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Retailbanken im Bewertungscheck

Fest in regionaler Hand: Die St. Galler Kantonalbank.

Börsenliebling Retailbank. Während der breite Markt seit Jahresbeginn nicht vorwärtsgekommen ist, haben die Aktien der Kantonal- und Retailbanken gut 7% zugelegt. Damit führen die Titel ihren positiven Langzeittrend fort. Die Entkopplung ihrer Aktien vom Gesamtmarkt lässt sich erklären. Beim Kauf der Aktien ist aber Vorsicht geboten, die wenigsten drängen sich auf.

Drei Jahre nach Einführung der Negativzinsen geht es den kotierten Schweizer Kantonal- und Retailbanken gut wie selten zuvor. 2017 steigerten 16 der 17 Institute erneut ihren Ertrag, alle bis auf zwei zudem ihren Gewinn. Die Zahlen fürs erste Quartal setzen die Entwicklung fort. Elf Institute konnten 2017 im wichtigen Zinsgeschäft nochmals eine Schippe drauflegen. Allerdings nicht durch den reinen Ertrag aus Zinsen, die sie auf Hypotheken und Kredite erheben. Dieser sank bei 15 Banken (Schnitt: –2,1%) und das obwohl sie alle ihre Bilanzen ausweiteten (4,2%), sprich mehr Kredite vergaben. Auslaufende Hypotheken können nur zu tieferen Zinsen verlängert werden.

Dass sich fast alle Banken im Zinsgeschäft unterm Strich steigern konnten, liegt an den erneut gesunkenen Zinskosten. Dahinter stehen zum einen die Zinsen, die Banken ihren Sparern zahlen, sprich kaum noch etwas. Zum anderen werden dort Negativzinsen verbucht, die Banken selbst auf Barvermögen grosser institutioneller und privater Kunden erheben oder von anderen Instituten verlangen, die Liquidität bei ihnen parken.

«Die Banken haben sich im Negativzinsumfeld gut eingerichtet», sagt Michael Kunz, Analyst der Zürcher Kantonalbank.  «Der sinkende Zinsaufwand kompensiert den sinkenden Zinsüberschuss.» Zudem können sie sich zu Traumkonditionen refinanzieren, und zwar via Anleihen, die im aktuellen Umfeld fast zum Nullzins emittiert werden können.

Weniger Filialen, mehr Jobs

Dazu belebte sich 2017 das zweite Standbein der Schweizer Retailbanken: die Vermögensverwaltung. «Die Private-Banking-Kunden waren aktiver, und die Banken konnten ihre Zahl an Vermögensverwaltungsmandaten steigern», sagt Kunz. 16 der 17 kotierten Retail- und Kantonalbanken nahmen 2017 mehr Kommissionen ein, sieben Institute verzeichneten dabei sogar zweistellige Wachstumsraten (Schnitt: 8,8%). Rund ein Viertel ihres Ertrags generiert eine durchschnittliche Schweizer Retailbank mit der Vermögensverwaltung, rund 65% speist sich aus dem Zinsgeschäft. Der Rest ist der Handel, der sich oft gleichläufig mit dem Kommissionsgeschäft entwickelt.

Doch auch die Kosten der Banken stiegen in den vergangenen Monaten, im Schnitt starke 11%. Nur zwei Institute senkten ihre Ausgaben. Die meisten investieren in die Digitalisierung des Geschäfts und die Modernisierung ihres Filialnetzes. Interessant dabei: Obwohl die 17 kotierten Banken im vergangenen Jahr 15 ihrer 582 Niederlassungen schlossen, das Filialsterben sich also fortsetzte, schufen sie gleichzeitig 53 neue Vollzeitstellen. Der Kurzschluss, Filialschliessung gleich Jobabbau lässt sich nicht ziehen. Doch trotz gestiegener Ausgaben sind die Banken mit einem durchschnittlichen Verhältnis von Kosten zu Ertrag von 55% weiterhin effizient unterwegs. Sie betreiben ein teils hochstandardisiertes Geschäft, das durch die Digitalisierung weiter an Effizienz gewinnen kann.

Problem Eigenkapitalrendite

Für das laufende Jahr erwarten die Banken mehr vom Gleichen. Acht Institute rechnen mit einem Ergebnis auf Höhe des Vorjahres, sechs versprechen sich eine erneute Steigerung der Erträge, nur ein Institut prognostiziert ein kleineres Gewinnplus, zwei Banken wollen sich nicht zur Zukunft äussern. «Für 2018 erwarte ich eine stabile Entwicklung», sagt auch Analyst Michael Kunz.

Die gute Entwicklung zeigt sich in den Aktienkursen der Banken, seit Jahresanfang scheinen sie sich gar vom Gesamtmarkt entkoppelt zu haben. Das ist ein Vorteil der Valoren: Sie weisen ein tiefes Beta auf, sprich sie reagieren nur schwach auf die Schwankungen des breiten Marktes. Zudem ist der Handel illiquide, die Mehrheit der Aktien befindet sich meist im Besitz eines Kantons, der Rest liegt meist in fester Hand von regional verankerten Anlegern. Kleine Handelsvolumen können da bereits relativ starke Kursausschläge nach sich ziehen.

