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Raiffeisen-Mehrheit für Lachappelle scheint sicher

Guy Lachappelle muss zur Zeit fast mehr über seine Vergangenheit bei der Basler KB als über seine Zukunft bei Raiffeisen sprechen.

Am Freitag verschickt Raiffeisen Schweiz die Einladung und Traktandenliste an ihre Delegierten für deren ausserordentliche Versammlung (DV) am 10. November in Brugg. Die wichtigste Entscheidung der Vertreter von 246 Raiffeisenbanken im Land ist die Wahl eines neuen Verwaltungsratspräsidenten (VRP).

Nach einem langwierigen Auswahlverfahren stellt sich als einziger Kandidat Guy Lachappelle, bisheriger Chef der Basler Kantonalbank (BKB) zur Wahl. Doch nicht alle sind mit dem Basler einverstanden.

Wie aus der Raiffeisen-Gruppe zu hören ist, hinterfragen einzelne Exponenten Lachappelles Rolle im Fall der betrügerischen Investmentgesellschaft ASE, mit dem die BKB immer noch zu kämpfen hat. Lachappelles Kritiker spielen dem Vernehmen nach sogar mit dem Gedanken, einen Gegenkandidaten zur Wahl zu stellen.

Intervention via Telefonkonferenz

«Ich glaube nicht an einen Gegenkandidaten», sagt hingegen Fredi Zwahlen, Präsident des Raiffeisenverbands Nordwestschweiz. Zwahlen ist Teil des sechsköpfigen Beirats von Regionalverbandspräsidenten, der den Verwaltungsrat von Raiffeisen Schweiz im Erneuerungsprozess berät. Vor einigen Tagen nahm Lachappelle via Telefonkonferenz gegenüber dem Beirat Stellung zum Fall ASE und möglichen Konsequenzen für ihn, wie der «Tages-Anzeiger» bereits berichtete.

Seitdem steht für den Beirat fest: «ASE ist kein Fall Lachappelle, es ist ein Fall BKB. Lachappelle ist und wird nicht Gegenstand von Ermittlungen oder Klagen sein», sagt Zwahlen. «Ich bin überzeugt, dass er mit grosser Mehrheit gewählt wird», sagt auch Kurt Sidler, Präsident des Raiffeisenverbands Luzern und ebenfalls Mitglied des Beirats.

«Wenige Unzufriedene»

Dieser Eindruck bestätigt sich, horcht man ins Raiffeisen-Reich bestehend aus 246 Einzelbanken, aufgeteilt in 21 Regionalverbände, hinein. Das Tessin und die Romandie, rund ein Drittel der Gruppe, stehen demnach geschlossen hinter Lachappelle. «Die Deutschschweizer haben ein Problem mit Lachappelle, wir nicht», sagt ein ranghoher Vertreter aus der lateinischen Schweiz.

In der Deutschschweiz sei es eine Minderheit, die gegen Lachappelle opponiert. Insbesondere in der Ostschweiz, Thurgau und Appenzell, hat sich offenbar die sogenannte Gruppe Phönix formiert, die nach den Vincenz-Jahren einen radikalen Bruch mit der Vergangenheit fordert. «Es sind wenige Unzufriedene», sagt ein einflussreicher Raiffeisenmann, «in unserer genossenschaftlichen Struktur kann eine laute Minderheit aber eben auch viel Gehör finden».

Lachappelle wird am 22. Oktober die Leitung der BKB abgeben und auf Wahlkampftour gehen. An insgesamt sechs Treffen im ganzen Land wird er sich mit Verbandsvorständen, Delegierten, Bankchefs und -präsidenten, darunter auch seinen ärgsten Kritikern, auseinandersetzen. Aber schon Stand heute scheint Lachappelle die Mehrheit der 164 Delegierten für den 10. November sicher zu sein.

