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Pharmazulieferer sind wieder heiss begehrt

Der Innovationsschub in der Arzneimittelindustrie verschafft deren Zulieferern deutlich mehr Aufträge.

Die Pharmazulieferindustrie verspürt Goldgräberstimmung. Lange Zeit litten die kotierten Schweizer Vertreter Lonza, Siegfried, Bachem und Dottikon unter Überkapazitäten. Nun weisen sie aber allesamt wieder eine stark steigende Anzahl Projekte auf. Die Gesellschaften profitieren vom anhaltend hohen Entwicklungsbetrieb im Pharmasektor. Gleichzeitig achten die Pharmaunternehmen – nach schlechten Erfahrungen mit asiatischen Billiganbietern – wieder vermehrt auf Qualität, die sie auch in der Schweiz finden.

Dank grundlegend neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse schiessen neue Medikamente wie Pilze aus dem Boden. Seit 2007 hat sich die Zahl der jährlichen Zulassungen für neue Wirkstoffe in den USA mehr als verdoppelt. Dabei fällt auf, dass der Anteil biologischer Präparate in den letzten zwei Jahren grösser geworden ist.

Beispiel Bristol-Myers Squibb

Prominente Beispiele des jüngsten Aus­lagerungstrends sind Verträge zwischen Lonza und zwei renommierten Vertretern aus der US-Pharmaindustrie. Bristol-Myers Squibb und Alexion lassen beide von den Schweizern produzieren. Erstere hat mit Lonza einen Fertigungsvertrag für das vielversprechende Krebsimmuntherapeutikum Opdivo unterschrieben. Zu Spitzenzeiten soll das Arzneimittel laut Analystenprognosen einen Erlös von jährlich knapp 10 Mrd. $ erzielen. Bewahrheiten sich die Schätzungen, wäre es eines der umsatzträchtigsten Präparate seit jeher.

Alexion wiederum setzt bei ihren Biotech-Wirkstoffen Soliris und Strensiq, beide gegen eine sehr seltene Krankheit, auf Lonza. Der Grund, weshalb Alexion bei der Gesellschaft angeklopft hat, beruht auf Ressourcen-Sicherheitsaspekten. Das Unternehmen fährt eine Dualstrategie. Es lässt intern wie auch extern produzieren. «Der Ansatz hat zum Ziel, die ­Verfügbarkeit unserer Medikamente für Patienten jederzeit gewährleisten», sagt CEO David Hallal im Gespräch mit FuW.

Hohe Austrittshürden

Pharmazulieferer sind zwar von den Launen der Arzneimittelhersteller abhängig. Haben sie sich mit einem Kunden jedoch erst einmal geeinigt, besteht die Partnerschaft oft über ein Jahrzehnt oder gar noch länger.  Die Hürden, zu einem anderen Anbieter zu wechseln, sind sehr hoch. «Eine Verlagerung des Herstellungsorts für einen Wirkstoff dauert zwischen 18 Monate und drei Jahre», sagt Rudolf Hanko, CEO von Siegfried. Auch sein Unternehmen spürt eine zunehmende Nachfrage nach externen Dienstleistungen seitens der Pharmaunternehmen.

«Um vom Trend zu profitieren, bedarf es allerdings einer gewissen Grösse», gibt Hanko zu bedenken. Deshalb habe Siegfried in den letzten 18 Monaten verstärkt akquiriert. Um jederzeit neue Aufträge annehmen zu können, bedarf es immer freier Kapazitäten. Sie kosten allerdings. Je höher der Umsatz ist, desto weniger fällt der für die Kapazitäten anfallende Aufwand ins Gewicht. Die kritische Grösse eines Zulieferers – ausgenommen sind ­Nischenanbieter – beträgt nach Hanko heute über 500 Mio. Fr.

Risiken bestehen trotz allem

Das Geschäft der Pharmazulieferer ist jedoch nicht ohne Gefahren. Die grösste Herausforderung ist das Management der Kapazitäten (vgl. Glossar). Negative Schocks in der Pharmabranche spüren die Zulieferer noch mehr als ihre Kunden. Warnzeichen kommen beispielsweise aus den USA, dem wichtigsten Markt für Medikamente. Dort fordern Versicherer von den Arzneimittelherstellern verstärkt Nutzennachweise für  Arzneimittel. Es droht Margendruck, und das könnten letztlich auch die Zulieferer spüren, so die Befürchtung von Anlegern.

«Wir sehen dazu keine Anzeichen», gibt sich Dominik Werner, Lonza-Mediensprecher, jedoch gelassen. Auch Hanko von Siegfried glaubt nicht an einen Abbruch des positiven Trends. «Ein allfälliger Margendruck könnte sogar noch mehr Arzneimittelhersteller zur Auslagerung bewegen.» Viel grössere Risiken sieht er indessen in einem Qualitätsskandal. Dann nämlich würde die US-Gesundheitsbehörde ihre zuletzt sehr locker gewordene Zulassungspolitik rasch wieder zuungunsten der Branche ändern. Geschehen ist das bereits Ende der 90er-Jahre. Damals führten einzelne neue Medikamente zu gefährlichen Nebenwirkungen. In der Folge nahm die Anzahl Zulassungen markant ab.

