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Schweizer Textilien traditionell beständig

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Teppich Aureola, Christian Fischbacher
Savoir-faire und Innovation: das Erfolgsgeheimnis bei Création Baumann und Christian Fischbacher.
Trotz Krise spielen die drei erfolgreichen Schweizer Familienunternehmen auch international noch immer in der ersten Liga.

St. Gallen, Langenthal, Appenzell. Mailand, Paris, New York, London. Was stimmt hier nicht ? Nichts – oder eben alles. Création Baumann, seit 1866 in Langenthal zu Hause, produziert und vertreibt hochwertige Textilien für die Innenausstattung institutioneller und privater Kunden auf der ganzen Welt. Als Expertin für intelligente Textilien und Stoffe mit Zusatzfunktionen kann die Firma im internationalen Wettbewerb bequem mithalten. Konkurrenz kommt wohl eher aus heimischen Reihen.

Von Christian Fischbacher zum Beispiel, dem Giganten für luxuriöse Heimtextilien und Bettwäsche aus St. Gallen, der seit sechs Generationen zu den Big Players gehört. Oder von Alumo, dem Spezialisten für Hemdenstoffe für das höchste Anspruchssegment mit Sitz in Appenzell, der seit neunzig Jahren Kunden wie Brioni, Hermès, Zegna, Stefano Ricci, Zilli, Alfred Dunhill und andere Edelmarken beliefert. Alle drei Textilhäuser befinden sich noch in Familienhand und haben es verstanden, sich den verschiedenen Konjunktursituationen anzupassen. Ihr Rezept scheint eigentlich ganz einfach: Identität, Qualität und Kreativität.

Markenstärke

«Unsere Firma konnte infolge der Wertsteigerung des Frankens nur dank der Stärke des Labels Christian Fischbacher eine Preiserhöhung in Europa durchsetzen», sagt Michael Fischbacher, CEO der bald 200-jährigen Marke. Die Endkunden akzeptieren die Preiserhöhung, weil sie genau dieses und kein anderes Produkt möchten.

Im Geschäftsjahr 2014 erwirtschaftete Christian Fischbacher 56 Mio. Fr. Umsatz, wobei 80 % der Produktion in den Export gingen. «Unsere Aushängeschilder sind Bettwäsche und Heimtextilien. Auch wenn 75 % unseres Geschäftsvolumens aus Textilien bestehen, wissen die Leute in bestimmten Ländern erstaunlicherweise nicht einmal, dass wir diese selbst herstellen. In Italien und Japan, unseren nach DACH – Deutschland, Österreich, Schweiz – grössten Absatzmärkten, ist dies aber nicht der Fall.»

Bei Romuald Eicher, CEO von Alumo, klingt es ähnlich: «Unsere grösste Konkurrenz kommt aus Italien, unter anderem von der Albini-Gruppe. Jedoch die Leute, die uns kennen, bleiben uns treu.» Ganz lässt sich der Markt der Premium-Herrenhemden aber nicht mit demjenigen der Heimtextilien vergleichen. Die Kunden des Appenzeller Herstellers von Baumwoll-Vollzwirnqualitäten, der sich im Besitz mehrerer, streng unter Verschluss gehaltener Familien befindet, lassen sich in zwei Kategorien einteilen: die grossen Herrenmarken auf der einen, die Massschneider wie Fray in Bologna auf der anderen Seite.

Je die Hälfte der jedes Jahr verkauften Million Meter Stoff entfällt auf Mass- und auf Konfektionshemden. Der starke Franken wirkt sich kaum auf den Geschäftsgang aus. «Die Preisdifferenz ist zweitrangig, denn es geht um Prestigeproduktionen», heisst es bei Alumo. «Ein Mann, der ein Geschäft betritt und ein Hemd aus Alumo-Stoff verlangt, wird seine Meinung nicht ändern, wenn es etwas teurer ist. Er will Qualität.»