Der Betrugsfall ASE

Dass Lachappelle auf seiner Wahlkampftour fast mehr über seine Vergangenheit bei der BKB als über seine Zukunft bei Raiffeisen sprechen muss, hat mit dem immer noch schwelenden Fall ASE zu tun. Die Aargauer Investmentgesellschaft betrog ihre Anleger mittels Schneeballsystem um 170 Mio. Fr. Die BKB fungierte als Depotbank. 2012 flog der Schwindel auf, als ein ASE-Kunde bei der BKB Bedenken anmeldete. Die Bank erstattet daraufhin Anzeige.

Der damalige BKB-CEO Hans Rudolf Matter übernahm die Verantwortung und trat zurück, der damalige Firmenkundenchef Lachappelle wurde sein Nachfolger. Die Finanzmarktaufsicht (Finma) urteilte damals, die BKB habe ihre bankgesetzlichen Organisations- und Gewährserfordernisse schwer verletzt.

Im Nachgang entschädigte die BKB viele ASE-Anleger mit rund 50 Mio. Fr. Doch obwohl die ASE-Verantwortlichen verurteilt wurden, ermittelt das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) weiterhin gegen die BKB. Der Verdacht: Die Bank hatte bereits 2011 Hinweise auf betrügerische Machenschaften der ASE, reichte aber keine vorgeschriebene Geldwäschereimeldung ein.

Bis in die letzte Instanz

Für seine Ermittlungen fordert das EFD einen BKB-internen Untersuchungsbericht, den die Kanzlei Bär & Karrer einst anfertigte. Diesen hält BKB aber unter Verschluss und streitet darum durch die juristischen Instanzen. Das Bundesstrafgericht urteilte kürzlich, der Bericht müsse entsiegelt werden, alles spreche dafür, dass BKB die Geldwäschereimeldung zu spät einreichte. Die Bank hat den Fall ans Bundesgericht weitergezogen.

Der Fall könnte entscheidend für eine weitere Klage der Kanzlei Werder Viganó sein. Diese vertritt 300 ASE-Geschädigte, die nicht Kunden der BKB waren, von der Bank aber Geld sehen wollen. Werder Viganó reichte bereits 2015 Anzeige wegen Geldwäsche gegen die Bank ein. Die Aargauer Staatsanwaltschaft hat das Verfahren eingestellt, wogegen die Anwälte Klage beim kantonalen Obergericht eingereicht haben. In den kommenden Wochen wird hier eine Entscheidung erwartet.

Lachappelles Verteidigung

Kritiker werfen Lachappelle vor, auf dem juristischen Weg Transparenz im Fall ASE verhindern zu wollen, auch weil er selbst als Geschäftsleitungsmitglied 2011 bereits Anzeichen für Ungereimtheiten gehabt haben soll.

Aus dem Umfeld Lachappelles wird angeführt, dass kein Verfahren gegen ihn laufe, das EFD ermittelt gegen die Bank und explizit nicht gegen deren Chef. Zudem habe die Finma ihm ein doppeltes Unbedenklichkeitszeugnis ausgestellt – einmal als er Matter als BKB-Chef nachfolgte und jetzt wieder, als er zum VRP-Kandidaten gekürt wurde. Lachappelle und die Geschäftsleitung der BKB hätten beim ersten Anzeichen des ASE-Betrugs, 2012, gehandelt.

Die Strategie der BKB, den internen Untersuchungsbericht durch alle Instanzen geheim halten zu wollen, stamme zudem vom Verwaltungsrat der BKB, den Vorgesetzten Lachappelles, die das Vorgehen festlegten, noch bevor Lachappelle CEO wurde. Man wolle sensible Daten und Aussagen von Kunden und Mitarbeitern im Bericht schützen. Dieser dürfe zudem nicht Grundlage für ein zivilrechtliches Verfahren gegen die Bank werden.

Genau Letzteres könnte auf die BKB in Zukunft zukommen. Unklar ist, ob sich der Fall für Lachapelle reputationsschädigend auswirken könnte. Ziemlich klar ist hingegen jetzt schon Lachappelles unmittelbare Zukunft: Er wird am 10. November wohl Raiffeisen-Präsident werden.

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