So haben die Aktien ihren Preis, warnt Moritz Baumann, Analyst beim Vermögensverwalter Albin Kistler. Denn fast alle kotierten Institute verdienen ihre Eigenkapitalkosten nicht. Sie schaffen seit Jahren keinen effektiven Wert für ihre Aktionäre. «Die Eigenkapitalrenditen im einstelligen Prozentbereich rechtfertigen die im Vergleich hohen Bewertungen nicht», urteilt Baumann. Die Dividendenrendite liegt im Schnitt bei 3,1%, was unter dem breiten Markt (3,3%) liegt. Angesichts der Kursavancen und des harten Wettbewerbs im Retailbankenmarkt ist das Kurspotenzial der Titel begrenzt.

Wenn man also nicht ein besonderes Herzensverhältnis zur jeweiligen Bank hat oder leidenschaftlicher Generalversammlungsgänger ist, lohnt sich ein Kauf der allermeisten Kantonal- und Retailbankenaktien nicht. Für die Anleger, die sich dennoch einen der Titel ins Portfolio holen wollen, hat «Finanz und Wirtschaft» vier Empfehlungen parat.

Kantonalbanken im Überblick:

  1. - » Banque Cantonale Vaudoise

  2. » Banque Cantonale de Genève

  3. » Valiant

  4. » St. Galler Kantonalbank

Waadtländer Perle

Die Banque Cantonale Vaudoise (BCV) ragt unter den kotierten Schweizer Retail- und Kantonalbanken als Musterschülerin heraus. Sie ist von Bilanzsumme, Ertrag und Gewinn her mit Abstand die grösste in der Vergleichsgruppe. Sie ist durch ein grosses Vermögensverwaltungsgeschäft am wenigsten vom Zinsgeschäft abhängig. Und sie ist die einzige kotierte Kantonalbank, die es seit Jahren konstant schafft, nach Abzug der Eigenkapitalkosten eine positive Eigenkapitalrendite zu erwirtschaften und damit Aktionärswert zu schaffen.

Obendrein ist die BCV in der Vergleichsgruppe mit einer Rendite von 4,2% die Dividendenperle. Das blieb dem Markt natürlich nicht verborgen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) 2018 von 20 sind die Aktien nicht mehr günstig – bei einem Durchschnitts-KGV der Vergleichsgruppe von 18. Überteuert sind die Valoren angesichts der beschriebenen Vorzüge allerdings nicht. Die Musterschülerin ist ihren Preis wert.

Genfer Ambitionen

Die Banque Cantonale de Genève (BCGE) sticht in der Vergleichsgruppe vor allem mit ihren internationalen Wachstumsambitionen hervor. Neben dem Heimatkanton führt die BCGE Niederlassungen in Lausanne, Zürich, Frankreich, Hongkong und Dubai. Dazu ist ihr Geschäft recht diversifiziert. Nur die Hälfte des Ertrags erwirtschaftet die BCGE mit Hypotheken, die andere bestreitet sie mit Dienstleistungen für Unternehmen, wie Handelsfinanzierung oder Private Equity sowie mit einer relativ grossen Vermögensverwaltung.

Durch ihre Wachstumspläne fällt momentan allerdings weniger für die Aktionäre ab, die sich mit einer unterdurchschnittlichen Dividendenrendite von 1,5% begnügen müssen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis 2018 von 16 gehören die Aktien der BCGE allerdings zu den günstigeren in der Vergleichsgruppe und sind aufgrund des diversifizierten Geschäfts und den Wachstumsaussichten des Instituts einen Kauf wert.

Konsolidierer Valiant

Die Regionalbank Valiant ist ein Produkt der Konsolidierung in der Schweizer Bankenbranche. Mittlerweile stecken in dem Institut elf ehemals eigenständige kleine Regionalbanken. Zuletzt kam im vergangenen Jahr die Luzerner Triba hinzu. Und der Expansionskurs geht weiter. Zu den einundneunzig Geschäftsstellen in den Kantonen Aargau, Basel-Land, Basel-Stadt, Bern, Freiburg, Jura, Luzern, Neuenburg, Solothurn, Waadt und Zug sollen bis 2020 zehn weitere dazukommen. Vom Bodensee bis zum Lac Léman soll sich das physische Netz erstrecken, digital will Valiant in der ganzen Schweiz präsent sein.

Neben den gesunden Wachstumsambitionen spricht das stabile, risikoarme Kerngeschäft für einen Einstieg in die Aktien. Die Titel sind im Vergleich zu ihrer Historie und zur Konkurrenz fair bewertet und bieten eine überdurchschnittliche Dividendenrendite von 3,5%. Das Management ist darauf bedacht, die Ausschüttung auf hohem Niveau zu halten.

St. Galler Diversität

Nach dem Steuerstreit mit den USA und Deutschland haben viele Schweizer Banken ihre Auslandsgeschäfte eingestellt. Nicht so die St. Galler Kantonalbank (SGKB). Als einziges Schweizer Staatsinstitut unterhält die SGKB eine Bank in Deutschland mit Niederlassungen in Frankfurt und München. Die Bank stellt sich dem knallharten Private Banking im Nachbarland und will dort gemäss eigenen Angaben bis 2020 profitabel sein.

Anders als viele andere Kantonalbanken betreibt die SGKB ein grösseres Vermögensverwaltungsgeschäft auch mit Ableger in Zürich. Den Nukleus dort bildet die ehemalige Privatbankentochter Hyposwiss, die während dem US-Steuerstreit in die SGKB integriert wurde. Aufgrund dieses Kapitels handelten die SGKB-Aktien lange mit einem Abschlag, den sie mittlerweile wieder wettgemacht haben. Überteuert kommen die Titel aber nicht daher. Sie sind durch den Wachstumstreiber Private Banking weiterhin einen Kauf wert.

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