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Smart Beta liefert keine Renditewunder

Besonders Strategien, die das Risiko des Portfolios reduzieren, haben die Erwartung vieler Anleger erfüllt, Kurs­verluste immerhin abzumildern.

Mit manchen Faktorstrategien konnten Anleger den Markt auch vergangenes Jahr wieder schlagen (vgl. Box) . Das sind Strategien, die Titel nach bestimmten Kriterien auswählen und die in der Vergangenheit eine Überrendite eingebracht haben. Man kann in sie günstig und einfach mit börsengehandelten Fonds (ETF) oder aktiven Anlagevehikeln investieren. Bei Fonds werden sie als Smart Beta bezeichnet – ­dagegen ist normales Beta das Exposure zum breiten Aktienmarkt.

Besonders Strategien, die das Risiko des Portfolios reduzieren, haben die Erwartung vieler Anleger erfüllt, Kurs­verluste immerhin abzumildern. Dazu ­gehören Minimum-Volatilitäts-Strategien (MinVol) – sie senken die Schwankungen des Portfolios so weit wie möglich – oder Ansätze, die Aktien anhand einer geringen Kursvolatilität auswählen.

Doch es gibt Zweifler, die vor zu viel Vertrauen in die Outperformance der Faktorrenditen warnen. In einer Studie aus dem Jahr 2016 argumentiert Rob Arnott von Anlagespezialist Research Affiliates, dass die Smart-Beta-Strategien zu beliebt werden könnten. Werden diese Aktien zu teuer, würden sie in Zukunft weniger ­Rendite abwerfen.

Faktor ist teurer geworden

Folgt man diesem Gedanken, ist bei MinVol Vorsicht angebracht. Die Strategie wurde gegenüber dem breiten Index MSCI World zuletzt teurer. Während MinVol 2017 ähnlich hoch bewertet war wie der Gesamtmarkt, liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis nun bei 18. Für den breiten Index beträgt es 16.

Vorhersagen auf Basis von Bewertungen will Nicolas Rabener, Geschäftsführer des Faktorspezialisten FactorResearch, nicht treffen. Er misst, wie stark Faktoren Overcrowded – also zu beliebt – geworden sind. Bewertungen sind dabei nur eine Massgrösse, er berücksichtigt auch das Momentum oder die Volatilität der Faktoranlagen: «Es ist robuster, verschiedene Masse zu kombinieren», sagt Rabener. So seien die schlecht laufenden Value-Aktien im Vergleich zum Gesamtmarkt so günstig wie seit der Technologieblase Ende der Neunzigerjahre nicht mehr.

Es sei aber schwierig, mit dem Crowd­ing-Mass die Performance eines Faktors vorherzusagen. So sei der Zufluss in einen Faktor wichtig, um überhaupt eine Überrendite zu erreichen. Rabener sieht seine Analyse als Mittel zum Risikomanagement: «Bei einem Overcrowding werden höhere Volatilität und Kursverluste wahrscheinlicher.» Minimum-Volatilitäts-Strategien sind nach seiner Beobachtung noch nicht übermässig beliebt. Dagegen wiesen Growth- und Momentum-Strategien Anfang 2018 wegen der Dominanz der Technologietitel Overcrowding auf.

Sensibel auf Zinsentwicklung

Dagegen könnte eine andere Eigenschaft der Faktorstrategie die Anleger böse überraschen. Claus Hecher, ETF-Spezialist bei BNP Paribas Asset Management, erklärt: «Anleger sollten sich bewusst sein, wie zinssensitiv Faktorstrategien sind, die ­wenig schwankende Titel auswählen.» So halten Minimum-Volatilitäts-Strategien gerne Sektoren, die von niedrigen Zinsen profitieren. Etwa Versorger, Telecom-Titel und Immobilien sind gegenüber dem Gesamtmarkt übergewichtet.

Hecher betont, dass die ETF von BNP Paribas solche Sektoren weniger stark gewichten. Doch Rabener ist gegenüber solch einem Ansatz skeptisch: «Je weiter man sich von der Originalstrategie hin zum  Marktindex nähert, desto geringer ist die mögliche Überrendite. Man bekommt eine Mischung aus Minimum-Volatilitäts-Strategie und dem Index.» Wolle man die positiven Attribute der Strategie, müsse man die negativen akzeptieren.

Fallende Marktzinsen haben dem Faktoransatz geholfen, eine Outperformance zu erzielen. In den USA ist die langfristige Anleihenrendite seit dem Jahr 2000 deutlich gesunken. So konnte MinVol wohl erst die erhoffte Schutzwirkung erfüllen. Rabener sagt: «In den ­letzten 20 Jahren sind jedes Mal bei einer Börsenkorrektur auch die Marktzinsen ­gesunken.» Und hätten in schlechten ­Börsenphasen MinVol Auftrieb gegeben.

Auch für das vergangene Jahr beobachtet Rabener, wie die risikosenkende Faktorstrategie von den Anleihenrenditen getrieben wurden: «Anfang des Jahres litten solche Strategien unter den höheren Zinsen. Als Ende Jahr die Renditen wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit gesunken sind, rentierten die MinVol-Strategien wieder besser.» Für diesen Faktor werde es  verheerend, «wenn wie in den Siebzigerjahren die Zinsen steigen und die Aktienkurse sinken».

Gemäss den Berechnungen von Rabener ist die Zinssensitivität der Niedrig-Volatilitäts-Strategien nicht immer so stark – sie hängt davon ab, welche Sektoren gerade eine niedrige Volatilität aufweisen. Doch über die letzten Jahre ist die Zinssensitivität im Vergleich zur Vergangenheit sehr hoch. Er resümiert: «Aus unserer Sicht könnte man stattdessen auch günstig das Marktportfolio kaufen und dazu Staatsanleihen mischen.»

Rabener warnt, dass Faktorstrategien «nicht an sich gut sind». Man müsse verstehen, von welchen Entwicklungen ihre Performance getrieben werde. «Einzelne Faktoren können jahrelang enttäuschen», erklärt er. Im Moment ist das der Value-Faktor. Rabener: «Doch auch die Size-Strategie, also die Übergewichtung kleinerer Titel, hat von 1980 bis 1990 jedes Jahr eine Underperformance eingebracht.»