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Pictet schwimmt mit dem Aktienschwarm

Der Rückgang der Erdölpreise dürfte die Finanzmärkte auch 2015 beschäftigen: Ölförderturm in Madison County, Ohio, USA

«Investiert bleiben und nicht in Cash flüchten», mit diesen allgemeinen Empfehlungen begann Pictet-Chefanalyst Alfred Roelli die diesjährige Präsentation zum Jahresausblick 2015. Damit war schnell klar, dass sich in der Einschätzung zur Marktlage seit dem letzten Jahresausblick wenig verändert hat.

Wie im vergangenen Jahr rechnet Pictet damit, dass die Zinsen den Tiefstand erreicht haben oder bald erreichen werden. Mit dieser Zinsprognose wurde sie wie die meisten Banken und Vermögensverwalter dieses Jahr auf dem falschen Fuss erwischt. Die Renditen auf Staatsanleihen der Industrieländer fielen durchs Band. «Da ist jetzt wirklich zu viel gelaufen», meint Roelli mit Blick auf die diesjährige Bondrally und die Aussichten auf nächstes Jahr. Die Marktpreise spiegelten über Jahre erwartete Inflationsraten von null. Das sei übertrieben pessimistisch.

Staatsanleihen nur zur Absicherung

«Wir erwarten erste Leitzinserhöhungen in den USA, die zu einem Kursrückgang auf Anleihen führen dürften.» Roelli geht auch auf das neue Liquiditätsrisiko bei Anleihen ein. «Die Handelsbestände bei den Investmentbanken sind wegen höherer Kapitalanforderungen deutlich gefallen», erklärt er. Der einzige Grund, Staatsanleihen zu halten, sei zur Absicherung des Portfolios. Pictet nutze währungsgesicherte zehnjährige US-Staatsanleihen als Anker, so wie früher Gold, das seit 2013 in Pictets Asset Allocation keine Rolle mehr spielt.

Für Aktien dagegen seien die Aussichten besser, trotz der unterdessen stolzen Bewertung, erläutert Roelli. Für sie sprächen vor allem die robuste Weltkonjunktur und die global betrachtet weiterhin expansive Geldpolitik. Roelli erwartet vor allem von der Europäischen Zentralbank eine deutliche Ausweitung ihrer Bilanz, während die Bank of Japan den Kurs bereits vorgegeben hat.

Wachstum kommt aus den USA und China

Der Aufwärtstrend der Weltwirtschaft werde wesentlich durch die anziehende US-Konjunktur angetrieben, auch ohne die Krücken der US-Notenbank. Europa sei das «Beiboot im Schlepptau». Ausdruck der US-Konjunkturstärke seien das Kreditwachstum und die Entwicklung der Anlageinvestitionen. «Die US-Anlageinvestitionen liegen sogar wieder über Vorkrisenniveau», meint Roelli.

Die Anlageinvestitionen in den USA sind aber gleichzeitig auch die Achillesferse im US-Konjunkturgefüge. Das räumt Roelli ein: «Denn ein Viertel der Anlageinvestitionen entfiel auf den Erdöl- und Erdgassektor.» Der heftige Rückgang der Erdölpreise trifft die US-amerikanische Ölindustrie hart. Auch Private-Equity-Gesellschaften und Banken, die die Projekte finanziert haben, würden die Folgen davon spüren. «Das Thema wird die Märkte 2015 immer mal wieder beschäftigen», warnt Roelli.

Ansonsten scheint die Welt, wie Pictet sie sieht, mehr oder weniger in Ordnung zu sein. Eine harte Landung der chinesischen Wirtschaft ist ebenso wenig Teil des Hauptszenarios wie eine Japanisierung Europas. «China geht es besser, als viele meinen», sagt Roelli. Pictet schätzt, dass sich Chinas Wirtschaftswachstum in den nächsten Jahren auf 5,5% einpendelt. So bliebe China ein wichtige Stütze der Weltwirtschaft.

Keine Japanisierung Europas

Der generelle Eindruck der wirtschaftlichen Lage in Europa sei auf den ersten Blick negativ. Die Angst vor einer Japanisierung, womit eine lang anhaltende Deflation und wirtschaftliche Stagnation gemeint sind, halten die Pictet-Strategen aber für übertrieben. Sie orientieren sich lieber am Beispiel Schwedens, das nach der Banken- und Immobilienkrise 1990 bis 1992 dank der richtigen Politik auf den Potenzialwachstumspfad zurückkehrte, auch wenn es neun Jahre dauerte. Roelli ist überzeugt, dass Europa auf den schwedischen Weg einlenkt. «Denn die Rezepte sind auf dem Tisch.»

Vor diesem Hintergrund sind Aktien Anleihen vorzuziehen. Denn der langfristige Trend zeige nach oben. Roelli zieht einen Vergleich zu Fischschwärmen: «Während der Anleihenschwarm allmählich ausstirbt, lohnt es sich, mit dem Aktienschwarm weiterzuschwimmen.» Der Schwarm bevorzugt derzeit anscheinend defensive Titel. Das spiegelt sich auch in der Allokation eines ausgewogenen Portfolios von Pictet: Schweizer Aktien und globale defensive Titel machen den Grossteil der Aktienposition aus.

Aktien ja, aber lieber etwas defensiv

«Wegen der stattlichen Bewertung ist die Korrekturanfälligkeit gestiegen», meint Roelli. Pictet rechne für 2015 mit Korrekturen bis 15%, sie stellten dann aber Kaufgelegenheiten dar. Zum ersten Mal seit fünf Jahren hält Pictet in den ausgewogenen Portfolios auch wieder japanische Aktien. Sie seien günstig bewertet und dürften von der Umschichtung des staatlichen Pensionsfonds von Anleihen zu Aktien profitieren. Die Skepsis gegenüber Rohstoffanlagen bleibt erhalten. Auch Schwellenländeraktien seien mit Ausnahme einzelner Papiere aus Asien bis auf weiteres nicht attraktiv.

Der Dollar hat gemäss Pictet weiteres Potenzial, sich aufzuwerten. Dazu führt Roelli den handelsgewichteten Dollarkurs seit 1970 an. «Der Dollar hat sich seit 1980 zwei Mal massiv aufgewertet: in der Reagan-Revolution 1980 bis 1985  und während der Tech-Euphorie Ende der Neunzigerjahre. Wir glauben, dass die Schiefergasrevolution eine neue fünfjährige Stärkephase des Dollars bringt.»