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Raffaello D’Andrea: Der König der Drohnen

Raffaello D’Andrea, Professor für dynamische Systeme und Regelungstechnik

Welches Kind im Manne träumt nicht davon, am Arbeitsplatz den lieben langen Tag Drohnen fliegen zu lassen? Raffaello D’Andrea und sein Team von Wissenschaftlern und Doktoranden an der ETH Zürich können genau das tun: Sie entwickeln alle möglichen Arten von Robotern und autonomen Fluggeräten.

D’Andreas Drohnen jonglieren selbständig mit Bällen, spielen gegeneinander Tennis, balancieren einen Stock auf ihrem Rücken, konstruieren autonom aus Bauklötzen eine Struktur. Für den Cirque du Soleil in Kanada tanzen leuchtende Drohnen ein Ballett um die singenden Artisten. Was auf den ersten Blick wie ein Spielzeug aussieht, ist allerhöchste Ingenieurskunst: Der 49-jährige Raffaello D’Andrea und sein Team zählen weltweit zu den brillantesten Köpfen in der Entwicklung von Robotern, Drohnen und anderen autonomen Systemen.

Seit 2007 lehrt der Italo-Kanadier als Professor für dynamische Systeme und Regelungstechnik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule. Die ETH sei der weltweit beste Ort für seine Forschung, schwärmt er im Gespräch.

Nach seiner eigenen Einschätzung ist es ein Wunder, dass D’Andrea überhaupt das Erwachsenenalter erreicht hat. Geboren in Pordenone, Italien, zieht er als Neunjähriger 1976 mit seiner Familie nach Kanada in die Provinz Ontario. Schon als Kind sei er immer an Physik interessiert gewesen, sagt er über sich selbst – und nicht selten führt er seine wissenschaftlichen Experimente am eigenen Körper durch: Er gewinnt im Keller seines Elternhauses Wasserstoffgas aus Elektrolyse, springt mit einem Sonnenschirm als Fallbremse vom Dach, versenkt sich mit Ziegelsteinen an den Füssen im Pool, sprengt allerlei Objekte in die Luft, experimentiert mit Elektrizität.

Sein Ingenieurstudium absolviert er an der Universität Toronto, wo er 1991 als Jahrgangsbester abschliesst. Nach einer Reise per Mountainbike quer durch Kanada zieht er nach Kalifornien, wo er am renommierten California Institute of Technology (Caltech) doktoriert. 1997 wird D’Andrea Assistenzprofessor an der Cornell University, wo er sich intensiv mit Robotik und autonomen Systemen befasst. Sein Team gewinnt in den Folgejahren vier Mal den RoboCup: eine Fussball-Weltmeisterschaft, in der autonome – also nicht von Menschen ferngesteuerte – Roboter gegeneinander zum Spiel antreten.

2003 nimmt D’Andrea eine Auszeit an der Cornell University und gründet mit zwei Kollegen ein Unternehmen: Kiva Systems. Sie entwickeln ein System aus autonom agierenden, sich gegenseitig koordinierenden Robotern zur effizienteren Bewirtschaftung von grossen Lagerhäusern. Das Unternehmen wächst über die nächsten neun Jahre auf mehr als 300 Mitarbeitende und wird im Mai 2012 für fast 800 Mio. $ vom Detailhandelsriesen Amazon gekauft. Heute sind die Kiva-Roboter in mehr als dreissig Lagerhäusern in Europa und Nordamerika im Einsatz und werden von Amazon weiterentwickelt.

Nach vierjähriger Aufbauarbeit mit Kiva Systems kehrt D’Andrea 2007 in die akademische Welt zurück: Der Lehrstuhl an der ETH lockt. Doch auch nach der Rückkehr in die Forschung spielt er die Klaviatur des Unternehmertums und der öffentlichen Auftritte. D’Andrea zeigt an TED-Konferenzen, wozu seine Flugmaschinen fähig sind, und er versteht es wie kein anderer, die Welt des Ingenieurwesens mit Unterhaltung und Kunst zu verbinden: Seine Roboter und Drohnen waren schon Teil von Kunstausstellungen an der Biennale in Venedig, am Smithsonian Institute, im Heinz Nixdorf Museum in Deutschland, am FRAC Centre in Frankreich oder in der National Gallery of Canada. Mit zwei ETH-Kollegen hat er in Schlieren das Spin-off-Unternehmen Verity Studios gegründet, das unter anderem das Drohnenballett für den Cirque du Soleil entwickelt hat.

Im Privatleben ist Raffaello D’Andrea alles andere als ein «Gadget Guy». Das einzige technische Gerät, das er benutze, sei sein Smartphone. Er lobt die in seinen Augen unschlagbare Lebensqualität von Zürich, wo er mit seiner Frau und seiner vierjährigen Tochter wohnt, und verbringt wenn immer möglich die Wochenenden in den Bergen. Auf digitale Begleiter verzichtet er dabei: «Ich drucke meine Wanderkarten immer auf Papier aus», sagt er. Er wolle in der Natur nicht noch auf einen Bildschirm schauen müssen.