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Reformstau in der Altersvorsorge

Die Zusatzfinanzierung zur AHV, über die das Stimmvolk ab 19. Mai unter anderem abzustimmen hat, wird dem Bürger gerne als Reform verkauft und damit schmackhaft gemacht. Das ist sie jedoch nicht: Sie dient lediglich dazu, im Paket mit der Revision der Unternehmensbesteuerung diese für den Stimmbürger akzeptabel erscheinen zu lassen. Dazu bedient sich die Politik des einfachsten aller Mittel: Man stellt mehr Geld zur Verfügung.

Von einer Reform im Sinne einer Ursachentherapie kann nicht einmal im Ansatz die Rede sein. Die Milliardendefizite, die die AHV auftürmt, haben mit der Alterung der Bevölkerung zu tun, immer weniger Erwerbstätige müssen für immer mehr Rentner aufkommen. So lange nicht da angesetzt wird, droht die AHV zu einem Fass ohne Boden zu werden.

Ob der Debatten um das unselige Abstimmungspaket ist es um die Reform des BVG, der beruflichen Vorsorge, verdächtig ruhig geworden. Die Sozialpartner, also Arbeitgeber und Gewerkschaften, hatten den Auftrag, sich gemeinsam bis im Frühjahr auf einen tragfähigen Reformvorschlag zu einigen. Offenbar ist dies nicht gelungen, der «Abgabetermin» musste verschoben werden.

Die zwei Säulen der Altersvorsorge haben eines gemeinsam: das Grundproblem der stetig steigenden Lebenserwartung. Im BVG führt dies dazu, dass der sogenannte Umwandlungssatz, er regelt, wie das angesparte Kapital in eine Rente umgerechnet wird, zu hoch ist. Ein überhöhter Umwandlungssatz zwingt die Kassen dazu, Renten auszuzahlen, die nicht finanziert sind und führt zu einer Umverteilung von jung zu alt.

Der Ansatz, die Probleme nur über die Finanzierungsseite zu lösen, hat kaum kontrollierbare Konsequenzen. Die Zusatzfinanzierung zur AHV sieht eine Erhöhung der AHV-Lohnbeiträge um 0,3 Prozentpunkte sowie einen zusätzlichen Bundesbeitrag von 800 Mio. Fr. vor. Die Senkung des Umwandlungssatzes in der zweiten Säule kann fast nur über höhere Lohnbeiträge kompensiert werden. Eine Zusatzfinanzierung durch den Bund fällt weg, das BVG ist privatwirtschaftlich organisiert und finanziert.

Nun scheinen die 0,3 Prozentpunkte für die AHV wenig zu sein. Das mag für sich allein genommen zutreffen. Nur: Ursprünglich war die Absicht, höhere Lohnprozente ausschliesslich für das BVG zu reservieren. Dahinter stand die Erkenntnis, dass mit Lohnbeiträgen sehr sorgfältig umzugehen ist.

Höhere Lohnprozente, die sich nun voraussichtlich in beiden Säulen kumulieren dürften, sind aus Sicht des Unternehmens Lohnbestandteile. Sie erhöhen grundsätzlich die Kosten und drücken insbesondere auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Zudem, und dieser Effekt geht gerne vergessen, führen sie dazu, dass der Arbeitnehmer Ende des Monats weniger Lohn auf seinem Konto hat. Zudem wird er als Folge mit tendenziell steigenden Preisen konfrontiert. Wer die wirtschaftliche Last am Ende effektiv trägt, lässt sich nicht allgemeingültig festhalten.

Der Weg über Lohn- und Bundesbeiträge zur vermeintlichen Sanierung der Altersvorsorge mag der des geringsten Widerstandes sein. Er ist jedoch eine Sackgasse: Ohne die notwendigen Strukturreformen wird die Altersvorsorge finanziell in ein Desaster geführt.

Die zu ergreifenden Reformen sind bekannt, die meisten westeuropäischen Länder haben es der Schweiz schon vorgemacht: Das Rentenalter muss nach oben angepasst und an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Nur so kann die Kostenseite der Altersvorsorge dauerhaft entlastet werden.

Erst wenn die Politik den Mut aufbringt, das Thema höheres Rentenalter auf die Traktandenliste zu setzen, kann von tragfähigen Reformvorhaben gesprochen werden. Die Politik muss endlich über ihren eigenen Schatten springen und sich von alten, zum Teil ideologisch geprägten Vorgaben verabschieden, sonst gerät die Altersvorsorge in existenzielle Nöte. Die Zeit drängt.