestellt ist: Jeder Teilnehmer ist mit GPS und mit einem Peilsender ausgestattet, mit dem man jederzeit geortet werden kann. Und im Hintergrund steht ein gut organisierter Support: Ein Ärzteteam sorgt sich, falls nötig, um grössere und kleinere Bobos der Reiter.

Und, ebenso wichtig: Veterinärmediziner checken regelmässig die Pferde. Die Mongolenpferde sind zwar eine extrem zähe Rasse. Sie haben gelernt, sich in der Herde zu behaupten, weitgehend für sich selbst zu sorgen. «Eine natürliche Selektion», sagt Pferdekennerin Silvia Simonin.

Da es aber beim Mongol Derby schliesslich um ein Rennen geht und man täglich an die 100 Kilometer reitet, oft in hohem Tempo und bei manchmal schwieriger Bodenbeschaffenheit, wechselt eine Reiterin drei- bis viermal pro Tag das Pferd. Und ein nächstes erhält man erst, wenn der Veterinärtest auf Dehydration, Puls, Scheuerwunden, Lahmheit oder andere Verletzungen positiv verlaufen ist.

Wer dem Pferd zu viel abverlangt, kann ausgeschlossen werden. «Sie sind zwar enorm hart im Nehmen und manche verausgaben sich auch sehr stark», sagt Silvia Simonin. «Aber sie können einem auch zeigen, wenn es ihnen zu viel wird.» Unvergessliches Erlebnis: Als die Reiterin an einem Tag in einen regelrechten Hagelsturm geriet, stellte sich ihr Pferd kurzerhand mit dem Hintern gegen den Wind und war nicht mehr zu bewegen…

Viel Genuss, aber auch Herausforderungen

Jedes der 35 bis 40 Pferde, die ein Teilnehmer im Laufe des Mongol Derby reitet, hat eben seinen eigenen Charakter. «Man reitet wundervolle Pferde. Aber auch einige, die man gerne wieder abgibt», erinnert sich Silvia. Man durchquert Sumpfgebiete und Flüsse, trifft auf ausgestorbene Dörfer, begegnet riesigen Herden von Schafen, Ziegen, Yaks (zentralasiatische Rinder) und Pferden und sogar kleinen Gruppen von Kamelen.

Man überquert Pässe, durchreitet Wälder, findet sich tags darauf in der Wüste oder der Weite der Steppe. Man hat viel Genuss, aber stets auch neue Herausforderungen. Etwa, sich für die richtige Route zum Tagesziel zu entscheiden, von dem man nur die GPS-Koordinaten kennt. Manchmal ist es Stress pur! Was bleibt, sind die unvergesslichen Bilder.

Silvia Simonin: «Eines meiner Pferde bescherte mir die schönsten Momente des ganzen Rennens. Es war super zu handeln und unglaublich schnell, ein richtiger Renner. Er gab mir das Gefühl, ganz genau zu wissen, was er tat. Ich liess ihn einfach laufen. Nach einer Weile kamen wir zu einer Wiese, die voll war mit kniehohen, blühenden Blumen, und wir preschten in atemberaubendem Tempo hindurch. Die Welt stand einen Augenblick still – nur ich, dieses Pferd und diese Landschaft. Alleine schon für diesen Moment lohnte sich der ganze Aufwand!»