Lonza: Marktführer

Lonza gehört zu den Grössten in der Pharmazuliefererbranche. Die Gesellschaft kann als eine von wenigen auch die Produktion biotechnologischer Wirkstoffe anbieten. Sie verfügt über vierzig Produktions- und Entwicklungsstandorte und erzielte 2015 im Zulieferergeschäft (Umsatzanteil 42%) einen Erlös von 1,6 Mrd. Fr. Das entspricht einem Plus von rund 10% gegenüber dem Vorjahr. Auch 2016 ist Lonza gemäss einem Businessupdate weiterhin mit viel Schwung unterwegs.

Vor allem im Bereich Biotechnologie scheint das Interesse an ihren Dienstleistungen gross. Die Aktien sind für 2016 zu einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 21 bewertet. Viel der Erwartungen ist bereits im Kurs integriert. Das Unternehmen hat jedoch die in den letzten Jahren bemängelte geringe Rentabilität deutlich gesteigert und will sie noch weiter verbessern. Das bietet Raum für Überraschungen. Kursrückschläge lassen sich für Zukäufe nutzen.

Siegfried: Expansionskönig

Siegfried ist einzig auf chemische Wirkstoffe spezialisiert. Als eine der wenigen in der Branche kann sie die aber auch in sterile Behältnisse abfüllen. Die Erfahrung hat sich die Gesellschaft durch den Kauf zweier Verpackungsspezialisten angeeignet. Ausserdem hat Siegfried in ein neues Werk in China investiert, um Kosten zu sparen. Dort werden nun qualitativ weniger anspruchsvolle Zwischenprodukte produziert.

Mit der Übernahme des Pharmazuliefergeschäfts von BASF letztes Jahr verfügt Siegfried nun über die kritische Grösse, die es im Zuliefergeschäft braucht. 2015 betrug der Umsatz 481 Mio. Fr. In diesem Jahr soll er dank der Akquisition über 40% steigen. Die Aktien sind zu einem KGV von 19 bewertet und sind damit etwas günstiger als Lonza. Siegfried muss jedoch erst einmal die Integration von BASF verarbeiten, bevor neue Impulse auf den Aktienkurs wirken. Mit einem Zukauf kann zugewartet werden.

Bachem: Nischenanbieter

Bachem ist Marktführer in der Peptide-Herstellung und ein Nischenanbieter. Die Wirkstoffe werden dank ihrer Funktionsvielfalt in den verschiedensten Anwendungsgebieten eingesetzt. Krebstherapien, Diabetes und Fettleibigkeit sind drei bekannte Beispiele. Neuere Bereiche sind Herz- und Neurologische Krankheiten. Die Pharmakonzerne wagen sich nur in den seltensten Fällen ohne Spezialisten an die Herstellung eigener Peptide. Deren benötigte Menge ist zu gering, als dass sich eine eigene Produktionsstätte lohnen würde. Die Wirkstoffe erfreuen sich wegen ihrer vielen positiven Eigenschaften immer grösserer Beliebtheit. Bachem (Umsatz 2015 rund 209 Mio. Fr.) ist fast voll ausgelastet und hat deshalb in den USA einen Konkurrenten gekauft. Kurzum: Das Geschäft läuft rund. Die zu einem KGV von 27 bewerteten Titel bleiben für Portfolio-Arrondierungen kaufenswert. Einziger Nachteil: der geringe Free Float von 30%.

Dottikon ES:  Aufstiegskandidat

Dottikon ES ist wie Siegfried im Bereich der chemischen Wirkstoffe aktiv. Lange Zeit litt die Gesellschaft unter mangelndem Interesse der Kunden. Nun scheint sich jedoch ein Ende der Misere abzuzeichnen. Die Anstrengungen der letzten Jahre tragen Früchte. Im Geschäftsjahr 2015/16 gelang ein Umsatzplus von rund 26% auf 121 Mio. Fr. Der Gewinn lag nach mehreren Jahren der Verluste zum zweiten Mal in Folge im schwarzen Bereich. Ein Spiegelbild für den deutlich positiveren Ausblick für die nächsten Jahre ist Dottikons Investitionsbereitschaft. 2016 und 2017 sollen total 100 Mio. Fr. in zusätzliche Produktionskapazitäten investiert werden. Die zuletzt stark gestiegenen Aktien sind zu einem hohen KGV von 42 bewertet. Die Kennzahl besitzt angesichts der Turnaround-Situation des Unternehmens aber wenig Aussagekraft. Die Titel sind eine Wette wert, allerdings nur mit geringem Kapitaleinsatz, der Streubesitz beträgt nur 16%.

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