Eine einzige Qualität: Die Beste

«Von der Verarbeitung des Garns bis zum fertigen Stoff: Bei uns wird nur das Beste vom Besten verwendet, und wir produzieren alles in Langenthal», hält Philippe Baumann, CEO des Familienunternehmens Création Baumann, fest. Die Marke beschäftigt 180 Personen am Hauptsitz und rund 60 in den Filialen und hatte 2014 einen Exportanteil von 65 %. «Unser Umsatz beläuft sich auf 46 Mio. Fr., der ertragsstärkste Markt ist die Schweiz, gefolgt von Deutschland, wo wir eine Filiale betreiben, den USA, Japan und dem übrigen Europa.»

Auch hier machen die Textilien für die Innenausstattung mit nahezu 80 % des Absatzes den Löwenanteil aus. In St. Gallen verpackt und prüft Christian Fischbacher die Ware, die Produktion aber wurde nach Europa verlagert. «Mit dem starken Franken war es schlicht nicht mehr möglich, in der Schweiz zu produzieren. Leinen und Baumwolle für Bettwäsche kommen aus Italien und werden bei Schweizer Lieferanten verarbeitet, mit denen wir teilweise schon mehr als hundert Jahre zusammenarbeiten», sagt der Markenmanager.

Das oberste Credo sei einwandfreie Qualität, betont Romuald Eicher. «Die Textilfasern werden bei Alumo oder bei Lieferanten, die uns sehr nahe stehen, gesponnen, gewoben und gefärbt. Bei uns arbeiten rund 200 Angestellte. Das Know-how befindet sich also hier in der Schweiz, nur so können wir die gesamte Wertschöpfungskette kontrollieren.» Die Konkurrenz aus Italien ist gross, trotzdem ist genau dieses Land Alumos grösster Absatzmarkt, noch vor den USA und Europa. Die einen verlegen ihre Produktion ins Ausland, die anderen geraten durch die hohen Löhne und Kosten in der Schweiz unter Druck.

Beide müssen sich etwas einfallen lassen, um weiterhin bestehen zu können. Kreativität ist gefragt. «Der starke Franken ist eine grosse Herausforderung und belastet unsere Geschäfte massiv. Die Konsumenten überlegen zweimal, bevor sie in ihre Innenausstattung investieren. Um sie nicht zu verlieren, suchen wir nach neuen Ideen, die für mehr Lebensqualität sorgen», erklärt Philippe Baumann seine Strategie.

Innovation und Überlieferung

Akustische und antimikrobielle Stoffe, Hafttextilien, lasergeschnittene Muster und viele andere innovative Produkte für private Kunden, Museen, Spitäler und Büros werden bei Baumann in den Abteilungen Création und Entwicklung entworfen. Der Aufwand scheint sich zu lohnen: Création Baumann zählt prominente Institutionen wie das British Museum in London und das Zentrum Paul Klee in Bern zu seinen Kunden. Bei Fischbacher leitet Michaels Frau Camilla als Art Director das hauseigene Design Studio.

Die von ihr entworfenen Produktlinien überraschen immer wieder mit unerwarteten Materialien wie recycelten PET-Flaschen. Auch Alumo hält die Kunden mit neuen Kreationen bei Laune, beispielsweise mit der seltenen ägyptischen Baumwolle Soyella Duecento, die sich wie eine zweite Haut anfühlt.

Alle drei Unternehmen behaupten sich auf ganz unterschiedliche Art in dieser schwierigen Wirtschaftslage, aber alle halten dabei an ihrer Tradition fest und blicken dank gelebter Innovationsdynamik zuversichtlich in die Zukunft. «Das ist zweifellos eine typisch schweizerische Mentalität», urteilt Philippe Baumann. «Ich bin die vierte Generation und hoffe, dass einer meiner drei Söhne die Firma einmal übernimmt. Also gebe ich nicht auf. Ein Amerikaner wäre vielleicht bereits der Versuchung erlegen, zu verkaufen.»