Qualität wird immer teurer
In den USA schaffen gerade noch fünf Unternehmen alle Hürden des FuW-Qualitätstests. Campbell Soup verfehlt zwar die Auswahl, gehört aber zu den attraktivsten Werten.
Die US-Börsen kennen kein Halten. Der Leitindex S&P 500 notiert 17% höher als Anfang Jahr, beim technologielastigen Nasdaq beträgt das Plus gar 25%. Ein wichtiger Treiber der Hausse war einmal mehr die Bewertung, die immer höher klettert.
Mit der Bewertung steigen auch die Risiken. Anleger sind deshalb gut beraten, auf günstige Aktien zu setzen. Je reifer der Zyklus, desto wichtiger wird zudem der Faktor Qualität, weil Titel von Unternehmen mit hoher und nachhaltiger Rentabilität und gesunder Bilanz einem allfälligen Abschwung besser trotzen können.
Doch finden sich nach bald neunjährigem Aufschwung noch solche Namen? «Finanz und Wirtschaft» hat sich an den Börsen der USA, Europas und der Schweiz auf die Suche nach vernünftig bewerteten Qualitätsaktien (QARP, Quality at a Reasonable Price) gemacht. Als Erstes wird die US-Auswahl präsentiert, Europa und die Schweiz folgen in den kommenden Wochen.
Qualitätsfirmen schaffen Aktionärswert. Deshalb werden in einem ersten Schritt sämtliche Valoren aussortiert, die den Buchwert je Aktie über fünf Jahre nicht steigern konnten. Von den 506 im S&P 500 vertretenen Namen verbleiben 357.
Gesucht sind solide Bilanzen
Die nächsten Kriterien beziehen sich auf die Bilanzqualität. Eine verbreitete Kennzahl zur Einschätzung der Schuldentragbarkeit ist der Vergleich von Nettoverschuldung und Gewinn. Berücksichtigt werden nur Unternehmen, deren Schuldenstand nicht höher ist als der doppelte Ebitda (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen). Diesem Schritt fallen unabhängig von der Qualität alle Finanztitel zum Opfer, weil die Kennzahl für sie nicht sinnvoll ist.
Ein gutes Mass für die Beurteilung der finanziellen Gesundheit ist ferner der sogenannte Altman Z-Score. Werte über 3 signalisieren ein geringes Insolvenzrisiko, weshalb nur Gesellschaften mit einem höheren Score enthalten sind.
Rentabilität und Profitabilität lassen sich an der Gesamtkapitalrendite und der operativen Marge ablesen. Beide Grössen sollen mindestens 10% betragen, was 94 Unternehmen erfüllen.
Qualität ist gut, aber nicht zu jedem Preis. Deshalb werden für die endgültige Auswahl nur Aktien von Gesellschaften berücksichtigt, deren Unternehmenswert höchstens dem zehnfachen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) entspricht. Diese Hürde schaffen nur gerade fünf Namen, die bis auf Micron alle schon letztes Jahr zu den günstigsten Werten zählten. Signet Jewelers wurde wie Foot Locker wegen schwacher Zahlen abgestraft, und Gilead konnte bisher keinen Ersatz für ihr Blockbuster-Medikament gegen Gelbsucht präsentieren, weshalb der Aktienkurs stagnierte. Weiterhin dabei ist der Billigflieger Southwest Airlines, der sich gegen die Konkurrenz behaupten kann.
IT-Werte sind gut vertreten
Nach jahrelanger Hausse finden sich also kaum mehr wirklich günstige Qualitätsaktien ohne Makel. Immerhin sind 52 Valoren günstiger als der S&P 500. Darunter finden sich viele Technologiewerte wie Apple oder Intel. Gut vertreten ist mit Gilead, Amgen, Biogen und Celgene die Biotech-Branche. Der traditionell hoch bewertete Sektor Basiskonsum kann mit dem Nahrungsmittelhersteller Campbell Soup, dem Fleischverarbeiter Hormel Foods, dem Schweppes- und Orangina-Abfüller Dr Pepper Snapple sowie dem Tabakkonzern Altria aufwarten.
Natürlich ist die dargestellte Auswahl nicht abschliessend. Die Kriterien sind einschneidend und enthalten keine Schätzungen. Turnaround-Kandidaten und gewisse Branchen wie Finanz fehlen. Zudem sind Unternehmen vertreten, die ihre Marge in den letzten Jahren massiv ausweiten konnten. Dazu zählt Foot Locker. Das schafft Raum für Enttäuschungen, wenn neue Konkurrenz auf den Plan tritt oder sich die Wirtschaft abkühlt. Die Liste soll deshalb als das betrachtet werden, was sie ist: ein Ausgangspunkt für vertiefende Analysen.
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