Es sei nicht in Frage gestellt: Das Parlament ist da, um politische Fragen zu diskutieren und sachliche Entscheide zu fällen. Es ist auch per Gesetz verpflichtet, zu Volksinitiativen Stellung zu nehmen und mit einer Abstimmungsempfehlung zuhanden der Stimmbürger zu versehen. Obwohl gerade in Debatten um Volksinitiativen in der Sache keine Entscheide zu fällen sind – das obliegt später dem Volk –, resultieren allzu oft wahre Marathondebatten.
Das jüngste Beispiel ist die Diskussion der Abstimmungsempfehlung zur «No Billag»-Initiative. Sie will die Radio- und TV-Gebühren abschaffen. Zur Debatte stand auch noch ein Gegenvorschlag, der eine Halbierung der Gebühren verlangt. Die Meinungen waren schon vor der Debatte gemacht, dennoch trugen sich nicht weniger als 69 Nationalräte in die Rednerliste ein. Die resultierende Diskussion dauerte Stunden, sie musste auf zwei Sitzungstage verteilt werden. Die Argumente wiederholten sich serienweise, Neues war kaum zu vernehmen. Der Erkenntnisgewinn: nahe null. Der Entscheid war klar, Initiative und Gegenvorschlag wurden deutlich abgelehnt, wie zuvor auch schon vom Ständerat.
Das wäre halb so schlimm, wenn derartige Marathondebatten Einzelfälle wären. Dem ist aber nicht so: Ebenfalls in der laufenden Session debattierte der Rat während fast fünf Stunden über seine Parole zur Initiative «Raus aus der Sackgasse (Rasa)». Oder vor etwas mehr als einem Jahr die Debatte zur gewerkschaftlichen «AHVplus»-Initiative. Auch da wurden während Stunden die stets gleichen Argumente vorgetragen.
Offenbar empfinden viele Parlamentarier derartige Debatten als geeignet, sich ins Rampenlicht zu stellen und sich ihren Wählern mit kernigen Aussagen zu Wiederwahl zu empfehlen. Dieselben Parlamentarier allerdings beklagen sich immer wieder über die steigende Arbeitslast im Amt. In der durch derartige unnötige Monsterdebatten verbrauchten Zeit könnten viele, wichtigere, aber weniger spektakuläre Geschäfte bearbeitet werden.
Die Gelegenheit zur Selbstdarstellung wird stärker gewichtet als eine vernünftige Verteilung der Arbeitslast. Die Parlamentarier haben es in der Hand, derartige Leerläufe durch kluge Selbstbeschränkung zu vermeiden – weniger wäre auch da mehr. Solange sie dies jedoch nicht tun, sind die Klagen über die stetig steigende Arbeitsbelastung eher Heuchelei als ernst zu nehmen.
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Parlamentarischer Leerlauf
Obwohl die Meinungen längst gemacht waren, hat sich rund ein Drittel aller Nationalräte zur «No Billag»-Initiative zu Wort gemeldet. Ein Kommentar von FuW-Redaktor Peter Morf.