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Warum die schwedische Krone so stark ist

Von wegen rätselhaft: Es gibt durchaus gute Argumente für den Erfolgskurs der schwedischen Krone. Foto: Getty Images

Die schwedische Landeswährung Krone (Kürzel: SEK) haussiert. Sie ist unter den zehn führenden Währungen jene, die sich am meisten gegenüber dem Dollar und dem Euro aufgewertet hat (vgl. Chart 1). Das passt so gar nicht in das Bild, das die Öffentlichkeit in den vergangenen Monaten von dem Land erhalten hat. Schweden sorgte vor allem für negative Schlagzeilen. In der Bekämpfung des Coronavirus tanzte das Land aus der Reihe: Es wurden keine Ausgeh- oder Ansammlungsverbote verhängt, Geschäfte und öffentliche Einrichtungen nicht geschlossen. Covid breitete sich aus. Die Ansteckungszahlen schnellten in die Höhe und die Wirtschaftsleistung brach ein (vgl. Chart 2).

Quelle: Refinitiv

In den Verhandlungen der 27 EU-Mitglieder über einen Wiederaufbaufonds im Wert von 750 Milliarden Euro machte das Land keine gute Figur. Schweden zählt zu den «Frugal 4» (die später, als Finnland dazu stiess, zu den sparsamen Fünf wurden). Das Land ist im europäischen Vergleich nur wenig verschuldet. Die Regierung will schon deswegen nicht, dass sich in der Europolitik die Tore für eine Vergemeinschaftung der Schulden öffnen. Länder wie Italien und Griechenland mit riesigen Schuldenbergen profitieren, wenn künftige neue Schulden von allen EU-Mitgliedern gemeinsam getragen werden.

Schweden kann da ökonomisch nur verlieren, argumentiert die Regierung in Stockholm. In den Verhandlungen setzte sie sich aber nicht durch, Aufbauhilfe und milliardenschwere gemeinschaftliche Anleiheemissionen wurden beschlossen. Schweden erhält von den 750 Milliarden gerade mal 5 Milliarden Euro. Und das ist sogar 1 Milliarde Euro weniger, als die Europäische Kommission ursprünglich vorgeschlagen hatte. Immerhin spart es dafür künftig bei den Zahlungen in den EU-Haushalt etwas Geld ein.

Den Anlegern scheint das egal zu sein. Die schwedische Krone erfreut sich trotz allem einer regen Nachfrage und hängt alle Konkurrenzwährungen ab. Die Währungsanalysten der Bank of America sprechen gar von einem Rätsel.

Argumente, die den Sonderfall erklären

Das einfachste: Die Krone verhält sich erfahrungsgemäss ähnlich wie sogenannte Rohstoffwährungen, beispielsweise der australische oder kanadische Dollar. Sie profitieren davon, wenn sich die weltwirtschaftlichen Aussichten verbessern und das Wirtschaftswachstum anzieht. Dann nimmt auch die Risikofreude der Anleger zu, es wird mehr in Aktien und in Schwellenländer investiert. Dieses Umfeld ist gegenwärtig dominant und davon profitiert die Krone, während sich Flucht- und Safe-Haven-Währungen wie der Franken, der Yen und auch der Dollar abwerten. Aber das erklärt noch nicht die Outperformance der schwedischen Valuta.

Hier kommt die Bewertung ins Spiel. Die Voraussetzungen für Anlagen in SEK haben sich deutlich verbessert. So hat die Notenbank die jahrelange Minuszinspolitik beendet. Der Leitzins liegt nun auf 0 Prozent, während er in der Eurozone und in der Schweiz auf -0,5 respektive -0,75 Prozent verharrt (vgl. Chart 3). Schweden hat also einen Zinsvorteil aufgebaut. Die Krone eignet sich weniger als «funding currency», in der man sich verschuldet d.h. sie auf Termin «leer» verkauft, um die Mittel in einer höher verzinsten Währung anzulegen.

Andere Valuten sind als Verschuldungswährung inzwischen attraktiver geworden. Damit wurde der Abwertungsdruck von der Krone genommen, der früher charakteristisch für sie war. Das sich etwas geändert hat, war schon im März zu beobachten: Während des Corona-Schocks gab die Währung ab, wie es zu erwarten war, aber sie reagierte viel weniger als beispielsweise während der Finanzkrise 2008/09.

Quelle: Refinitiv

Gegenüber dem Dollar war die Anpassung besonders stark. Denn die US-Notenbank senkte ihrerseits die Zinsen drastisch. Der jahrelang bestandene Zinsabstand von 1,5 bis 2 Prozentpunkten für dreimonatige Schatzbriefe ist fast ganz zusammengeschmolzen. Entsprechend hat der Dollar an Wert verloren (vgl. Chart 4).

Quelle: Refinitiv

In diesem Umfeld könnten sich auch die neuesten Corona-Statistiken positiv auf die SEK auswirken. Denn diesen Monat sind die Fälle deutlich zurückgegangen. Virologen führen das u.a. darauf zurück, dass viele Schweden lange Ferien machen und im Freien sind, was das Ansteckungsrisiko verringert. Das spricht nur für eine vorübergehende Linderung. Aber inzwischen nehmen die Stimmen zu, die argumentieren, dass die Regierung vielleicht doch nicht alles falsch gemacht hat. Das betrifft auch die Wirtschaftspolitik. Produktion und Umsatz haben zwar gelitten, vor allem weil die Nachfrage aus Europa und dem Rest der Welt ausgefallen ist. Doch die Binnenkonjunktur entwickelt sich besser als bei vielen EU-Partnern. Die Detailhandelsumsätze zeigen aufwärts und die Verbraucherstimmung beginnt sich zu verbessern (vgl. Chart 5).

Quelle: Refinitiv

Die vorteilhaftere Bewertung und die wirtschaftliche Besserung bringen internationale Anleger dazu, verstärkt in schwedische Anlagen zu investieren. Sogar zusätzliche Staatsschulden, die Stockholm machen muss, um die coronabedingten Ausgaben zu finanzieren, sind da auf den ersten Blick ein Plus. Die Titel dürften unter ausländischen Investoren gefragt sein. In den vergangenen Jahren haben schwedische Regierungsanleihen relativ zu Anleihen anderer europäische Staaten stark an Bedeutung verloren. Nun bestehe die Aussicht darauf, dass mit den Emissionen neues Anlagekapital ins Land ströme, argumentieren Analysten der Bank SEB.

Momentan läuft alles richtig für die Krone. Kurzfristig scheint sie zwar bereits etwas überkauft zu sein. Aber das langfristige Gleichgewichtsniveau wird auf 9.60 SEK/Euro geschätzt. Diese Woche kostete 1 Euro immer noch 10,30 SEK, die Krone ist also sogar noch leicht unterbewertet.